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Im Rahmen des Antirassistischen und Klimacamps in Hamburg fand am 19.08.2008 in Lübeck ein Aktionstag gegen die  Grenzüber- wachungsorganisation Frontex statt. Anlass waren die Schulungen, die Frontex in der Lübecker Bundespolizeiakademie durchführt. Bei den so genannten mid-level courses werden Grenzpolizeioffiziere der mittleren Befehlsebene in europäischer Zusammenarbeit geschult. “Frontex steht für eine Politik, die Flüchtlingen und MigrantInnen ihrere Rechte beraubt und sie ausschließlich als Gefahr betrachtet,” erklärte Christian Homuth vom Lübecker Flüchtlingsforum. “Dadurch werden sie - wie vor den kanarischen Inseln - auf immer gefährlichere Fluchtrouten gezwungen.” Der Tod derjenigen, die versuchten nach Europa zu gelangen, werde dabei bewusst in Kauf genommen.” Zunächst fand vor der Bundespolizeiakademie eine Kundgebung statt, an die sich eine Demonstration anschloss. Unter dem Motto “Töne und Klänge statt Grenzen und Zwänge” beteiligte sich das Netzwerk “Lebenslaute”, eine Gruppe kritischer Muskerinnen und Musiker.

Am 14. Juli 2008 wurde zwischen Deutschland und Syrien ein Rücknahmeabkommen unterzeichnet. Das Abkommen sieht  weit- reichende Verpflichtungen nicht nur zur Übernahme eigener Staatsbürger vor, sondern auch von Menschen ohne Staatsangehörigkeit bzw. aus Drittstaaten, die sich unmittelbar vor der Einreise in dem jeweils anderen Vertragsstaat aufgehalten haben. NIcht nur die fast 7.000 in Deutschland lebenden, oft langjährig geduldeten Flüchtlinge sind damit von Abschiebung bedroht, sondern auch PalästinenserInnen, Staatenlose oder sonstige DrittstaatlerInnen, die aus Syrien nach Deutschland geflohen sind. Betroffen sind auch diejenigen Flüchtlinge, denen die Behörden unter Hinweis auf eine unzureichende Mitwirkung bei der eigenen Abschiebung (z.B. im Rahmen der Passbeschaffung) ein Bleiberecht nach der gesetzlichen Bleiberechtsregelung verweigern.  Mit dem Vertrag wird auch legitimiert, dass deutsche Behörden den syrischen Behörden umfangreiches Datenmaterial zur Verfügung stellen. Es ist damit zu rechnen, dass dieses Abkommen auch als Blaupause für Rückführungsabkommen mit Mittelmeeran-
rainerstaaten wie z.B. Marokko dienen wird.

In der Zeit von Januar bis Juli 2008 haben insgesamt 12.838 Personen in Deutschland Asyl beantragt.  Hauptherkunftsländer sind: Türkei, Serbien, Vietnam, Russische Föderation, Syrien, Iran, Libanon, Nigeria, Kosovo. In diesem Jahr hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 12.306 Entscheidungen getroffen. 155 Personen  wurden als Asylberechtigte anerkannt. 3.979 Personan erhielten Flüchtlingsschutz nach § 3 des Asylverfahrensgesetz i.V.m. § 60 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes. 4.071 Asylanträge wurden abgelehnt. 3.794 Anträge wurden anderweitig (was immer das heißen soll) erledigt. Bei 307 Personen hat das Bundesamt in der Zeit von Januar bis Juli 2008 Abschiebungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 2, 3, 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes festgestellt. www.bmi.bund.de

Das EU-Büro von Amnesty hat ein Thesenpapier veröffentlicht, das auch die Themen “Asyl” und “Migration” aufgreift. Die in Ihnen enthaltenen Forderungen geben einen sehr guten Überblick über aktuelle politische Prozesse und Diskussionen auf europäischer Ebene. www.amnesty-eu.org

