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Broschüre „Antimilitaristische Stadtrundfahrt“ erschienen

Am 29.06.2006 wurde in Kiel-Wik am Marinestützpunkt im Tirpitzhafen die neue Einsatzflottillie 1 als größter Verband der deutschen Marine in Dienst gestellt. Damit verfügt die Flotte künftig über 14 U-Boote, 21 Minensucher, 10 Schnellboote und fünf Korvetten. Mit dem Einsatzgruppenversorger und den Fregatten stehen so alle Einsatzmittel bereit, die für weltweite, küstennahe Einsätze benötigt werden:. Erst vor kurzem wurde die Tirpitzmole für 20 Mio. umgebaut und kann jetzt komplette NATO-Verbände mit Energie,  Frischwasser, Schwerlast, Telefon, Fernsehen, IT-Systemen usw. versorgen. Für die Marine bedeutet dies ein wichtiger Schritt bei der  Aufrüstung und Umstrukturierung weg von der Verteidigung hin zu einem interventionsfähigen Verband, um die deutschen Interessen  weltweit auf allen Meeren und vor allen Küsten militärisch durchsetzen zu können. Dies entspricht der praktischen Umsetzung der Verteidigungs-
politischen Richtlinien von 2003, in welcher die neuen Ziele für die deutsche Marine formuliert werden. Angesichts des härter werdenden internationalen Wettbewerbs geht es der deutschen Wirtschaft darum, den weltweiten Handel sicherzustellen und den Zugriff auf die knapper werdenden Rohstoffe zu garantieren.

Die Stadtoberen begrüßen die Stationierung und den Ausbau des Marinestandorts Kiel. Die aktuelle Entwicklung passt in die  geschicht- liche Tradition der Stadt. Nach der Benennung zum Reichskriegshafen 1871 verwandelte sich Kiel innerhalb weniger Jahrzehnte vom Kleinstädtchen zur Großstadt. Fortan war die Geschichte Kiels eng mit Militarismus und Kriegsproduktion verbunden. Um 1900 war Kiel die bedeutendste Marinestation des Deutschen Reiches. Es waren etwa 50.000 Militärangehörige in Kiel und Umgebung stationiert und die Deutsche Flotte hatte 350 Kriegsschiffe. 1935 wurde Kiel nach dem Beginn der NS-Herrschaft zur „Stadt der Kriegsmarine“. Mit dem Einsatz von Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen und KZ-Häftlingen wurde in Kiel für den 2.Weltkrieg gerüstet, mit dem die deutsche Industrie ihre weltweiten Interessen militärisch durchsetzen wollte. Die Auswirkungen und Folgen dieses Krieges sind bekannt. Kiel wurde wegen seiner militärischen Bedeutung zu 80% zerstört. Die Werften wurden zu 95 % zerbombt und durch die Demontage der Rüstungsbetriebe sollte verhindert werden, dass Kiel jemals wieder zu einem Kriegsmarinehafen wird. Jedoch schon 1956 wurde, mit Unterstützung von England und den USA die deutsche Marine mit einem Stützpunkt in Kiel wieder aufgebaut. 1961 lief bei HDW das erste deutsche Nachkriegs U-Boot vom Stapel. Heute ist Kiel, obwohl der Stadt ihre Rüstungsanstrengungen schon zweimal zum Verhängnis wurden, bereits wieder mitten auf diesem menschenfeindlichen Weg.

Daneben ist die Geschichte der Stadt genauso geprägt von Widerstand gegen Militarismus und von fortschrittlichen Forderungen nach einer Welt ohne Ausbeutung und Militär. Besonders deutlich und geschichtlich bedeutsam zeigte sich dieser beispielsweise in der Novemberrevolution von 1918. Um auf die widersprüchliche und bunte Kieler Geschichte zu erinnern und um die aktuelle Situation darzustellen, erschien zur diesjährigen Kieler Woche die Broschüre „Antimilitaristische Stadtrundfahrt“. Auf 50 Seiten gibt sie einen Überblick über die wichtigsten Kieler Rüstungsbetriebe sowie über geschichtliche und aktuelle Entwicklungen des Militärstandortes. Ebenso wird an verschiedenen Denkmälern und dem Umgang der Stadt damit die widersprüchliche Kieler Geschichte verdeutlicht. Ausgewählte Touren zu Fuß, per Fähre oder Fahrrad laden ein zum Erkunden der Stadt. Eine Stärke an der Broschüre ist, dass sie eindeutig Position bezieht und auch an jüngere antimilitaristische Aktionen erinnert und mögliche antimilitaristische Perspektiven aufzeigt.

Broschüre „Antimilitaristische Stadtrundfahrt“, herausgegeben vom „Arbeitskreis Antimilitaristische Stadtrundfahrt“ des Antikriegsbündnisses Kiel, Preis: 3.-€

Erhältlich in den Kieler Buchläden „Zapata“ und „Trau-Dich“

oder per Bestellung bei: AG Antimilitaristische Stadtrundfahrt,

c/o Ini-Zentrum, Schweffelstr. 6, 24118 Kiel