Die WTO in Stichworten

WTO – Welthandelsorganisation. Besteht seit dem 1. Januar 1995, der Sitz ist Genf. Zur Zeit gibt es 148 Mitglieder, die meisten sind unabhängige Staaten, aber es befinden sich auch einige Territorien darunter, die lediglich ein einheitliches Zollgebiet darstellen, wie etwa Hongkong. Nicht dabei sind bisher eine Reihe arabischer Staaten, Iran, Nordkorea, Weißrussland, Russland, Ukraine, Vietnam und andere. Einige Staaten wie Russland oder Tonga führen derzeit Aufnahmeverhandlungen, die sehr langwierig sein können. Alle Mitglieder müssen einer Aufnahme zustimmen, weshalb der Kandidat mit jedem einzelnen – in der Praxis natürlich nur mit den Mächtigsten – die Modalitäten vereinbaren muss. Dabei geht es meist um Ausnahmebedingungen und Übergangsfristen für Importe, Zölle und den Marktzugang von Banken und Versicherungen.

GATT – Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (General Agreement on Trade and Tariffs). 1947 vor allem auf Initiative der westlichen Alliierten von zunächst 23 Staaten abgeschlossen. Westdeutschland trat 1951 bei. In insgesamt acht Verhandlungsrunden wurden schrittweise Zollabsenkungen vereinbart. Erklärtes Ziel war es, den Freihandel zu fördern und Handelskriege, wie sie die Weltwirtschaftskrise 1928 bis 1934 begleitet und verschärft hatten, zu vermeiden. Zahlreiche Ausnahmeregelungen erlaubten jedoch weiter zeitlich begrenzte Schutzzölle, wobei auch diese Regeln mit der Zeit verschärft wurden. Das GATT besteht als einer von über 20 Verträgen im Rahmen der WTO fort.

Uruguay-Runde – Von 1986 bis 1994 wurde in dieser achten Verhandlungsrunde des GATTs die Gründung der WTO vorbereitet, wie sie den GATTs-Initiatoren bereits nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg vorgeschwebt hatte. Beim Zustandekommen der WTO tat sich der seinerzeitige (west-)deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher besonders hervor. Die westdeutsche Wirtschaft war bereits in den 1980er Jahren im besonderen Maße vom Exportgeschäft abhängig. 1994 wurde mit der Erklärung von Marrakesch die WTO-Gründung besiegelt.

Strukturen – Alle zwei Jahre trifft sich die Ministerkonferenz, das höchste Organ der WTO. Zwischen den Tagungen der Minister nimmt der Allgemeine Rat am WTO-Sitz in Genf die Aufgaben der Ministerkonferenz war. Nach dem Scheitern 2003 in Cancún haben EU und USA versucht, wichtige Verhandlungen in den Allgemeinen Rat zu verlegen. Das hat für sie zum einen den Vorteil, dass dessen Sitzungen nicht soviel öffentliche Aufmerksamkeit bekommen. Zum anderen können es sich die ärmeren Länder nicht leisten, ständig Fachdelegationen in Genf zu stationieren, um die komplexen Gespräche zu verfolgen.

Streitschlichtungsmechanismus – Erlässt ein WTO-Mitglied gegen ein anderes Einfuhrbeschränkungen in Form von Zöllen oder Verboten zum Beispiel aufgrund gesundheitlicher oder umweltpolitischer Bedenken, kann das betroffenen Mitglied den Fall am Sitz der WTO vor den Allgemeinen Rat oder ein von diesem gewähltes siebenköpfiges Gremium bringen, das als eine Art internationales Handelsgericht fungiert. Bekommt der Kläger Recht, so bestimmt das Schiedsgericht einen Betrag, in dessen Höhe der Kläger gegen Waren des Beklagten Strafzölle verhängen darf. Diese Regelung verstärkt die Macht der Industriestaaten: Die EU oder die USA wird es kaum stören, wenn ihre Waren zum Beispiel in Malawi oder auf den Komoren vorübergehen mit hohen Zöllen belegt werden. Andererseits sind viele insbesondere der ärmsten Staaten existenziell darauf angewiesen, in die reichen Länder exportieren zu können.

Konsens – Zu den Besonderheiten der WTO gehört, dass selten abgestimmt wird. Die wichtigsten Entscheidungen werden im Prinzip einstimmig gefällt, das heißt, im Konsens. In der Praxis sieht es so aus, das einzelne Entwicklungsländer es sich kaum leisten können, ohne erhebliche Rückenstärkung zum Beispiel der Gruppe der 77 und China, in der die meisten Länder des Südens zusammengeschlossen sind, den Verhandlungsprozess aufzuhalten.

Green-Room-Gespräche – Die USA und die EU handeln meist Vorschläge gemeinsam mit ausgewählten Entwicklungsländer am Rande der Ministertagungen in Gesprächsrunden hinter verschlossenen Türen – in sogenannten green rooms – aus. China, Brasilien, Indien und einige andere, die als Sprecher der Entwicklungsländer gelten – oder von Brüssel und Washington dazu erklärt werden – sitzen gewöhnlich mit am Tisch. Den übrigen weit über 100 Mitgliedsstaaten präsentiert man dann die Ergebnisse als Konsens, über den nicht mehr verhandelt werden kann.

TRIPS – Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum (Agreement on Trade Related Intelectual Property Rights), gehört zum Bestand der WTO-Verträge. TRIPS ist einer der wesentlichen Hebel, mit denen die Industriestaaten versuchen, international ihr Patenrecht durchzusetzen. Anfang des Jahrtausends gehörten weltweit 97 Prozent aller angemeldeten Patente Unternehmen oder Einzelpersonen aus den Industrieländern.

GATS – Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services), ein weiterer WTO-Vertrag. Der Begriff der Dienstleistungen wird je nach Interessenslage sehr weit gefasst. Darunter kann auch die medizinische Versorgung, die Bildung und ähnliche elementare Dinge der öffentlichen Daseinsvorsorge fallen. Derzeit wird darüber verhandelt welche Bereich für den internationalen Wettbewerb geöffnet werden müssen.

Singapur-Themen – Unter dieser Bezeichnung werden vier neue Themen zusammengefasst, für deren Aufnahme in die WTO-Verträge die EU sich vehement einsetzt: Investitionen, Wettbewerb, administrative Handelshemmnisse, öffentliches Beschaffungswesen. Die meisten  Entwicklungsländer haben sich sehr hartnäckig gegen die Aufnahme von Verhandlungen über diese Themen gesperrt, weil sie zum einen mit den bereits existierenden Verträgen schon genug Probleme haben und zum anderene fürchten, dass ihr Spielraum durch neue Abkommen noch weiter eingeengt wird. Entsprechend sind an dieser Frage schon mehrere  Minister- konferenzen gescheitert. Hinter dem Stichwort Investitionen versteckt sich die Absicht der EU via WTO weitgehende Schutzrechte für ihre Konzerne durchzusetzen. Dazu gehört auch eine sogenannte Antidiskriminierungs-Klausel, nach der ausländische Unternehmen nicht gegenüber inländischen benachteiligt werden dürfen. Nach dem erneuten Scheitern der WTO-Gespräche vor zwei Jahren in Cancún hat die EU schließlich etwas nachgegeben und verfolgt diese Ziele derzeit nicht mehr offensiv in der WTO. Statt dessen wird versucht, derlei Regelungen in bilateralen Freihandelsabkommen festzuschreiben.

(wop)