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Kieler Landtag beschließt verschärftes Polizeirecht

Schleswig-Holstein hat am 22. Februar mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU und SPD die Verschärfung des Polizeirechts beschlossen. Überwachungs- und Kontrollbefugnisse der Polizisten im Kampf gegen Terrorismus und Schwerkriminalität werden  deut- lich erweitert. FDP, Grüne und SSW lehnten das neue Gesetz ab. Sie haben, wie auch Juristenverbände und Datenschützer, erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Zu den umstrittenen Punkten zählen die Videoüberwachung, die automatische Aufzeichnung von Autokennzeichen und die Telefonüberwachung. Innenminister Ralf Stegner (SPD) wies die Kritik zurück. Das Gesetz sei liberal und verfassungsgemäß.

„Kein Orwellscher Überwachungsstaat"

Das neue Polizeirecht sei praxistauglich und ermögliche einen wirksamen Schutz der Bürger vor Verbrechen, sagte Stegner.  "Ein- griffsintensive Maßnahmen stehen unter Richtervorbehalt", betonte der Innenminister. Schleswig-Holstein werde "kein Orwellscher Überwachungsstaat". SPD-Innenexperte Klaus-Peter Puls sagte: „Wir dürfen für die Freiheit nicht den Tod von Menschen in Kauf nehmen." Er verwies auf „konkrete terroristische Vorbereitungsaktivitäten vor unserer Haustür" in Hamburg und Kiel.

Opposition prüft Klage

FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki wertete das Gesetz als teils verfassungswidrig. Es leiste der „Jedermannüberwachung" Vorschub und erschwere mit unbestimmten Rechtsbegriffen die Polizeiarbeit. „Ein unpräzises Gesetz verleitet geradezu zu Fehlern und birgt damit ein hohes Risiko für die Beamten", sagte Kubicki, der bereits im Vorfeld angekündigt hatte, die Möglichkeiten einer Klage zu prüfen.

"Ein schlechtes Gesetz"

Karl-Martin Hentschel, Fraktionschef der Grünen, kritisierte, dass es für die Maßnahmen keine sachliche Begründung gebe. Besonders gravierend sei die Einschränkung des Schutzes der Kommunikation zwischen Anwälten, Ärzten und Journalisten mit Klienten, Patienten und Informanten. Anke Spoorendonk vom SSW resümierte: "Das neue Polizeirecht ist ein schlechtes Gesetz."

Unverhältnismäßige Einschränkungen des Datenschzutzes

Der Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert erklärte, er erkenne in dem Gesetzesentwurf „teilweise unverhältnismäßige  Ein- schränkungen" des Datenschutzes. Problematisch sei vor allem der Umgang mit Telefonüberwachung, Schleierfahndung und Kfz-Kennzeichen-Scanning.

JuristInnen kritisieren die ‚Jedermannüberwachnung’

Mit dem geplanten Gesetz würden nicht bloß Regeln für die Polizei an die aktuelle Sicherheitslage angepasst, sondern eine Überwachung und Erfassung von Jedermann ermöglicht, kritisierten die JuristInnenverbände. Polizeiliche Aufgaben würden nicht genau definiert. Außerdem sei fraglich, ob die Gesetzesanpassungen erforderlich, geeignet und angemessen seien.

csk