Nächste Seite
Leiharbeit ist mehr als Lohndumping

 KollegInnnen die nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz tätig sind, werden nach dem Überlassungs-
gesetz als „LeiharbeiterInnen“ bezeichnet. Dieser Begriff ist in den letzten Jahren jedoch durch „Zeitarbeit-
nehmerInnen“ ersetzt worden. Das gilt auch für den Begriff der „Arbeitnehmerüberlassung“ auch hier hat sich in der Öffentlichkeit der Begriff der „Zeitarbeit“ eingebürgert.Im Rahmen der so genannten „Hartz--
Reformen“ wurde 2002 auch das Gesetz zur Arbeitnehmerüberlassung, das die Leiharbeit regelt, verschlechtert. Seither darf z. B. der Verleiher den Arbeitsvertrag mit den Beschäftigten auf die Dauer eines bestimmten Arbeitseinsatzes befristen. Die zeitliche Befristung für den Einsatz in ein und demselben Betrieb wurde hingegen aufgehoben. Auch der gesetzliche Anspruch auf gleiche Bezahlung und Gleichbehandlung ist eingeschränkt. Soweit im individuellen Arbeitsvertrag auf einen Tarifvertrag Bezug genommen wird, gelten dessen Regelungen – auch wenn diese eventuell schlechter ausfallen. Es wird eine hohe Flexibilität erwartet. Die  Einarbeitungs- zeiten sind oft knapp, sie müssen sich immer wieder auf ein neues Umfeld einstellen und haben häufig keine festen KollegInnen, mit denen sie immer zusammenarbeiten. Auch müssen sich die ZeitarbeiternehmerInnen darauf einstellen, in der verleihfreien Zeit mit weniger Geld auszukommen. Die Kündigungsfristen sind kurz, da mit befristeten Arbeitsverträgen gearbeitet wird. Außerdem werden LeiharbeiterInnen oft vor Ende der Probezeit ohne Begründung wieder entlassen.

Die Statistik nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (Paragraph 8 AÜG) wertet halbjährlich die gesetzlich vorgeschriebenen Meldungen der Verleihbetriebe aus. In der Beschäftigungsstatistik wird zwischen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (643.000 - Dez. 2007) und geringfügig entlohnt Beschäftigte (63.000 - Dez. 2007) unterschieden.

In der Zeitarbeitbranche gab es in den letzten Jahren 133 Prozent mehr Unternehmen und 260 Prozent mehr KollegInnen die in diesen Unternehmen schamlos ausgebeutet werden. Im Dezember 2007 gab es 21.200 Unternehmen. Im Vorjahresvergleich ergibt sich damit ein bundesweites Plus von 2.300 Betrieben oder 12 Prozent. So genannte Mischbetriebe, die ArbeitnehmerInnen sowohl selbst  beschäftigen als auch verleihen, gab es 6.600. Bei den Verleihbetrieben standen Ende Dezember 2007 bundesweit insgesamt 721.000 LeiharbeitnehmerInnen unter Vertrag, dies waren 90.000 oder 14 Prozent mehr als im Dezember 2006 bzw. 521.000 oder 260 Prozent mehr als im Dezember 1997.

Der Strukturwandel in Deutschland vom primären und sekundären Sektor hin zum tertiären Sektor wird auch an den Einsatzfeldern der entliehenen ArbeitnehmerInnen deutlich. Waren im Dezember 1997 noch 42 Prozent aller ZeitarbeitnehmerInnen in Metall- und Elektro- berufen tätig, so verringerte sich dieser Anteil bis Dezember 2007 auf nun 23 Prozent. Im Gegenzug dazu stieg im selben Zeitraum der Anteil der LeiharbeitnehmerInnen, die in Dienstleistungsberufen tätig sind, wie zum Beispiel in Call Centern, von 20 Prozent auf 28 Prozent an, der Anteil der ZeitarbeitnehmerInnen, die als Hilfspersonal tätig sind, von 26 Prozent auf 33 Prozent. 5 Prozent übten Ende 2007 einen technischen Beruf aus (1997: 4 Prozent) und 11 Prozent diverse andere Berufe (1997: 9 Prozent). Männer stellen fast drei Vierteil aller Leiharbeiter. Bei den Frauen stehen Hilfsarbeiten sowie Organisations-, Verwaltungs- und Büroberufe im Vordergrund.

Den 1,056 Mio. im Jahr 2007 neu abgeschlossenen Zeitarbeitsverhältnissen standen 1,086 Mio. beendete Leiharbeitsverhältnisse  gegen- über. Das sind 188.000 bzw. 21 Prozent mehr als im Jahr 2006 und 712.000 bzw. 190 Prozent mehr als im Jahr 1997. Die  Arbeitsver- hältnisse zwischen „Verleihern“ und LeiharbeitnehmerInnen waren weiterhin überwiegend von kurzer Dauer. Statistisch erfasst wird die Länge der zwischen Verleihern und LeiharbeitnehmerInnen bestehenden Arbeitsverhältnisse bis zu deren tatsächlichem Ende. Von den im Jahr 2007 ausgelaufenen Arbeitsverhältnissen dauerten 55 Prozent weniger als drei Monate (2006: 62 Prozent; 1997: 64 Prozent).

Der Aufbau von Beschäftigung erfolgt durch die Unternehmer in den letzten Jahren offensichtlich nach einem neuen Strickmuster. In den frühen Phasen des noch "unsicheren" Aufschwungs werden vor allem Überstunden zur Ausweitung der Produktion bzw.  Dienst- leistungen genutzt. Im „gesicherten“ Aufschwung decken die Unternehmen ihren steigenden Personalbedarf dann mit Hilfe von Leiharbeit ab.

Sechs Jahre Agenda 2010 und vier Jahre Hartz IV hat dazu geführt, das sich die Qualität der Jobs erheblich verschlechtert hat.  Gering- fügige und prekäre Beschäftigung wird weiterhin stark ausgeweitet. Die Anzahl der KollegInnen mit Teilzeit- und Leiharbeitstellen sowie mit befristeten oder 400-Euro-Jobs stieg in den Jahren 1997 bis 2007 um 2,6 Mio. auf 7,68 Mio. Im gleichen Zeitraum sank die Zahl der sozialver-
sicherungspflichtigen Vollzeitstellen um 1,53 Mio. auf 22,49 Mio. Der Niedriglohnsektor mit Löhnen unter dem  Existenz- minimum expandiert und wird weiter zunehmen, da sich die Konjunktur weiter abschwächt. Immer mehr KollegInnen können von ihrer Arbeit nicht mehr leben und müssen mit Hartz IV aufstocken. 12 bis 13 Prozent der LeiharbeiterInnen erhalten ergänzend ALG II.

(hg)