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Kommentar

Kranke Politik

Die Gesundheitskosten „explodieren“ mal wieder. Diesmal sind es die Medikamente, die immer teurer werden. Obwohl Patienten inzwischen mindestens fünf Euro pro Rezept zuzahlen müssen, fließen immer größere Summen aus den Schatullen der Krankenkassen auf die Konten der Pharmaindustrie. Was tun? Natürlich nicht die Profite der Industrie antasten. Die sind heiliges Privateigentum, grundgesetzlich geschützt, allerhöchstes Gut der „westlichen Wertegemeinschaft“. Bleibt nur das Portemonaie der Patienten, denn das ist – um so schmaler desto mehr – unheiliges Privateigentum. CDU-Politiker haben sich etwas besonders Feines ausgedacht. Wir senken den Mindesteigenbeitrag oder schaffen ihn ganz ab. Hört sich gut an, nicht? Das soll die Leute dazu bringen, die billigeren Medikamente zu kaufen. Gleichzeitig soll aber durch den Eigenbeitrag genauso viel aufgebracht werden wie bisher. Auf Deutsch: Der prozentuale Eigenbeitrag wird erhöht. Das Nachsehen haben diejenigen die auf teure Medikamente angewiesen sind. Diese Vorschläge betten sich nahtlos in eine Politik ein, die immer mehr Krankheit schafft und zugleich die öffentlichen Gesundheitsversorgung untergräbt. Die allgemeine Angst um den Arbeitsplatz hat inzwischen dazu geführt, dass die Zahl der Krankmeldungen auf einem historischen Tiefstand angekommen ist und weiter sinkt. Trotz immer schärferer Hetze am Arbeitsplatz und einer Ausweitung der Schichtarbeit, die die Menschen nachweislich krank macht, lassen sich immer weniger Arbeiter und Angestellte krank schreiben. Die Krankheiten werden also verschleppt. Darauf deutet auch eine andere Entwicklung hin: Die Praxisgebühr hat dazu geführt, dass die Zahl der Arztbesuche um zehn Prozent abgenommen hat. Vor allem ärmere Menschen verkneifen sich den Gang zum Arzt. Neben den Folgen, die dies für die Gesundheit der Betroffenen hat, ist auch etwas anderes bedenklich: Zusammen mit anderen Maßnahmen der letzten Jahre führt das dazu, dass sich in einigen ländlichen Regionen und auch in ärmeren Stadtteilen wie dem Kieler Ostufer kaum noch junge Ärzte niederlassen wollen. In Deutschland, dem drittreichsten Staat des Planeten, wird es bald in einigen Gegenden schwierig sein, noch einen Arzt zu finden.

(wop)