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Fünf Tage Weltsozialforum im westafrikanischen Bamako:

Im Palast und unter Stroh

Afrika ist für die europäische Linke oft ein beinahe blinder Fleck auf der Weltkarte, stärker jedenfalls als Lateinamerika. Obwohl geographisch näher als der südamerikanische Subkontinent gelegen, erscheint Afrika entfernter, „exotischer“, unverständlicher... Oder liegt es daran, dass in Lateinamerika so manches auch mystifiziert wahrgenommen, mitunter auf gar zu vereinfachende Formeln – etwa im Sinne von „Alle gegen die mächtigen Yankees“ – gebracht wird? Die Wahrnehmung durch die bürgerlichen Medien trägt natürlich erheblich dazu bei, den Eindruck zu erwecken, als gäbe es auf gesellschaftlicher Ebene nicht so viel zu verstehen in Afrika, als sei so Vieles geheimnisvoll oder dem Verständnis durch hiesige Menschen entzogen.

Dabei gleichen sich die Grundprobleme, denen Menschen auf beiden Kontinenten ausgesetzt sind: Armut, Raubbau an natürlichen Rohstoffen, wirtschaftliche Abhängigkeit. Hinzu kommt in manchen afrikanischen Ländern eine Instrumentalisierung „ethnischer“ Faktoren für eine durch bestimmte Regime betriebene, tendenziell rassistische Ausgrenzungspolitik gegen größerer Bevölkerungsteile. Etwa früher in Ruanda gegen die Tutsi, oder heute in der Côte d'Ivoire gegen die nördliche Landeshälfte.




In diesem Jahr sollte der afrikanische Kontinent erstmals zum Austragungsort des alljährlichen Weltsozialforums (WSF) werden, bzw. des afrikanischen Teils, denn das VI. WSF war das erste, das an verschiedenen Orten abgehalten wurde. Ursprünglich hatte man synchrone Veranstaltungen in Caracas (Venezuela), Bamako (Mali) und Karachi (Pakistan) geplant, aber letzteres musste wegen eines schweren Erdbebens verschoben werden und in Bamako fiel am 23. die Abschlussveranstaltung mit der Eröffnung in Caracas zusammen.

Dennoch ist es ein bedeutender Erfolg, dass es überhaupt so weit kommen konnte: Die afrikanischen Veranstalter hatten bis zuletzt mit großen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Von den geplanten 1,8 Milliarden Francs-CFA  konnten nur 700 bis 900 Millionen aufgetrieben werden, das entspricht rund einer Million Euro. (Die malische Regierung hat 10 bis 15 Millionen Francs-CFA zugeschossen, d.h. circa 15.000 bis 20.000 Euro.) Deshalb konnten auch nicht so viele Leute wie geplant in die Hauptstadt des westafrikanischen Mali anreisen – aus Kostengründen. Eine Busfahrt aus dem Nachbarland Guinea-Conakry nach Bamako etwa dauert 24 Stunden und kostet einen durchschnittlichen Monatslohn. Aus diesem Grund nahmen aus den meisten afrikanischen Ländern ansehnliche Delegationen – von Frauengruppen, NGOs oder auch Universitätsinstituten – an dem Großereignis teil, doch man konnte nicht wirklich von einer „Massenteilnahme“ sprechen. Ungefähr 18.000 Menschen nahmen schließlich am Forum in Bamako teil – mehr als 80 Prozent kamen aus Afrika – deutlich weniger als einige Tage später in Caracas, aber dennoch ein großer Erfolg für die afrikanische Premiere des WSF. Auf das Geleistete können die Veranstalter auf jeden Fall stolz sein, obwohl es mitunter zu organisatorischen Turbulenzen und zum ungeplanten Ausfall von Veranstaltungen kam – gegenüber den Erfahrungen etwa beim Europäischen Sozialforum in Paris (2003) hielt sich das Organisationschaos sogar noch in erfreulich engen Grenzen.

Eisenbahn und Baumwolle

Es ist heiß, als an diesem 23. Januar das WSF in Bamako zu Ende geht. Das erste Mal in den fünf Tagen des Forums. Jung und Alt haben sich zu einer Abschlusszeremonie versammelt. Schulkinder pflanzen Palmen, die anwesenden Europäer sollen Eukalyptuspflänzchen in die Erde setzen. Ein symbolträchtiger Akt in diesem von Dürre und Trockenheit geplagtem Land.