Vom 1. September an ist in der Bundesrepublik Deutschland der Einbürgerungstest Pflicht - wer Deutscher werden will, muss viele Fragen zur Geschichte, Geografie, Gesellschaft und Politik unseres Landes richtig beantworten. KritikerInnen behaupten, dass selbst viele deutsche StaatsbürgerInnen die Antworten nicht wissen. Jörg Pilawa macht mit seiner neuen Show "Wie deutsch bist du wirklich?" am Donnerstag, 4. September, um 20.15 Uhr im Ersten die Probe aufs Exempel. www.joerg-pilawa.de

Jedes Jahr am 30. August wird in Deutschland der Opfer der Abschiebungshaft gedacht. “Doch Suizide und Suizidversuche sind nur die Spitze eines Eisbergs im Meer des Elends der Abschiebungshaft”, so Bernd Mesovic von Pro Asyl. Vielen Menschen ist die Freiheit zu Unrecht entzogen worden. Immer wieder wird leichtfertig Abschiebungshaft verhängt, ohne dass ernsthaft geprüft wird. In einer Vielzahl von obergerichtlichen Entscheidungen wurde festgestellt, dass die Abschiebungshaft rechtswidrig war. In Schleswig-Holstein befindet sich seit 2003 in Rendsburg der Abschiebeknast. Im letzten Jahr mussten dort 288 Männer aus Nicht-EU-Staaten hier einsitzen, obwohl sie sich keiner Straftat schuldig gemacht haben. Zurzeit sollen  sogar vier Minderjährige dort inhaftiert sein. Netzwerk Asyl hat am Aktionstag mit einem Infostand in Rendsburg auf die Missstände aufmerksam gemacht und ihren Protest zum Ausdruck gebracht.

Pro Asyl verleiht ihren Menschenrechtspreis, die Pro-Asyl-Hand, in diesem Jahr an die Athener Rechtsanwältin Maianna Tzeferakou. Sie nimmt den Preis stellvertretend für die Group of Lawyers - die griechische Anwaltsvereinigung für die Rechte von Flüchtlingen und Migranten - sowie die Solidaritäts-
gruppen auf den ostägäischen Inseln Chios, Samos und Lesbos entgegen. Das griechische Asylnetzwerk unterstützt unter schwierigen Bedingungen Schutzsuchende an dieser europäischen Außengrenze und in griechischen Haftlagern. Es kämpft gegen illegale Zurückweisungen auf See, willkürliche Behandlung und Inhaftierung von Schutzsuchenden. Ihnen ist zu verdanken, dass massive Menschenrechtsverletzungen in Griechenland ans Licht der Öffentlichkeit kamen. Pro Asly weist darauf hin, dass der Schlüssel zur Verbesserung der Situation von Flüchtlingen in Griechenland jedoch nicht nur in Athen liegt, sondern auch in Brüssel und in den Hauptstädten der gewichtigen EU-Mitgliedsstaaten, wie z.B. Berlin. Wenn das bezogen auf die Bevölkerung sieben Mal kleinere Griechenland im Jahr 2007 mehr Asylsuchende registriert als Deutschland, dann zwigt dies, dass es in Europa noch kein gemeinsames faires und solidarisches Asylsystem gibt.

Schon wieder sind zahlreiche Flüchtlinge vor Malta ertrunken. Gestartet waren die Flüchtlinge in einem völlig überladenen Schlauchboot ca. eine Woche vorher aus Libyen. Karl Kopp, Europareferent von Pro Asyl, kritisierte angesichts der erneuten Tragödie, dass die EU immer mehr Geld ausgebe und immer mehr technische Mittel zur militärisch geplanten Frontex-Abwehr einsetze, datt Menschen in Not auch nur die Möglichkeit einzuräumen, um Asyl und damit um eine halbwegs sichere Zukunft nachzusuchen. “Die Folge dieser falschen Politik ist, dass das Mittelmeer immer mehr zu einer Art Massengrab wird.” Neil Falzon, der Vertreter des  UN-Flüchtlingshochkommissariats auf Malta, berichtet, die acht Überlebenden des jüngsten Unglücks seien in einem schlechten körperlichen und psychischen Zustand. Die UNHCR-Sprecherin Laura Boldrini verglich das Unglück gegenüber Medien in Rom mit einer  Flugzeugkatastrophe. Doch da biete man Überlebenden Hilfe und psychologische Unterstützung an.

 (gho)