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"AUßENVOR" statt mittendrin

Stoppt die Zerschlagung unserer Kieler Stadtwerke!

Der derzeitige Mehrheitsseigner der Stadtwerke Kiel, der Mannheimer Energieversorger (MVV) ist dabei, massiv Arbeitsplätze abzubauen und die Energiepreise für die Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen. Als hätten wir es nicht längst gewusst – die Versprechen der Stadt Kiel und ihrer privaten Partner verkehren sich immer deutlicher ins Gegenteil:

• Reduzierung der Investitionen auf ein Drittel

• Halbierung der Belegschaft

• Schädigung der gesamten Region

(Eine intern gestrichene Personalstelle vernichtet zwei Arbeitsplätze außerhalb der Stadtwerke!)

„Leere Kassen“ – Haushaltssanierung gescheitert !

Im Jahr 2001 beschloss die Kieler Ratsversammlung, 51% unseres wirtschaftlich stärksten Kommunalbetriebes, der Kieler Stadtwerke, an den Texanischen Rentenfond TXU-Europa zu verkaufen. Der Grund dieser Entscheidung war die desolate Haushaltslage der Landeshauptstadt Kiel. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass der einmalige Verkaufserlös von 230 Mio. Euro netto die damaligen städtischen Schulden von 391 Mio. Euro nicht saniert, sondern lediglich kurzfristig für fünf Jahre reduziert hat und wir heute den gleichen Schuldenstand wie vor dem Verkauf erreicht haben. Dabei flossen vor der Privatisierung die gesamten Gewinne der Stadtwerke noch in den städtischen Haushalt und kamen der Allgemeinheit, etwa der KVG, zugute. Jetzt wird mehr als die Hälfte der Gewinne der Stadt entzogen, und Kiel leidet mehr denn je an Geldnot. Um den städtischen Haushalt wirklich nachhaltig zu sanieren, bedarf es einer anderen Steuerpolitik auf Bundesebene, die Gewinne und Vermögen besteuert und die von der Bundesregierung eingefordert werden muss.

IN DER FINANZNOT SIND WIR MITTENDRIN – DIE EINNAHMEN BLEIBEN AUßEN VOR !

Ist Privatisierung die Lösung ?

Allem Glauben an die Übermacht des starken strategischen Partners zum Trotz ging TXU-Europa schon ein Jahr später pleite. Die Gewinne aus Einsparungen von Investitionen, aus Veräußerungen von Vorratsgeländen und Werkwohnungen unserer Stadtwerke hatten die texanischen RentnerInnen abgezogen, während der Mutterkonzern in Dallas keine Haftung für die Pleite übernehmen brauchte.
Immer noch der Überzeugung anhaftend, dass Private alles besser können, fanden unsere Kieler Stadtvertreter und -vertreterinnen im Jahr 2004 einen neuen Anteilseigner, den Mannheimer Energieversorger MVV, der die Anteile für einen Spottpreis von 125 Mio. Euro bekam.

MVV ist ebenfalls ein börsennotiertes Unternehmen, das neben den 51% Kieler Stadtwerkeanteilen noch weitere Anteile an den Stadtwerken Offenbach, Ingolstadt, Solingen, Köthen und Buchen hält und darüber hinaus an Fernwärmeunternehmen in Polen und Tschechien beteiligt ist.

