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Kommentar:

Abgestraft

Wenn, ja wenn dieses System etwas mit Demokratie, also mit Volksherrschaft, zu tun hätte, dann gebe es nun eine große Debatte, was denn da falsch gelaufen ist, woher denn die tiefe Frustration der Wahlbe-
rechtigten (ein nicht kleiner Teil der Arbeiterklasse bleibt weiter von den Wahlen ausgeschlossen) und ihre große Entfremdung vom politischen Personal sämtlicher Parlamentsparteien kommt. Bei den Wahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern sank die Beteiligungen auf neue Rekordtiefstände, aber auch jene, die sich noch mal aufraffen konnten, taten es selten in der Hoffnung, dass ihre Stimmen etwas bewirken würden. Den Politikern aller Coleur schlägt in den sozialen Notstandsgebieten der Republik, zu denen der Nordosten und die Hauptstadt zählen, tiefes Misstrauen entgegen.

Das betrifft ganz offensichtlich auch die L.PDS, die in Berlin heftig für ihre Regierungsbeteiligung abgestraft wurde. In ihrer Hochburg, dem Bezirk Marzahn-Hellersdorf, verlor sie über 30 Prozentpunkte. In absoluten Zahlen halbierte sie ihre Stimmen und ist nach fünf Jahren in der Koalition mit der SPD auf ihren Stand von 1990 zurückgeworfen. Der größte Teil der PDS-Wähler zog es vor zuhause zu bleiben. Nur ein geringerer Teil machte sein Kreuz bei der Wahlalternative. Die hat ihre Hochburgen in jenen westlichen Stadtteilen, in denen sich die Armut konzentriert, es aber ein gewachsenes linkes Milieu und ein enges Zusammenleben von Einheimischen und Einwanderern gibt.

Ziemlich lächerlich sind derweil jene Erklärungsmuster, wie sie auch von der Spitze der hiesigen L.PDS zu hören waren, nach der die Berliner L.PDS wegen des Streits mit der WASG und des getrennten Antritts so schlecht abgeschnitten habe. Der Meinung kann man eigentlich nur sein, wenn man noch nie von der Hauptstadt der Ein-Euro-Jobs (rund 30.000), von Tarifflucht, Wohnungsprivatisierung, Schließung von Stadtteilbüchereien und Schwimmbädern gehört hat. Die Berliner L.PDS hat jede Kritik der WASG an dieser  neoliberalen Politik an sich abperlen lassen, und die Hoffnung, dass es nach dem Desaster endlich ein Umdenken gibt, wird vergebens sein. L.PDS-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch zum Beispiel ist derzeit dabei, gegen die Antiprivatisierungskampagne, mit der ihm ein Parteitag beauftragt hat, zu wühlen. Eine solche Linke sollten wir uns ersparen.

      (wop)