Für den 24. September 2008 war die Abschiebung einer
achtköpfigen Familie aus Bad Schwartau nach 19 Jahren Aufenthalt in
ihr vermeintliches Herkunftsland Türkei anberaumt worden. Zahlreiche
Unter-
stützerInnen weckten das Medieninteresse. Am 22.
September fand eine Demo statt, die ein Bleiberecht für die Familie
forderte. Die Abschiebung wurde vorläufig ausgesetzt und ein Antrag
bei der Härtefall-
kommission gestellt. Der Vater und zwei volljährige
Söhne saßen in Abschiebehaft, aus der sie inzwischen wieder
entlassen wurden. Mit Blick auf die in Bad Schwartau befindliche Familie
mit mehreren sehr kleinen und schulpflichtigen Kindern verletzte diese
Inhaftierung das Gebot der Verhältnismäßigkeit. Absolut
empörend ist für das Lübecker Flüchtlingsforum die
Methode, mit der die Eutiner Ausländerbehörde die Familie Culum
öffentlich als „kriminell“ abstempeln will, um damit die Abschiebungen
zu rechtfertigen. Die Vorwürfe halten keiner Überprüfung
stand: Keiner der jetzt von Abschiebung bedrohten ist vorbestraft. Zwei
der Jugendlichen hatten in der Vergangenheit Arbeitsstunden wegen Prügeleien
abgeleistet, die zum großen Teil Jahre zurückliegen. Bei jedem
deutschen Jugendlichen wäre die Sache damit erledigt. Hier werden
jedoch die Betroffenen zu „Intensivtätern“ aufgebauscht, damit die
Deportation in ein fremdes Land gerechtfertigt erscheint. Die Ausländerbehörde
wirft der Familie vor, dass sie nicht wie angenommen aus Libanon stammen,
sondern aus der Türkei. Die arabisch-sprachige Familie hat offenbar
Bezüge in beide Länder. Fakt ist, dass die Familie hier eine
neue Heimat gefunden hat. Sie besaßen eine Aufenthaltserlaubnis und
der Vater war erwerbstätig. Die zwei ältesten Geschwister sind
inzwischen mit Deutschen verheiratet und somit auch nicht von Abschiebung
bedroht. Der Vater hingegen verlor auf Betreiben der Ausländerbe-
hörde jetzt seine Arbeitserlaubnis und der 18jährige
Sohn hat schon zwei angebotene Ausbildungsplätze nicht antreten können,
da auch ihm die Arbeitserlaubnis verweigert wurde.
Die sechs in Deutschland geborenen Kinder sind in jedem
Fall die unschuldigen Opfer einer ermessensun-
willigen Behörde. Für sie ist Deutschland ihre
Heimat. Sie kennen weder die Türkei noch den Libanon. Dieser Fall
zeigt einmal mehr, dass die gesetzliche Altfallregelung mit ihren Ausschlusskriterien
zu kurz greift, um die Situation von langjährig geduldeten Menschen
zu lösen. Betroffen sind in allzu oft hier geborene oder aufgewachsene
Kinder, denen behördlicherseits nicht nur ein ihnen unbekanntes Herkunfts-
land, sondern auch noch (vermeintliche) Verfehlungen
anderer familienangehöriger zugeschrieben werden. Sie werden dafür
in Sippenhaft genommen, aus ihrem Lebensmittelpunkt herausgerissen und
in eine unwägbare Zukunft abgeschoben. Diese Kehrauspraxis der Ausländerbehörden
ist ein Offenbarungseid bundesdeutscher Flüchtlings- und Migrationspolitik!
Warum die Ausländerbehörde Ostholstein im Fall dieser Familie
ihren Ermessenspielraum nicht im Interesse einer humanitären Bleiberechtsentscheidung
nutzt, ist nicht nachvollziehbar.