Beck stellt die Weichen für die Börse ... und pfeift auf seine Parteibasis!
Unter großem Getöse präsentierte SPD-Chef Beck seinen „Kompromiss“ zum Börsengang der Bahn und damit seine angebliche Führungsstärke. Großes Aufatmen in den Führungsetagen der SPD. Der Einstieg in die letzte große Privatisierung nach Telecom und Post kann beginnen. Der Beck’sche Kompromiss liefert dazu den politischen Durchbruch.
Bei der Präsentation dieses Kompromisses sollte es dem außen stehenden Beobachter stutzig machen, mit welch strahlender Miene die Beck’sche Lösung von Frau Merkel, Bahnchef Mehdorn und den Ministern Steinbrück und Tiefensee begrüßt wurde. Alle sind, wie Beck selbst, vehemente Verfechter des Börsengangs. Für sie war es ein wenig beschwerlich, dass ihnen die Parteibasis der SPD bisher nicht folgen wollte. Mehrere Landesverbände der SPDsprachen sich gegen den Börsengang der Bahn aus. Der SPD Parteitag einigte sich im letzten Herbst auf eine sog. Volksaktie und auf einen Sonderparteitag bei einer Abweichung von dem Modell der Volksaktie. Darüber hinaus ist die große Mehrheit der Bevölkerung gegen den Verkauf der Bahn.
Wie sieht Becks Mogelpackung aus?
Zunächst enthält sie ein Holdingmodell, das die Bahn in zwei Sparten zu zerlegt: in den Infrastrukturbereich (Schienennetz, Bahnhöfe etc.) und in den Bereich Verkehr und Logistik (Nah- und Fernverkehr, Speditionen).Während die Infrastruktur in staatlicher Hand bleibt, soll der Verkehrsbereich über Aktienverkäufe an die Börse gebracht werden. Gegenüber Steinbrücks Plan, der ursprünglich 49,9% verkaufen wollte, besteht Becks Kompromiss darin, diese Marge auf 24,9% zu drücken. Ein sog. Beteiligungsvertrag zwischen Bund und Bahn soll absichern, dass dieser Anteil nicht erhöht wird, um so eine Sperrminorität von Aktionären zu verhindern.
Zu diesem Plan stellt Peter Conradi, SPD-Linker und scharfer
Kritiker der Bahnprivatisierung fest: „Die Befürworter des Börsengangs
haben gesiegt. Das ist der erste Schritt zur Vollprivatisierung“
(Taz 15.4.08) Die Beschränkung auf 24,9% lässt sich jederzeit
bei veränderten politischen Konstellationen aufheben. Der politische
Durchbruch zur Privatisierung wäre geschafft. Das ist das Wesentliche
an dem Beck’schen Vorschlag, und darüber freuen sich Frau Merkel und
Herr Mehdorn, die von einem guten 1. Schritt reden.
Börsenorientierung vor Gemeinwohlorientierung – Die Bahn als Global Player
Das Hauptargument der Kritiker des Börsengangs besteht
darin, dass durch Aktienverkauf die Verkehrsplanung der Bahn zukünftig
von Dividendenerwartungen geleitet und die Gemeinnützigkeit der Gewinnorientierung
geopfert wird. Daran ändert auch die Beschränkung auf 24,9% nichts.
Denn auch wenn man Aktien „nur“ zu 24,9% verkaufen will, muss man Aktionären
attraktive Gewinne versprechen.
Das Handelsblatt geht bei dem geplanten Börsengang
von einer notwendigen jährlichen Renditezahlungen von 600 Mill.
€ aus, um Kapital von 6 Mrd. € aufzunehmen. Abgesehen davon,
dass nach 10 Jahren die 6 Mrd. € verpufft wären, müssten
der Bahn pro Jahr 600 Mill. € entzogen werden, um die Aktionäre
zu bedienen. All das hat nichts mit den Parteitagsbeschlüssen der
SPD zu tun, und schon gar nichts mit dem Bevölkerungswillen. Man muss
schon ziemlich verwirrt sein, um Herrn Beck diesen Vorschlag als Kompromiss
abzukaufen. Auch die offizielle Begründung von „Bahnchef“ Mehdorn
für den Börsengang ist wenig überzeugend.
Er behauptet gemeinsam mit Tiefensse, die Bahn brauche Fremdkapital, um Strecken, Bahnhöfe sanieren und um neue Züge kaufen zu können. Bedenkt man, dass die Bahn AG weltweit als Käufer von Schienenverkehrsbetrieben und Speditionen auftritt, sich darüber hinaus im Bereich des internationalen See- und Luftverkehr engagiert, so scheint es doch um ganz andere Ziel zu gehen.
Mehdorn will die Bahn als Gobal Player. So spricht er inzwischen auch von einem „Internationalen Mobilitätskonzern“. Dazu braucht er das Geld!
Folgerichtig wird in Zukunft alles vernachlässigt, was sich nicht lohnt, oder es wird dem Staat aufgebürdet (Nahverkehr, unrentable Fernverkehrsstrecken, Erhalt des Schienennetzes).
Dagegen werden die Gewinne aus den profitablen Sektoren als Dividenden an die Aktionäre ausgezahlt.
Als Bürger, die die Bahn über Steuern und Fahrpreise finanzieren, brauchen wir keinen Global Player, der Aktionären Geld in die Taschen spült, sondern eine Bahn, die uns flächendeckend und umweltschonend zu bezahlbaren Preisen nah und fern von A nach B bringt.
Kein Börsengang der Bahn: Bürgerbahn statt Börsenb(w)ahn!