MVV zerschlägt unsere Stadtwerke

Seit MVV im Besitz der Mehrheitsanteile ist und über das operative Geschäft bestimmt, ist der Konzern dabei, die verschiedenen Geschäftsbereiche zu zerlegen. Bisher waren diese unter dem Dach der einzelnen Stadtwerke zusammengefaßt. Inzwischen wurden sie in konzernweit operierende GmbH´s ausgegliedert, sodass zum Beispiel das Abrechnungswesen (Billing), die Energiedienstleistungen (EDL), die Informationstechnologie (IT), das Zähl- und Messwesen (Metering) und der Netzbetrieb zentral gesteuert werden. Bislang ist Kiel an drei dieser Gesellschaften bereits beteiligt und das bedeutet schon weiteren Personalabbau. Zwei weitere sollen folgen. Vor allem der personalintensive Servicebereich soll ausgegliedert und aufgelöst werden. Durch diese Konzentrierung der Tätigkeitsfelder fallen hunderte Arbeitsplätze weg. Neben den bei der Übernahme der Kieler Stadtwerke durch die MVV angekündigten 300  Stellenein- sparungen bis 2008 sollen jetzt weitere 150 Arbeitsplätze abgebaut werden. Von ehemals 1.300 Beschäftigten sollen dann mittelfristig nur noch 600 Arbeitsplätze übrig bleiben.

Das bedeutet, dass jeder zweite Beschäftigte die Arbeit verliert!

Bis zum Jahresende 2006 sollen bereits 107 ältere Kolleginnen und Kollegen durch eine erweiterte Altersteilzeitregelung mit finanziellen Einbußen bei Gehalt und Rente in den Vorruhestand abgeschoben werden. Weitere 150 sollen durch Abfindungen aus dem Unternehmen gedrängt werden. Besonders das ältere Personal verfügt über einen unschätzbaren Umfang an Fachwissen und Erfahrungen über den Betrieb, der somit unwiederbringlich verloren geht. Für die Verbleibenden führen Arbeitsverdichtung und sich ständig verändernde Arbeitsabläufe zu Stress und Demotivierung. Der ehemals eigenständige Betrieb Stadtwerke Kiel mit einem Anlagevermögen von 600 Mio. Euro steht heute vor einer langfristigen Vernichtung.

DIE AKTIONÄRE SIND MITTENDRIN – KIEL IST AUßEN VOR !

Auswirkungen der Netzdurchleitungsgebühren

Der Grund für weitere Entlassungen und Kosteneinsparungen ist angeblich die von der Bundesnetzagentur vorgeschriebene Senkung der Netzdurchleitungsgebühren. Ursprünglich sollte sie dazu dienen, die Energiepreise für die Verbraucher gering zu halten und überhöhte Gewinne der Energiekonzerne zu verhindern. In Kiel wird dieses bundesweite Regularium missbraucht, obwohl der Regulator die Personalkosten anerkannt und die kalkulatorischen Kosten gestrichen hatte, die die Gewinne enthalten. Statt die Gewinne zu schmälern, sollen in Kiel die Beschäftigten die verordneten Einnahmeverluste von 10,1 Mio. Euro durch Entlassungen und Lohneinbußen auffangen. Warum haben die Aktionäre mehr Rechte auf ihre Dividende als die KollegInnen ein Recht auf Arbeitsplatz und Lohn?

DIE RENDITEN SIND MITTENDRIN – DIE BELEGSCHAFT IST AUßEN VOR !

Kommunale Daseinsvorsorge in Gefahr

Der Mannheimer Versorgungskonzern ist, wie jedes andere börsennotierte Unternehmen, in erster Linie am Gewinn orientiert und nicht an der Bereitstellung einer optimalen und kostengünstigen Versorgung. Deshalb zeigt er kein Interesse am Besitz und Erhalt der Kieler Stadtwerke, sondern allein an deren Betriebsführung, da dies der Schlüssel zur Reduzierung von Investitionen und Einsparungen ist. Damit kann MVV die Gewinne erhöhen und Profite aus dem ehemals kommunalen Betrieb erwirtschaften, die nicht mehr dem städtischen Haushalt, also dem Gemeinwohl, zugute kommen.

Privatisierungen haben immer die gleichen Folgen:

• die Versorgungssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger ist nicht mehr gewährleistet,

• die Qualität der Dienstleistungen sinkt,

• die Energie- und Wasser-Preise steigen,

• Arbeitsplätze werden massiv abgebaut. Die Kosten der Arbeitslosigkeit zahlt aber die Gesamtgesellschaft. Die Arbeitsbedingungen und Einkommen der verbleibenden ArbeitnehmerInnen verschlechtern sich zunehmend,

• die demokratischen Entscheidungs-, Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten der Kommune werden immer mehr aufgegeben.

