Unverschämt und peinlich

In einer Broschüre der rot-grünen Bundesregierung werden Hartz IV - EmpfängerInnen als Parasiten bezeichnet. Wörtlich heißt es in der Broschüre mit dem Titel "Vorrang für die Anständigen - Gegen Missbrauch, Abzocke und Selbstbedienung im Sozialstaat". "Biologen verwenden für Organismen, die zeitweise oder dauerhaft zur Befriedigung ihrer Nahrungsbedingungen auf Kosten anderer Lebewesen - ihren Wirten - leben, übereinstimmend die Bezeichnung "Parasiten". Der Paritätische Wohlfahrtsverband nannte es "unerträglich", dass in der Broschüre ein Zusammenhang zwischen Leistungsmissbrauch und "Parasiten" gezogen werde. Damit werde ein Niveau beschritten, das in Deutschland eigentlich seit 1945 überwunden sein sollte, sagte der Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider.

Es sei zu befürchten, dass die ALG-II-EmpfängerInnen  pauschal zum Sündenbock erklärt würden, sagte die stellvertretende DGB-Chefin Ursula Engelen-Kefer. Gleichzeitig warf sie der Regierung ein "durchsichtiges Ablenkungsmanöver von eigenen Fehlern vor". Dabei warnte sie davor, mit der Kampagne den Boden für Leistungseinschnitte zu bereiten. Der Präsident des Sozialverbands VdK, Walter Hirrlinger, forderte ein Ende der "Jagd auf die Hartz-IV-Empfänger". Die Bundesregierung versuche zusammen mit der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit die eigenen Unzulänglichkeiten bei der Umsetzung der Arbeitsmarktreform zu vertuschen, sagte Hirrlinger. Unterdessen warf der Bundesbeauftragte für Datenschutz, Peter Schaar, der Bundesagentur für Arbeit Verstöße gegen den Datenschutz vor. "Telefonanrufe ohne vorherige Information sind nicht in Ordnung", sagte Schaar zu den Telefonaktionen der BA bei ALG-II-Empfängern. Schaar forderte, die Betroffenen vor der nächsten Anrufwelle per Rundbrief zu informieren und auf ihre Rechte hinzuweisen.

Mehrere Hartz IV - EmpfängerInnen haben Strafanzeige gegen den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit erstattet. Anzeige erstattet hat auch Martin P. aus dem Ruhrgebiet der auf einer Internetseite dazu meint: "Wenn ein Minister in der Presse und den Medien erklärt, mehr als 10 Prozent der ALG-Empfänger bezöge die Unterstützung zu Unrecht, es werde der Staat abgezockt, bewusst betrogen und mit Falschaussagen eine den Empfängern nicht zustehende Leistung erschlichen, dann ist das nicht hinnehmbar. Der Minister habe als öffentliche Person rund 280.000 Menschen als Betrüger und Lügner bezeichnet und als Beweis eine gesetzwidrige Telefonaktion angeführt", so Martin P. (hg)