Doch es bleibt nicht bei Symbolen. Rund um die jugendlichen und älteren Baumpflanzer, und gut im Sichtfeld der eifrig knipsenden Kameras, haben Frauen und Männer aus Mali mit drei größeren Transparenten Aufstellung genommen, sie fordern: „Stoppt die Privatisierung, gebt dem Volk von Mali die Eisenbahn zurück“ und „Gebt Doktor Tiecoura Traoré seine vollen Rechte zurück“.

Der Ingenieur Tiecoura Traoré ist zur Symbolfigur gegen die Raubprivatisierung des malischen Eisenbahnnetzes geworden, das 2003 vom französisch-kanadischen Konsortium Transrail aufgekauft wurde. Seitdem wurden 26 von 36 Bahnhöfen geschlossen, und der Eisenbahningenieur, der den Kampf dagegen anführte, wurde ohne Angabe von Rechtfertigungsgründen entlassen. Dagegen hat sich ein sehr aktives „Bürgerrechtskollektiv für die Rückerlangung und die (in die Landesentwicklung) integrierte Fortentwicklung der Eisenbahn von Mali“ gebildet, das COCIDIRAIL. Es umfasst nicht nur „aus betrieblichen Gründen“ entlassene ehemaligen Eisenbahner, sondern auch bisherige Nutzer des Schienennetzes und Menschen aus der Zivilgesellschaft, inzwischen auch 50 Fördermitglieder in Frankreich.

„Sehen Sie diese Frauen dort, die aus Region außerhalb von Bamako kommen, um uns zu unterstützen“, sagt uns Tiecoura Traoré, „manche von ihnen haben Ehemänner, die bei der Bahn arbeiteten. Aber die meisten von ihnen hatten mit dem Betrieb als solchem nichts zu tun. Da sie – wie viele Malier – im informellen Sektor arbeiteten, boten sie unterschiedlichste Gegenstände, oft Nahrungsmittel und Speisen, auf den Bahnhöfen und entlang der Strecken an. Jetzt wurde ihnen die Lebensgrundlage entzogen.“ Oder sie droht verloren zu gehen, da Transrail anstrebt, ihre Aktivitäten auf den Schienen vermehrt auf den Containertransport von Exportgütern - wie Baumwolle - zum Hafen von Dakar (Senegal) zu konzentrieren.

Baumwolle, das ist wieder eine andere, aber grundsätzlich ähnliche Geschichte in Mali. Die malische Textilgesellschaft CMDT wird längst schleichend – Sparte für Sparte: Düngemittel, chemische Produkte, ... – privatisiert, unter internationalem Druck und vor dem Hintergrund von Auflagen der Weltbank. Der Privatisierungs- prozess soll bis 2008 abgeschlossen sein. Drei Viertel der Erlöse fließen bereits heute nach Frankreich ab, wo die Aufkäufer der privatisierten Unternehmensteile ebenso wie die Weiterverkäufer der Rohbaumwolle auf dem Weltmarkt sitzen. Im Übrigen sehen die Produzenten die Preise unkontrolliert verfallen, da der Baumwollanbau in den USA hoch subventioniert wird und nur deswegen billiger konkurrenzfähig bleiben kann.Die Subventionen dort kommen nur einer Handvoll superreicher Produzenten zugute: Wo im US-Bundesstaat Louisiana vor 40 Jahren noch zwei Millionen Baumwollfarmer tätig waren, sind es heute noch 30.000, die riesige und menschenleer gewordene Flächen bebauen. „Um eine Jeanshose zu kaufen, muss ich jetzt 70 Kilometer mit dem Auto fahren“, sieht man einen Landarbeiter von dort in einem französisch-malischen Dokumentarfilm sagen. In Mali dagegen lebt eine Mehrheit der Bevölkerung von der Landwirtschaft, und ein bedeutender Teil von ihr wiederum vom Baumwollanbau – solange es eben noch geht.
 