Kommunale Betriebe der Daseinsvorsorge dienen der gerechten Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger am öffentlichen Leben. Unsere Stadtwerke etwa sollen eine Grundversorgung für alle sicherstellen, die qualitativ hochwertig und trotzdem bezahlbar ist. Geben wir diesen öffentlichen Bereich auf, werden eines Tages nur noch diejenigen Strom, Wasser, Gas und Fernwärme dauerhaft beziehen, die es sich leisten können. Der solidarische öffentliche Sektor muss erhalten bleiben!

DIE AKTIONÄRE SIND MITTENDRIN – DIE VERSORGUNG IST AUßEN VOR !

Keinen weiteren Anteilsverkauf der Stadtwerke !

Die Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz verhandelt bereits hinter verschlossenen Türen über weitere Anteilsverkäufe der Stadtwerke an MVV. Der Stadt soll dies erneut kurzfristige Einnahmen in den Haushalt spülen. MVV ist an so vielen Anteilen wie möglich interessiert, da es mehr Entscheidungsmöglichkeiten im Aufsichtsrat bedeutet. Das Bündnis Kielwasser lehnt weitere Anteilsverkäufe entschieden ab. Je mehr Anteile der Stadtwerke privatisiert werden, desto mehr demokratische Mitbestimmung über Betriebsführung, gerechte Energie- und Wasserpreise sowie sichere und auskömmliche Arbeitsplätze gibt die Stadt damit aus der Hand. Wir entlassen die KommunalpolitikerInnen nicht aus ihrer Verantwortung!

Wir fordern:

• Keine Zerschlagung der bewährten Betriebsstrukturen !

• Keine Verlagerung wichtiger Geschäftsbereiche aus Kiel – Erhalt sämtlicher Servicebereiche für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort !

• Kein Personal- und Stellenabbau – Erhalt aller Ausbildungs- und Arbeitsplätze !

• Keinen weiteren Anteilsverkauf der Stadtwerke!

• Für die vollständige Rekommunalisierung unserer Kieler Stadtwerke – unter einer engagierten demokratischen Kontrolle !

www.buendnis-kielwasser.de

Was können wir tun?

Überall in der Welt wächst das Bewusstsein, dass Betriebe der Daseinsvorsorge nicht in die Hände von gewinnorientierten Unternehmen gelangen darf.

• Wenn Sie diese Argumente überzeugen, dann sprechen Sie mit Ihren Freunden, Bekannten und KollegInnen darüber.

• Schreiben Sie Protest-Briefe
 an die Oberbürgermeisterin Angelika Volquartz, Rathaus, Fleethörn 9, 24103 Kiel, E-Mail: angelika.volquartz@kiel.de und die beiden parteipolitischen Vertreter der Stadt im Aufsichtsrat: Gerd Reimers (CDU) Felsenstraße 27, 24147 Kiel, E-Mail: gerei@t-online.de und Jürgen Hahn (SPD) Hasselteich 6, 24109 Kiel, E-Mail: post@spd-fraktion-kiel.de

• Beteiligen Sie sich an Aktionen gegen die Privatisierung unseres Kieler Wassers und anderer Bereiche öffentlicher Daseinsvorsorge, wo immer Sie von solchen Aktionen hören.

• Kommen Sie zu den Treffen von Bündnis-Kielwasser, das sich jeden 2. und 4. Montag im Monat um 19.00 Uhr in der Pumpe, Haßstraße 22 in Kiel trifft. Jede und Jeder ist herzlich willkommen.

Aus einem Flugblatt des Bündnis Kielwasser (Attac-AG). Erschienen zur Betriebsversammlung der Kieler Stadtwerke am 18.12.2006

(uws)