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Vorratsdatenspeicherung:

Verfassungsklage eingereicht

Die seit längerem angekündigte Sammel-Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung ist eingereicht worden. 34.443 BürgerInnen beteiligten sich an der Aktion des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung. Karlsruhe liegen nun gleich mehrere Beschwerden vor, weitere könnten folgen.

GegnerInnen der Vorratsdatenspeicherung von Telefondaten haben am 29. Februar in Karlsruhe die angekündigten Massenklagen gegen das entsprechende Gesetz eingereicht. Zwölf Kisten mit einem Beschwerdeschriftsatz und 34.443 Vollmachten wurden dem Bundesverfassungsgericht übergeben. Aus ihrer Sicht verletzt die sechsmonatige Pflicht zur Speicherung sämtlicher Verbindungsdaten - Inhalte sind davon nicht betroffen - den Datenschutz.

Nach Angaben des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, der die Protestbewegung organisiert, handelt es sich um die größte Verfassungsbeschwerde seit Bestehen der Bundesrepublik. Die BürgerrechtlerInnen wehren sich gegen das seit 1. Januar 2008 geltende Gesetz, wonach Telefongesellschaften alle Verbindungsdaten von Telefonen und Handys sechs Monate lang speichern und gegebenenfalls an Strafverfolgungsbehörden weiterleiten müssen. Ab 2009 sollen auch Internetdaten, Internettelefonate und E-Mails erfasst werden.

Bereits am 31. Dezember 2007 hatte die Organisation acht Verfassungsbeschwerden mit Eilanträgen in Karlsruhe eingereicht. Aus organisatorischen Gründen konnten die Unterstützer die seit längerem angekündigte Sammelklage erst jetzt nachreichen, sagte ein Sprecher. Das Eilverfahren gegen die Vorratsdatenspeicherung wird bereits vom Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts bearbeitet. Die Entscheidung soll bis Ende März ergehen, wie Gerichtssprecherin Dietlind Weinland mitteilte.

Reichlich Arbeit für Karlsruhe

Die Massenbeschwerde ist nicht die erste Beschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung, die den Verfassungsrichtern vorliegt. Die FDP-RechtspolitikerInnen Burkhard Hirsch, Gerhart Baum und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger haben mit elf weiteren KlägerInnen - darunter PolitikerInnen, JuristInnen und JournalistInnen - einen eigenen Antrag eingereicht. Zudem haben die meisten Mitglieder der Grünen-Bundestagsfraktion Organklage sowie Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Burkhard Hirsch, der unabhängig vom Arbeitskreis klagt und selbst keinen Eilantrag eingereicht hat, sieht seine verfassungsrechtliche Kritik an der Datenspeicherung durch das jüngste Karlsruher Urteil zur Online-Durchsuchung bestätigt. Danach müsse ein gravierender Grundrechtseingriff immer durch eine konkrete Gefahr gerechtfertigt sein, eine allgemeine Gefährdungslage genüge dafür nicht. Bei der Vorratsdatenspeicherung würden dagegen ohne konkreten Anlass sechs Monate lang sämtliche Verbindungs- und  Handystand- ortdaten aufgezeichnet. „Die Zusammenführung derart vieler Verbindungsdaten über einen so großen Zeitraum ermöglicht Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile", sagte Hirsch. Eine solche allgemeine Vorfeldspeicherung von Daten sei nach der Rechtsprechung des Karlsruher Gerichts nicht zulässig.

Die bereits seit 1. Januar in Deutschland umgesetzte Vorratsdatenspeicherung (LinX 24/2007) setzt eine entsprechende Verordnung der EU um, von der noch nicht geklärt ist, ob sie rechtens ist: Die Regierung Irlands hatte Einspruch erhoben und Klage vor dem Europäischen Gerichtshof eingereicht. Auch hier steht eine Entscheidung noch aus.

(csk)