 

Nur vorsichtige Kritik

Dennoch sind diese Themen nicht beherrschend beim Weltsozialforum. Zunächst einmal aus einem nachvollziehbaren Grund – weil es sich eben um ein internationales und nicht ein landesweites oder regionales Forum handelt. Aber zahlreiche Teilnehmer wären sicherlich damit einverstanden gewesen, die globalen Fragen auch unter anderem anhand der lokalen Ausbeutungssituation zu studieren.

Die das Forum hauptsächlich veranstaltenden NGOs jedoch, als deren graue Eminenz sicherlich die frühere Kulturministerin Aminata Traoré gelten darf, waren in ihrer Mehrheit für einen eher verhaltenen Kurs: Kritik an den westlichen Großmächten - und vor allem an dem in Mali noch immer dominierenden Frankreich, der früheren Kolonialmacht – sollte auf dem Forum zwar zum Ausdruck kommen, aber man solle es dabei auch nicht übertreiben. Nicht zuletzt ist dies auch das Interesse der malischen Behörden, die das Forum unterstützten, und sei es in seiner Eigenschaft als Devisenbringer.

Eine am 22. geplante Demonstration von ehemaligen Sans papiers, die aus Europa abgeschoben worden war, lief nur zur Hälfte los. Die andere Hälfte der rund 500 Teilnehmer blieb am Sammlungsort stehen – auf persönliche Intervention von Aminata Traoré. Die andere Hälfte konnte zwar loslaufen, aber nicht wie geplant bis zu französischen Botschaft vorstoßen, da ihr durch malische Bereitschaftspolizei der Weg dorthin versperrt wurde.

Zu den Themen, bei denen mit scharfer Kritik nicht gespart wurde, gehörte die Einwanderungspolitik der Europäischen Union. Dabei kam eine zumindest teilweisen Konvergenz der Interessen der migrationswilligen Menschen mit jenen der malischen Regierungsstellen sicherlich zu Hilfe: Wie sozialwissenschaftliche Studien wiederholt belegten, bildet die Emigration in vielen und vor allem in den entlegenen Regionen Malis einen wichtigen Entwicklungsfaktor. Dazu gehören nicht nur die Überweisungen von Emigranten etwa aus Frankreich an ihre Familien, sondern auch die kollektiven Projekte, die viele Auswanderer betreiben. So wandert fast nie eine gesamte Dorfbevölkerung ab, sondern ein Teil der jugendlichen Dorfbewohner wandert – und sei es nur vorübergehend – aus, um dann aber in der Ferne einen Teil des verdienten Geldes für gemeinsame Vorhaben wie etwa eine Brunnenbohrung zusammenzulegen. Diese Form nichtstaatlicher und nicht durch internationale Kredite gekoppelter Entwicklungsfinanzierung kann der malischen Regierung nicht grundsätzlich ungelegen kommen.

Der 21jährige Student der Wirtschaftswissenschaft Aboubacar aus Bamako erkennt hierin tatsächlich eine mögliche Überschneidung der Interessen von Sozialforum und malischen Staatsrepräsentanten. Doch er fügt selbst noch zwei weitere mögliche Schnittstellen hinzu: „Die malische Regierung ist sicherlich auch dafür, zu verhindern, dass der Preis für die Baumwolle, der den Produzenten ausbezahlt wird, nicht ins Bodenlose verfällt. Denn es handelt sich auch um eine der Haupteinnahmequellen Malis, die das Land als solches ernährt. Und auch im Bildungsbereich gibt es sicherlich Überschneidungen und gemeinsame Interessen: Im Namen der Entwicklungsimperative möchte die Regierung wirklich erreichen, dass der Analphabetismus zurückgedrängt wird und dass besonders auch Frauen bessere Schulbildung, oder in manchen Gegenden überhaupt Schulbildung erhalten. Die Regierenden denken, dass sich das Land mit einem niedrigen Bildungsstandard nicht entwickeln kann, und dass auch die Frauen nicht ausgeklammert werden dürfen.“

Zweifellos sind bei solchen Fragen die Absichten der Offiziellen von Mali und manch anderer der Staaten des „Südens“ – jedenfalls derer mit demokratischen Regierungsformen – denen der Globalisierungskritiker oder -gegner näher als jenen der mächtigsten westlichen Staaten und ihrer Konzerne. Denn letzteren geht es darum, ein neoliberales Akkumulationsregime zu bewahren und zu fördern, das besonders in der Dritten Welt längst auch einen offenen Angriff auf öffentlich garantierte Bildungs- und Gesundheitssysteme bedeutet. In „unseren“ Metropolen stecken solche Entwicklungen im Vergleich dazu noch in den Kinderschuhen. Aber das ändert nichts daran, dass auch der malische Staat grundsätzlich ein Garant etablierter Eigentums- und damit immer indirekt auch Ausbeutungsverhältnisse ist.

