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Kommentar:
Simulierter Klimaschutz

Die Stadt hat den Klimaschutz entdeckt. Das ist gut, sollte man meinen. Aber was wird gemacht? Schreibt etwa die Ratsversammlung nun den Stadtwerken den Ausbau erneuerbarer Energiequellen vor? Weit gefehlt. Schließlich leben wir in einer Welt, in der die freie Marktwirtschaft per EU-Vertrag inzwischen quasi Verfassungsrang hat. (Nur die Iren sträuben sich noch ein wenig, aber denen wird man es auch noch beibiegen.) Was macht also Bürgermeister Todeskino? Er sucht sich per öffentlicher Ausschreibung einen  Ökostroman- bieter fürs Rathaus. Wir sind beeindruckt.

Natürlich wird dadurch im Gemeinschaftskraftwerk Ost kein einziges Gramm Kohle weniger verbrannt, kein Gramm an Treibhausgas-, Quecksilber- oder Feinstaubemissionen vermieden. Aber der grüne Bürgermeister kann sich auf die Schulter klopfen und gegenüber der Öffentlichkeit ein bisschen Klimaschutz simulieren. Dumm nur, dass in letzter Zeit durch die Presse ging, dass es mancher  Ökostromanbieter mit der Wahrheit nicht immer so genau nimmt. Doch das wird hoffentlich schnell wieder vergessen sein. Wir leben schließlich in einer Zeit, in der sich die Halbwertzeit des medialen Gedächtnis in Nanosekunden bemisst.

Doch all jene, die es mit Klimaschutz und einer sicheren Energieversorgung ernst meinen, sollten sich durch solche Augenwischerei nicht beeindrucken lassen. „Der Klimawandel“, schrieb der ehemalige Weltbank-
Ökonom Nicholas Stern in seinem Bericht an die britische Regierung, der vor eineinhalb Jahren Furore machte, ist „das größte Versagen des Marktes, das die die Welt je gesehen hat.“ Mit anderen Worten: Mit ein bisschen ökologischen Wettbewerb ist das Problem mitnichten zu lösen. Es bedarf regulierender Eingriffe im großen Umfang, um die Energiewirtschaft umzubauen, und das können wir am besten, wenn wir endlich unsere Stadtwerke wieder haben. Das wäre auch für die Arbeitsplätze besser. Als nämlich im Sommer 2000 eine rosa-grün-schwarze Koalition 51 Prozent der Stadtwerke an den späteren Pleitier verkaufte waren dort noch 1400 Mitarbeiter beschäftigt. Vor einem knappen Jahr waren es nur noch 1137, und ein weiterer Abbau ist längst beschlossene Sache.

(wop)