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Gegen Bush und G8:

Polizeiaufgebot absurd

Vom 12. bis zum 14. Juli hat US-Präsident George Bush der Bundesrepublik eine Stipvisite abgestattet. Bundeskanzlerin Merkel hatte ihn nach Stralsund und Umgebung eingeladen. Für die Friedensbewegung war das natürlich ein trefflicher Grund, gegen die Kriege der USA im Iran, Afghanistan und anderswo zu demonstrieren (wobei natürlich der deutsche Anteil daran nicht vergessen wurde). Begleitet wurden die Proteste von einem grotesken Polizeiaufgebot, wie es auch zur gleichen Zeit in St.Petersburg zu sehen war, wohin Merkel und Bush im Anschluss zum G-8-Gipfel reisten. (Die G8 ist die Gruppe der mächtigsten Industriestaaten.) Von dort wurden zahlreiche Verhaftungen und eine massive Einschüchterung der Opposition im ganzen Land berichtet.

Wir sprachen unterdessen mit Pedram Shahyar, der Mitglied im Koordinierungskreis von ATTAC und dort für die Vorbereitung der Proteste gegen den G-8-Gipfel 2007 in Heiligendamm bei Rostock zuständig ist. Er hat außerdem an der Organisierung der Anti-Bush-Demonstration in Stralsund mitgewirkt. (wop)

LinX: 4.000 Menschen haben gegen den Besuch des US-Präsidenten George W. Bush demonstriert. Sind Sie mit der Mobilisierung zufrieden?

Pedram Shahyar: Ja. Wir hatten nicht erwartet, dass mitten in der Woche zehntausende Menschen demonstrieren würden. Stralsund ist ja eine relativ kleine Stadt, und in der Nähe gibt es auch keine größeren Ballungszentren. Außerdem war die Demonstration relativ kurzfristig vorbereitet worden, so dass nicht damit zu rechnen war, dass überregional viele zu mobilisieren sind. Es ging eher darum, klar zu machen, dass Bush, egal wo und wann er nach Deutschland kommt, mit Protest zu rechnen hat. Dieses Zeichen konnte gesetzt werden.

LinX: Das Polizeiaufgebot war ja gigantisch. Kann es sein, dass die Regierenden langsam paranoid werden?

P.S.: Ein bisschen Paranoia ist sicherlich dabei. 12.500 Beamte in der kleinen Stadt einzusetzen, ist mehr als übertrieben, und die Abriegelung der Innenstadt sowie die Tatsache, dass dort jegliche Demonstration verboten wurde, ist ein Skandal. Aber ich denke, es ging auch darum, ein bisschen für den G-8-Gipfel im nächsten Jahr zu üben, der ja ebenfalls in Mecklenburg-Vorpommern stattfinden wird. Schon der Einsatz am 1. Mai, als in Rostock 5.000 Polizisten massiv eine antifaschistische Demonstration behindert haben, war reichlich absurd und sicherlich in diesem Zusammenhang zu sehen.

LinX: Der Besuch eines einzigen Mannes reicht aus, um das Demonstrationsrecht so stark zu beschneiden. Was lässt das für die Proteste gegen den G-8-Gipfel im nächsten Jahr erwarten?

P.S.: Voraussichtlich wird man versuchen, das Ostseebad Heiligendamm weiträumig abzusperren. Das Polizeiaufgebot wird  sicher- lich noch größer sein, und man wird versuchen dafür zu sorgen, dass kein Demonstrant in die Nähe des G-8-Gipfels kommen kann. Aber ich glaube, das wird nicht leicht fallen. Im nächsten Jahr geht es um eine andere Größenordnung an Protest. Es sind nicht nur eine Großdemonstration sondern auch massive Aktionen zivilen Ungehorsams geplant.

LinX: Wie laufen die Vorbereitungen dieser Proteste?

P.S.: Sehr gut. Wir spüren eine unglaubliche Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Bereits vor einem Jahr, das heißt zwei Jahre vor dem Gipfel, ist das Thema langsam in unterschiedlichen Spektren der sozialen Bewegungen durchgedrungen. Inzwischen beteiligen sich bereits sehr viele an den Vorbereitungen. Das reicht von entwicklungspolitischen Nichtregierungsorganisationen bis hin zu  links- radikalen Autonomen. Das Besondere ist eine neuartige Bereitschaft zur Zusammenarbeit, die ich in den vergangenen Mobilisierungen so nicht erlebt habe. Zur internationalen Aktionskonferenz am 10. und 11. November, die der weiteren Vorbereitung der Proteste dient, werden voraussichtlich alle Spektren kommen.

LinX: Wie sieht es vor Ort aus? Bilden sich örtliche Bündnisse, die sich an der Vorbereitung beteiligen?

P.S.: Die sozialen Bewegungen und linken Gruppen in der Region sind natürlich schon aktiv. Bündnisse haben sich auch schon gebildet. In mehreren Veranstaltungen in Rostock und Bad Doberan, dort zum Beispiel letzte Woche, haben die örtlichen Aktivisten über den Gipfel und die Proteste informiert. Es ist allerdings so, dass schon jetzt in der Region  eine unglaubliche Medienkampagne läuft. Die Demonstranten werden als Chaoten dargestellt und die Proteste in einem Weltuntergangsszenario ausgemalt. So als ob zehntausende Schwarzvermummter wahrscheinlich die ganze Stadt in Brandt stecken. Wir haben es ein bisschen geschafft, diese Stimmung, die da gemacht wird, mit der ersten Vorbereitungskonferenz im März in Rostock aufzubrechen. Doch die Medienkampagne ist immer noch sehr intensiv. Es ist noch ein Jahr Zeit, und es wird entscheidend sein, unser Anliegen stärker in der Region zu verwurzeln. Dazu dient auch das Protestcamp „Camp Inski“, das vom 4. bis zum 13. August an der Ostsee in der Nähe  Heiligen- damms stattfindet. Von dort aus soll es unter anderem verschiedene Gespräche mit der Bevölkerung in Heiligendamm, Bad Doberan und in Rostock geben.

Infos im Internet:
camp06.org
www.gipfelsoli.org/Heiligendamm.html
www.g8-2007.de