Was die Verbesserung der Partizipations- und Lebenschancen von Frauen betrifft, ist die Regierung von Mali dagegen tatsächlich nicht inaktiv. In dem westafrikanischen Land, das eine laizistische Republik darstellt, aber eine tief religiöse und traditionsverhaftete Gesellschaft aufweist, können Frauen ebenso Soldatinnen und Offizierinnen – manchmal sieht man welche auf ihrem Motorrad aus dem Sitz der Luftwaffe am Boulevard der Unabhängigkeit kommen – wie Ministerinnen werden. Zugleich liegt im gesellschaftlichen Bereich noch vieles im Argen, namentlich wenn man an die so genannte Mädchenbeschneidung oder Verstümmelung der weiblichen Genitalien im Kindesalter denkt, die in Mali (wie auch in Ägypten oder Jemen) weit verbreitet ist. Fälschlich wird sie von manchen mit dem Islam in Verbindung gebracht, dem diese archaische Praxis aber fremd ist; in Mali und anderswo hat der vordringende Islam freilich mancherorts ältere Glaubensvorstellungen und Riten fortbestehen lassen und integriert. Die malische Regierung betreibt selbst, etwa in Form von eindeutig vor dieser Praxis warnenden Fernsehspots, aktive Propaganda gegen die Mädchenbeschneidung. Neben zahlreichen auf diesem Gebiet aktiven Initiativen und NGOs.

Migration und Kriminalisierung

Die Einwanderung zählte zu den Kernthemen des WSF. So gehörte zu den interessantesten Konferenzen auf dem Forum eine Veranstaltung zum Thema „Kriminalisierung von Migration“. Lucile Damas von ATTAC Marokko ging scharf mit der europäischen Politik ins Gericht, die sich durch Heuchelei und Doppelbödigkeit auszeichne. Wo es um die Aufhebung von Schutzbarrieren für die Ökonomien des Südens und die Durchsetzung von Freihandelsinteressen der stärkeren Nationalökonomien gehe, schließe man sich Abkommen an, in deren Rhetorik viel von Zusammenarbeit zu gegenseitigem Nutzen die Rede sei und oft der Eindruck erweckt werde, als stünden die Verträge allein im Interesse der Länder des Südens und ihrer „Entwicklung“. Andererseits aber verschwinde diese Rhetorik sofort, wenn es um den „Schutz“ Europas vor unerwünschter Zuwanderung gehe, und mache einer regelrechten „Obsession“ der Abwehr Platz.

Staaten wie Marokko, Tunesien, Libyen und Ägypten ließen sich vor den europäischen Karren spannen, im Interesse einer vorgelagerten Abwehr- bzw. Selektionspolitik für Migranten, die auf den Konferenzen des WSF detailliert untersucht wurde. Die deutsche Europaparlamentarierin Gaby Zimmer  (Linkspartei.PDS) berichtet von den Versuchen der Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken, mehr über die dramatischen Bedingungen für unerwünschte Flüchtlinge und Migranten zu erfahren, die in Libyen oder auf den Italien vorgelagerten Inseln „geparkt“ würden. Sie wünscht eine intensivere Zusammenarbeit mit Kräften im Süden, um genauer zu wissen, was in dieser Hinsicht in Ländern wie Marokko oder Libyen passiert. Der Abgeordnete Ag Ibarcane aus Gao im Norden Malis fordert die linken Abgeordneten und Gleichgesinnte auf, eine „Kampagne in den Tiefen Europas, bei ihren Wählern“ zu entfachen, um für eine Öffnung Europas für Immigranten einzutreten, denn auch Europa habe kein Interesse an einer dauerhaften Abschottung.

