Veranstaltungen ohne Irakische Gewerkschafter!

Zur Veranstaltung am 24.10.2005 in Kiel zum Kampf der Irakischen Gewerkschafter gegen Privatisierung und Besatzung kamen über 50 Personen. Die Enttäuschung über das Nichterscheinen der Irakischen Gewerkschafter war sehr groß und es wurde nach einem Impulsreferat eine Protestresolution verabschiedet und Unterschriften gesammelt. Danach folgte eine Ausarbeitung von Sylvia Weiss über Globalisierung, Krieg und Privatisierungsbestrebungen im Irak und in der nachfolgenden Diskussion ging es um die Hintergründe des Irakkrieges.

Ist es der Kampf ums Öl oder waren noch weitere Gründe entscheidend (Vormachtstellung, Verteidigung Israels oder Beherrschung der arabischen Region). Internationale Zusammenhänge z. B. mit dem Öl auf die Finanzmärkte und die neoliberalen Privatisierungs- und Profitbestrebungen der westlichen Mächte wurden herausgearbeitet und auch die Kriegsdrohungen gegen den Iran diskutiert.

Bedauert wurde, dass einige Fragen von den Gewerkschaftern nicht beantwortet werden konnten wie z.B.: Wie haben sie es erreicht, dass die Ölbetriebe nicht mehr in amerikanischen Besitz sind. Wie ist ihr Verhältnis zum bewaffneten Widerstand. Wie stehen sie zu den verschiedenen Glaubensgemeinschaften und welche Rolle spielt dies in der Gewerkschaft.

Viele Teilnehmer haben ihre Bereitschaft erklärt, an einer zukünftigen Veranstaltung mit den Irakern teilzunehmen und es wurden 100 Euro gespendet. Die Protesterklärung wurde mit den Unterschriften an das Auswärtige Amt übermittelt, mit der Bitte um eine Erklärung für das politische Einreiseverbot.

In der Protestresolution heißt es u. a.: „ Sofortige Aufhebung des Einreiseverbots für irakische GewerkschafterInnen ! ... Wir sehen in dieser Entscheidung eine Einschränkung der Organisationsfreiheit der irakischen Kollegen und eine wesentliche Einschränkung unserer Informationsfreiheit in Deutschland. Der noch amtierende Außenminister, Herr Fischer, kann diese Entscheidung unverzüglich korrigieren. Dazu fordern wir ihn mit dieser Unterschriftenliste auf.“ Eine Antwort gibt es bis heute nicht.

Mittlerweile ist bekannt geworden, dass es eine politische Entscheidung des Innenministeriums ist, welches offensichtlich verhindern will, dass über die tatsächlichen Auseinandersetzungen und Zustände im Irak berichtet wird.

Auch in anderen Orten fanden die Veranstaltungen ohne die Gewerkschafter statt und zuletzt wurde auf der internationalen Konferenz "Kapitalismus: reloaded" am 12.11.2005 in Berlin bei einem Workshop zum Thema Irak-Krieg die folgende Resolution mit aktuellen Infos verabschiedet: „Protest an das Bundesministerium des Innern wegen der Visa-Verweigerung für irakische Gewerkschafter

... Die Gewerkschafter wollten auf ihrer Reise quer durch Deutschland in 12 Städten über die Lebensbedingungen und die politische Situation im Süden Iraks, sowie über die Arbeitsbedingungen in der Ölindustrie berichten. Während der Reise sollte auch ein Dialog zwischen irakischen und deutschen Gewerkschaftern, Globalisierungskritikern und Friedensaktivisten eingeleitet und längerfristige Kontakte geknüpft werden. Überraschend wurde ihnen kurzfristig und ohne Angabe erkennbarer Gründe die Einreise verweigert.

Nachfragen ergaben, dass von Seiten des Auswärtigen Amtes keine Einwände gegen die Einreise erhoben wurden. Erst als gerichtliche Schritte eingeleitet wurden, um die Einreisebewilligung durchzusetzen, teilte die deutsche Botschaft in Bagdad mit, die Visa wären aufgrund von Bedenken deutscher Sicherheitsbehörden verweigert worden. Aus Datenschutzgründen könne man diese aber nicht weitergeben. Eberhard Schultz, der Anwalt der Initiativgruppe, hat gegen diese Entscheidung eine Klage eingereicht. Der Vorsitzende der Gewerkschaft GUOE konnte im Frühjahr problemlos an einer Rundreise irakischer Gewerkschafter durch die USA und an mehreren Veranstaltungen in London teilnehmen, warum soll das in Deutschland nicht möglich sein.

Diese Verweigerung einer Informationsreise kann nicht hingenommen werden. Deshalb setzen sich inzwischen auch Parlamentarier wie Ulla Jelpke, Norman Paech, Heike Hänsel (Linkspartei), Tobias Pflüger (parteilos, MdEP) und Christian Ströbele (Grüne) für die Einreise der irakischen Gewerkschafter ein. ...

Doch die Öl-Gewerkschafter befinden sich im Einklang mit internationalem Recht. Die Besatzung ist das Ergebnis eines völkerrechtswidrigen Angriffkrieges und somit illegal. Daran kann auch die Billigung der Besatzungstruppen durch irakische Regierungen nichts ändern. Hingegen ist Widerstand gegen Besatzung und Fremdherrschaft nach geltendem Völkerrecht legitim. Ausgenommen davon sind – ganz selbstverständlich – Anschläge auf die Zivilbevölkerung, Entführungen etc.. Wie alle oppositionellen Gruppen hat die GUOE diese stets als Terror öffentlich verurteilt.

Die GUOE ist eine zivile Organisation, die sich ausschließlich mit gewerkschaftlichen Mitteln für ihre Ziele einsetzt. Ihr Ziel ist, eine neue Demokratie aufzubauen – eine, die die Interessen der irakischen Bevölkerung vertritt. Die Gewerkschafter könnten vor allem aufzeigen, dass die Alternativen im Irak keineswegs zwischen langandauernder Besatzung durch fremde Truppen auf der einen und der Gewalt des Terrors, Chaos und Bürgerkrieg auf der anderen Seite bestehen. Sie könnten vermitteln, dass es eine politische, von weiten Teilen der Bevölkerung unterstützte Opposition gegen die Besatzung gibt, die Ansprechpartnerin für die Friedensbewegung in Deutschland und in anderen westlichen Ländern ist.

Wir fordern das Innenministerium auf, die so genannten Sicherheitsbedenken zu beenden und das Visum für die irakischen Gewerkschafter zu ermöglichen.“ (uws)

Demonstranten blockierten am Freitag, den 18. November ein Rekrutierungszentrum der der US-Army in der US-Stadt Eureka.