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auf & davon

Zum Jahresende wurde in Spanien Bilanz gezogen. Rund 32.000 afrikanischen Flüchtlingen war die riskante Überfahrt auf die kanarischen Inseln gelungen. Mehrere Tausend Menschen starben bei dem Versuch, den Außenposten der EU zu erreichen. Nach dem Marokko auf Drängen der Europäer, nicht zuletzt der Christen und Sozialdemokraten, die in Berlin regieren, das Vorgehen gegen durchreisende Flüchtlinge massiv verschärft hat, ist die Überfahrt auf kaum seetüchtigen Booten von Mauretanien einer der letzten Wege, die den Verzweifelten noch halbwegs offen stehen.

ATTAC Marokko berichtet unterdessen Anfang Januar was für barbarische Züge die von Berlin und Brüssel inspirierte Politik in dem Maghreb-Land annimmt: „Seit dem 23. Dezember wurden in verschiedenen marokkanischen Städten mehrere hundert subsaharische Migranten, Flüchtlinge und Asylsuchende, die in Marokko leben festgenommen, und über die algerische Grenze in der Region von Oujda ausgewiesen. Insgesamt über 400 Menschen, darunter Frauen, Kinder, Kranke und Behinderte, sind so abgeschoben worden. 250 bis 300 ist es gelungen, nach Oujda zurückzukommen, und bis heute haben wir keine Nachricht von den über hundert anderen. Aber viele sind in einem schrecklichen Zustand zurückgekommen, verletzt, weil sie in der Nacht laufen mussten, verstört wegen der Schüsse, die die marokkanische Armee in die Luft abgegeben hat, um sie dazu zu bringen, sich weiter auf algerisches Gebiet zu bewegen. Mehrere Frauen wurden vergewaltigt, unter ihnen zwei Schwangere. Soldaten, Polizisten, Straßenräuber? Marokkaner, Algerier...? Sie wissen es nicht. Seit ihrer Ankunft in Oujda sind alle Migranten in einem sehr prekärem Zustand, die meisten sind auf der Straße und schlafen unter freiem Himmel (die Nächte sind kalt in Oujda), nur einigen wenigen ist es gelungen, eine Herberge zu finden. Die Organisationen vor Ort versuchen mit dem, was sie haben, zurecht zu kommen, um die Menschen mit Essen zu versorgen. Es fehlen die Mittel, und die Polizei verweigert zur Zeit, die Migranten, ob sie Flüchtlinge sind oder nicht, ob mit Papieren oder ohne, nachhause zurückkehren zu lassen. (...) Am 2. Januar hat eine junge Frau aus dem Kongo, die unterwegs vergewaltigt wurde, ihr Baby verloren. Sie war im fünften Monat schwanger. Seit der Vergewaltigung steht sie unter Schock und spricht nicht mehr. Die marokkanische Regierung ist offensichtlich verantwortlich für alle Konsequenzen für die körperliche und seelische Integrität der Migranten, und für die Ausweisungen unter diesen unmenschlichen Bedingungen, die ohne jede Berücksichtigung der Menschenrechte durchgeführt werden. Aber diese Verantwortung betrifft auch die Europäische Union, die in den Verträgen mit den Ursprungs- und Transitländern die Repression gegen Migranten zu einer Bedingung für wirtschaftliche Verträge und Partnerschaften mit diesen Ländern macht. (...)“ Schreibt Protestfaxe: Driss Jenou, Premier ministre (Premierminister), Fax : +212 37 76 86 56, Chakib Benmoussa, Ministère de l’Intérieur (Innenminister), Fax : +212 37 76 20 56

Bei Abschiebeflügen im Auftrag deutscher Behörden sollen nach einem Bericht des Spiegel (49/2006) von der Pakistan International Airlines (PIA) Laien als Begleitpersonen eingesetzt worden sein. Drei dieser „Abschiebeamateure“ hatten dem Spiegel gegenüber von geplanten Einsätzen an drei Terminen berichtet. Das Entgelt für die Begleiter sollte ein Freiticket sein. Mit 14 Fluglinien, die ähnliche Begleitservice anbieten, hat der Bund inzwischen Vereinbarungen geschlossen. Nach den Schilderungen der PIA Abschiebebegleiter werde ihnen nahegelegt, Abzuschiebende - etwa beim Flug nach Afghanistan - nicht bei Zwischenstopps in Drittstaaten aussteigen zu lassen. Kommt die Abschiebung nicht zustanden, so die Schilderung der Begleiter, mussten sie ihre Freitickets wieder zurückgeben. Eine der auf diese Weise durchgeführten Abschiebungen war bereits in den Blick der Öffentlichkeit geraten. Ein Verkäufer aus einem Geschenkeladen in Mainz habe für die PIA einen afghanischen Staatsangehörigen begleiten sollen. „Der Stationsmanager der PIA habe diesmal gewarnt, dass einer der Abschiebekandidaten Probleme machen könnte, bereits einmal in Amsterdam entwischt sei. Zwei Polizisten führten schließlich Farid M., 35, bei dem schon einmal eine Abschiebung am Frankfurter Flughafen gescheitert war, die Gangway hoch. Oben, so erinnert sich Nasir A. standen zwei Eskortmänner, die ihn in Empfang nehmen sollten. Doch statt mit ihnen einzusteigen, stürzte sich M. über die Treppenbrüstung aus fünf Metern in die Tiefe. M. schlug auf dem Beton auf, erlitt 'multiple Brüche' in beiden Füßen, wie Klaus Ludwig, Sprecher der Bundespolizei am Flughafen, bestätigt.“ Da das Ganze noch auf deutschen Boden, vor dem Schließen der Flugzeugtüren passierte, kann sich auch die Bundespolizei nicht von einer gewissen Verantwortung freisprechen.

Die Asylbewerberzahlen werden von Amts wegen nach oben geschraubt. Ein Viertel aller Asylanträge werden nämlich für in Deutschland geborene Kinder gestellt. Darauf weist die Linksfraktion im Bundestag hin. In einer schriftlichen Frage an die Bundesregierung hatte sie sich erkundigt, wie viele der seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes gestellten Asylanträge von Amts wegen gestellt wurden. Aus den jetzt von der Bundesregierung vorgelegten Zahlen geht hervor, dass 27 Prozent - entsprechend 12.100 von 46.600 Anträgen - der bis Oktober 2006 gestellten Asylanträge nicht von neueingereisten Asylsuchenden gestellt wurden, sondern von Amts wegen für die hier geborenen Kinder. Da Neugeborene hierzulande kaum politisch verfolgt sein können, wirkt sich das auf die Anerkennungsquote aus. Den entsprechenden Effekt hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge allerdings bislang nicht statistisch dargestellt. Trotz dieser Taschenspielertricks ist die Zahl der Asylanträge von Januar bis November 2006 im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres um 27,3 % gesunken.

Nach einem Besuch der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber am Frankfurter Flughafen forderte der innenpolitische Sprecher der hessischen Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Jürgen Frömmrich, Änderungen bei der Unterbringung von minderjährigen Flüchtlingen. Der Anlass für den Besuch in der Aufnahmeeinrichtung war die Berichterstattung über den Fall eines fünfjährigen Mädchens aus Nigeria. Das Mädchen war fast eine Woche in der Flüchtlingsunterkunft untergebracht, ohne das eine qualifizierte Betreuung sichergestellt wurde. Die Mutter des Flüchtlingskindes musste nach der Einreise ins Krankenhaus eingeliefert werden, so dass die Fünfjährige allein in der Unterkunft verblieb.

        (wop)