Notfalls neben dem offiziellen Programm

Und auch die sozialen Konfliktthemen in Mali kamen anlässlich des Sozialforums durchaus zur Sprache, man muss nur richtig hinschauen. Draußen vor dem Kongresspalast hatten Leute ein riesengroßes Strohdach in Eigenregie aufgebaut, wo während drei Tagen ein Programm geboten wurde, das nicht in den offiziellen Veranstaltungsankündigungen zu finden war. Auch wenn es nicht im Namen einer Gruppe oder Partei veranstaltet wird, hatte doch offenkundig die kommunistische Bewegung SADI (Afrikanische Solidarität für Entwicklung und Unabhängigkeit) aus Mali organisierend gewirkt. Diese Bewegung stellt den Kultur- und Tourismusminister des Landes, ist aber de facto eher oppositionell. Daneben hat das „Radio der Stimmlosen“ – Radio Kayira – mitgewirkt. Ganz überwiegend Malier sind gekommen, es wird in Bambara, der Mehrheitssprache, vorgetragen und ins Französische übersetzt.

Minen- und Landarbeiter sowie arme Bauern sind hier zusammengekommen, die wütend ihren sozialen Protest vortragen. Anwohner der Goldminen in Morilla und Sadiola im Süden des Landes, die durch südafrikanische Konzerne bzw. durch den französischen Bau- und Medienriesen Bouygues aufgekauft wurden und deren Umland für den Großteil der Malier verbotenes Terrain darstellt, berichten über großflächige Verseuchungen mit Quecksilber, das zum Goldabbau eingesetzt und rücksichtslos in die Landschaft geblasen wird.

Männer und Frauen berichten von Missbildungen an Kindern, „wir erleben eine Situation wie in Nagasaki nach dem Atombombenabwurf“. Gewerkschafter aus den Minen berichten über willkürliche Verhaftungen und Gefängnisaufenthalte ihrer Kollegen seit sechs Monaten ohne jede offizielle Begründung. 311 Arbeiter wurden, weil sie missliebig aufgefallen waren, unter Umgehung jeglicher rechtlicher Prozeduren – die es auch in Mali gibt, angelehnt an die französische Gesetzgebung – entschädigungslos entlassen.

Mali ist eigentlich ein reiches Land: Im Jahr 1235 christlicher Zeitrechnung ließ der Monarch des damaligen gleichnamigen Kaiserreichs, des Empire du Mali, den internationalen Goldpreis in den Keller fallen, als er mit einer größeren Menge des Edelmetalls in Mekka auflief. Auch heute finden sich im Südteil der Republik, in der Nähe der Grenze zur Côte d'Ivoire (Elfenbeinküste), noch größere Vorkommen. Für die Bevölkerung fällt dabei freilich nicht einmal ein Bruchteil der Erlöse ab. Sofern die Gewinne nicht in die Herkunftsländer der Betreiberkonzerne abfließen, dienen sie zur Bezahlung der Auslandsschulden Malis. Das Land hat in den letzten Jahrzehnten – mit der Zinslast – bereits insgesamt siebenmal so viel bezahlt, wie es netto an Schulden aufgenommen hatte. Mutmaßlich analphabetische Bäuerinnen berichten über heftige Agrarkonflikte im Süden des Landes, in der Region von Ségou. Sie reden über Wasser, das vom Office du Niger – der Behörde, die für die Verteilung der Wasser des Niger-Stroms zuständig ist – von den eigentlich zur Bewässerung vorgesehenen Feldern auf die Bananen-Exportkulturen umgeleitet wird. Letztere gehören einheimischen Reichen, die auf die Komplizenschaft von Richtern und Gendarmen bauen können. Über Wasserrechnungen, die trotzdem bezahlt werden müssen („nur 58 von 250 Feldern erhielten tatsächlich Wasser“), und über brutale Misshandlungen durch die Gendarmerie: „Ein Mann, der sich über die Wasserrechnung beschwerte, wurde durch die Gendarmen vor seiner Frau und Kindern nackt ausgezogen und geschlagen, danach transportierten sie ihn ab.“ Die Frauen meinen, die Zeiten seien vorbei, wo man darauf bauen konnte, dass ihresgleichen sich nicht für Politik interessiere. Hier findet Sozialforum at it's best statt.

(Bernard Schmid)