Kommentar:

Frieren im Treibhaus

Am 9. Dezember endete im kanadischen Montreal die diesjährige UN-Klimakonferenz. Schon eine Woche vorher, nach der Halbzeit des Treffens, ließ sich absehen, daß nicht viel herausgekommen sein wird. Die üblichen Verdächtigen, das heißt, die USA und einige treue Verbündete, mauern weiter in Sachen Klimaschutz. Das ermutigt hierzulande den Bundesverband der Deutschen Industrie, die Kreide auszuspucken und Klartext zu reden: Nach 2012, wenn der bisher gültige Klimaschutzvertrag ausläuft (das Kyoto-Protokoll), sollen die Anstrengungen nicht verschärft werden, wie es die Wissenschaftler unisono fordern, sondern das Primat der Wirtschaft soll auch formell wieder hergestellt werden. Klimaschutz, so die Botschaft vom BDI, nur noch in Form einer freiwilligen  Selbstver- pflichtung. Wir kennen den Trick schon von der Ausbildungsdiskussion, dem Dosenpfand und verschiedenen anderen Debatten. Geklappt hat es nie. Lehrstellen wurden nicht geschaffen, das Müllproblem nicht gelindert. Stets war die Formel der Selbstverpflichtung nur eine Finte der Unternehmer, um sich aus der Verantwortung zu stehlen. Dennoch ist der neuen Bundesregierung zuzutrauen, dass sie dem BDI in diesem Schwenk folgen wird. Unterdessen läuft in der wirklichen Welt langsam die Zeit ab. Im Golf von Mexiko und im Atlantik geht die Hurrikan-Saison zu Ende. Dieses Jahr gab es dort so viele und so starke Stürme, wie seit Menschengedenken nicht. Den Meteorologen ging sogar die vorbereitete Namensliste für Hurrikane und deren etwas kleinere Brüder, die tropischen Wirbelstürme, aus.Vieles deutet daraufhin, dass die Häufung und Intensivierung der Unwetter eine Folge der bereits erfolgten Klimaerwärmung ist.Aber es wird noch schlimmer kommen: Anfang Oktober berichteten Klimawissenschaftler von einer Beschleunigung des Rückgangs des arktischen Meereises. In wenigen Jahrzehnten könnte es über Sommer ganz verschwinden, was das Klima auf der Nordhalbkugel noch viel radikaler verändern würde, als die Klimaforscher bisher voraussagen. Vorher aber könnte es in Europa noch einmal für ein paar Jahrzehnte empfindlich kalt werden. Letzte Woche veröffentlichten britische Ozeanographen alarmierende Zahlen, die eine drastische Verlangsamung des Golfstroms nahe legen. Fiele dieser ganz aus, bekämen wir kanadische Winter.

(wop)