Regierungspolitik:

Die Koalitionsvereinbarung der Schwarz-Roten Koalition

Am 12.11. stellten CDU/CSU und „S“PD ihre  Koalitionsvereinbarung „Gemeinsam für Deutschland – mit Mut und Menschlichkeit“ vor. Eine angeblich nachhaltige Sanierung der Staatsfinanzen ist das erklärte Ziel der großen Koalition. Allein der Bund will durch Steuererhöhungen und den Abbau von Steuervorteilen in den kommenden vier Jahren insgesamt Mehreinnahmen von knapp 47 Milliarden Euro erreichen. Dazu kommen weitere 25 Milliarden Euro zur Gegenfinanzierung des geplanten „Investitionsprogramms“, wovon ein Teil durch den Verkauf und die Nutzung von Bundesvermögen (u. a. Goldreserven) eingenommen werden soll.Mit dem geplanten Investitionsprogramm von gut einem Drittel der Summe soll die Investitionstätigkeit und der Konsum angekurbelt werden.

Ab Januar 2006 wird die Eigenheimzulage abgeschafft. Ebenfalls ab 2006 entfallen für ArbeitnehmerInnen unter anderem die Steuerfreibeträge für Übergangsgelder und Abfindungen (Freibetrag von mindestens 7.200 Euro, bis 11.000 Euro ab 55 Jahren). Außerdem können Steuerberatungskosten nicht mehr abgesetzt werden.

Beim ALG II sollen 2006 bereits 3 Milliarden Euro, in den folgenden Jahren je 4 Milliarden Euro eingespart werden. Geplant sind u.a. geringere Einzahlungen in die Rentenkassen. Arbeitslose unter 25 Jahren sollen wieder bei ihren Eltern wohnen müssen und von ihnen Unterhalt beziehen. Das ALG II im Osten wird an das „höhere Westniveau“ angeglichen. Außerdem haben „S“PD und CDU/CSU vereinbart, noch in diesem Jahr die Rechtsgrundlagen für eine umfassende elektronische Rasterfahndung für Hartz-IV-Betroffene zu schaffen. Bisher erlauben die Gesetze offiziell den Datenaustausch von Behörden nur in bestimmten "Verdachtsfällen". Künftig sollen sämtliche bei den Sozialversicherungen und Behörden gespeicherten Daten von Hartz- IV Betroffenen regelmäßig daraufhin abgeglichen werden, ob Arbeitslosengeld-II EmpfängerInnen zu viel oder unberechtigt Unterstützung erhalten.

Die so genannten Ich-AG`s sollen im nächsten Jahr wieder abgeschafft werden.

Die größten Belastungen für die Mehrheit der Bevölkerung sollen dann ein Jahr später folgen. Zum Jahresbeginn 2007 sollen die Mehrwertsteuer und die Versicherungssteuer um je drei Prozentpunkte von 16 auf 19 Prozent steigen.

Im Wahlmanifest der „S“PD war noch zu lesen: “Die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist unsozial. Familien und sowie kleine und mittlere Einkommen sind besonders betroffen… Angesichts einer ohnehin zu geringen Binnennachfrage ist dies Gift für unsere Konjunktur… Sie gefährdet Arbeitsplätze: Die Leistungen des Handwerks würden sich verteuern. Das schreckt potenzielle Auftraggeber ab. Viele Betriebe wären in ihrer Existenz bedroht. Der Einzelhandel wäre ebenfalls unter massivem Druck.“




Die Mehreinnahmen für einen Prozentpunkt von zunächst 8,5 Milliarden Euro pro Jahr soll der Bund behalten, um damit Sozialbeiträge zu senken. Die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung sollen um zwei Prozentpunkte gesenkt werden. Gleichzeitig steigt der Beitrag für die Rentenversicherung um 0,4 Prozentpunkte. Die Hälfte der Beitragsersparnis bei der Arbeitslosenversicherung soll die Bundesagentur für Arbeit selbst durch Kürzungen vor allem bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik erwirtschaften. Der Rest der Mehrwertsteuermehreinnahmen soll wie üblich  zwischen Bund und Ländern geteilt werden.

