Die Grünen in Schleswig-Holstein haben Klage beim
Bundesverfassungsgericht wegen der Fünf-Prozent-
Hürde im Kommunalwahlgesetz eingereicht. Die Klausel
verletze die Chancengleichheit der Parteien und schade der Demokratie,
sagte Grünen-Landeschefin Marlies Fritzen. Anlass für die Klage
war die Ablehnung einer Gesetzesänderung, der Antrag wurde vom
SSW und der FDP unterstützt, durch die Große Koalition in Schleswig-Holstein
Ende vergangenen Jahres. CDU und SPD hatten ihr "Nein" unter anderem damit
begründet, dass Kommunalparlamente vor extremistischen Parteien geschützt
werden müssten.
Dazu sagte die Landesvorsitzende Marlies Fritzen (Grüne), „die Fünf- Prozent- Klausel verletzt die Chancengleichheit. Sie ist verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn dies zur Funktionsfähigkeit der Volksvertretung zwingend nötig ist. Das ist auf der kommunalen Ebene nicht der Fall. Im Gegenteil: Neue politische Ideen und Initiativen werden gerade im kommunalen Bereich geboren. Ihre Vertretung im Rat kann zu einer Bereicherung der Kommunalpolitik führen. Die Fünf-Prozent-Hürde führt aber oft dazu, dass solche Initiativen – und auch kleine Parteien – erst gar nicht gewählt werden, weil sie „ohnehin keine Chance“ haben. Das schadet der Demokratie. Der Ausschluss mehrerer kleiner Gruppen aus dem Parlament kann auch dazu führen, dass relevante Wähleranteile nicht repräsentiert sind. Die beiden großen Parteien erhalten oftmals nur dadurch eine Mehrheit im Rat, obwohl sie nicht von der Mehrheit der BürgerInnen gewählt wurden.“
Der Fraktionsvorsitzende Karl-Martin Hentschel sagte,
„ Auch das Argument, die Fünf-Prozent-Klausel schütze vor ExtremistInnen,
ist weit hergeholt. ExtremistInnen spielen erfahrungsgemäß immer
dort eine Rolle, wo es ihnen gelingt, vor Ort populäre Persönlichkeiten
als KandidatInnen aufzustellen. Dann kommen sie meist auch über fünf
Prozent. Im Übrigen ist es kein Zeichen für eine selbstbewusste
Demokratie, wenn sie versucht, durch Verletzung des Prinzips der Chancengleichheit
das Problem des Extremismus zu lösen.“
Zur Verfassungsklage der Grünen gegen die 5 %-Hürde bei Kommunalwahlen erklärt die Vorsitzende des SSW im Landtag, Anke Spoorendonk, „die Abschaffung der 5 %-Hürde ist keine Revolution, sonders ein überfälliger Schritt der Vernunft. Das haben die meisten Bundesländer auch längst erkannt und dieses Fossil abgeschafft. Niemand kann heute ernsthaft behaupten, dass die kommunale Demokratie von Splittergruppen bedroht wird. Die viel größere Gefahr geht heute von den erstarrten Strukturen der Kommunalpolitik aus, die viele Bürgerinnen und Bürger politikmüde machen und eine Bürgerinitiative nach der anderen auf die Palme bringen. Die Abschaffung der Sperrklausel kann zu einer Wiederbelebung der demokratischen Auseinandersetzung in den Kommunen beitragen. Es ist klar, dass die CDU und die SPD zögern, weil sie befürchten, durch eine größere Parteienvielfalt an Einfluss zu verlieren. Im Interesse der Demokratie sollte die Große Koalition sich aber trotzdem einen Ruck geben und die 5 %-Hürde endlich abschießen, bevor sie von Bundesverfassungsgericht zum Jagen getragen wird.“
Eine Fünf-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen gibt es außer in Schleswig-Holstein nur noch im Saarland, in Thüringen, Berlin, Hamburg und Bremen. Klagen der ÖDP und der PDS gegen die Fünf-Prozent-Klausel wurden in Schleswig-Holstein bisher nur aus formalen Gründen abgelehnt.
Die Forderung und Klage ist sicherlich richtig und überfällig. Allerdings sollte nicht vergessen werden dass die Grünen 2002 gegen eine FDP-Initiative zur Abschaffung der Fünf-Prozent-Hürde im Parlament gestimmt hatten. Offensichtlich war den Grünen die Einhaltung des Koalitionsvertrages mit der SPD wichtiger, als die Verfassung. Soviel zur Glaubwürdigkeit der Grünen und ihrer Überschrift in ihrer Presseerklärung „ Wider die Arroganz der Macht!“