Außerdem soll auch der Sparerfreibetrag auf  750.- Euro für Alleinstehende und für Familien auf 1.500.- Euro gekürzt werden. Ebenfalls 2007 entfällt die  Ent- fernungspauschale für Wege zur Arbeit bis zu 20 Kilometern komplett; erst für Strecken darüber hinaus können dann 30 Cent pro Kilometer geltend gemacht werden. Die Schichtzulagen für Feiertags- und Nachtarbeit sollen steuerfrei bleiben, doch müssen künftig ab einem Stundenlohn von 25 Euro (bisher: 50 Euro) auf die Zulagen Sozialbeiträge gezahlt werden. Der pauschale Sozialabgabenabzug bei Mini-Jobs wird von 25 auf 30 Prozent erhöht. Kindergeld und Kinderfreibeträge sollen nur noch bis zum 25. Lebensjahr (bisher bis zum 27. Lebensjahr) gewährt werden.

Der "Kündigungsschutz" wird durch die Einführung einer zweijährigen Probezeit weiter abgebaut.

Das Renteneintrittsalter steigt von 65 auf 67 Jahre. Außerdem soll ein verschärft angewendeter Nachhaltigkeitsfaktor durchgesetzt werden. Auf Seite 68 der „KV“ ist zu lesen: „Die Dynamik der Zuweisungen aus dem Bundeshaushalt an die Gesetzliche Rentenversicherung wird gestoppt.“ Mit ca. 70 Mrd. e stellt der Zuschuss des Bundes den größten Posten im Bundeshaushalt dar. Dieser Zuschuss ändert sich proportional zur Entwicklung der Bruttolohn- und Gehaltssumme und zum Beitragssatz. Dieses Grundprinzip der Altersversorgung soll nun abgeschafft werden. Damit hat sich Schwarz-Rot einen Blankoscheck für Rentenkürzungen und/oder Rentenbeitragserhöhungen verschafft. Es ist gleichzeitig ein Freibrief für Rente nach Kassenlage.




Als sozialpolitisches Trostpflästerchen wird eine  so genannte "Reichensteuer" eingeführt, die eine zusätzliche Besteuerung von 3 Prozent für Privateinkommen ab 250.000 Euro bei Ledigen und 500.000 Euro bei Verheirateten vorsieht.

Kinderbetreuung soll steuerlich gefördert und ein Elterngeld eingeführt werden.

CDU, CSU und „S“PD werden das Arbeitnehmerentsendegesetz auf der Grundlage der EU-Entsenderichtlinie auf die allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge der Gebäudereiniger erstrecken. Für den Bereich der Bauwirtschaft soll das bestehende Entsendegesetz unverändert bleiben.

Im Rahmen der Föderalismus-Reform wurde vereinbart, dass im Wettlauf um längere Öffnungszeiten nun die Bundesländer das letzte Wort zum Ladenschluss-Gesetz haben.

Skandalös ist auch der Vorschlag der Koalition zur EU-Verfassung. Anstatt die Chancen des Nein bei Volksabstimmungen für eine Reform der EU zu nutzen, will die Regierung versuchen, den demokratischen Willen der Franzosen und Niederländer sowie vieler EU-BürgerInnen zu ignorieren und die EU-Verfassung unverändert in Kraft treten zu lassen.

Einige Pläne wurden zurückgestellt. Das betrifft u.a. die „Gesundheitsreform“, die Pflegeversicherung, Kombilöhne (Niedriglohnbereich), Entsendegesetz und Mindestlohn, die „Unternehmenssteuerreform“, den Einsatz der Bundeswehr im Innern, die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke sowie die Einführung einer Pkw-Maut.  (hg)