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LINKE Schleswig-Holstein:
Der Streit geht weiter

Der Konflikt innerhalb der LINKEN in Schleswig-Holstein gerät offenbar mehr und mehr zur Schlamm-
schlacht. Inzwischen wurden Fotos bekannt, die den LINKE-Kreisvorsitzenden und Fraktionsgeschäfts-
führer in der Lübecker Bürgerschaft, Ragnar Lüttke, bei einer Stalin-Geburtstagsfeier im Jahr 2004 zeigen. Lüttke bestätigte die Echtheit der Bilder, sprach aber von einer ‚satirischen Veranstaltung’. Er äußerte die Vermutung, die Fotos seien von Kreisen um den Bundestagsabgeordneten Lutz Heilmann in Umlauf gebracht worden, um ihm zu schaden. Heilmann wies das zurück.

"Lüttke verhöhnt die Opfer"

„Egal, ob das Satire war oder nicht: Lüttke hat mit seinem Verhalten der Partei geschadet", sagte Heilmann. Die Bilder seien eine Verhöhnung der Opfer des Stalinismus. „Ich bin kein Stalinist, was immer man mir da jetzt unterstellen will", verteidigte sich Lüttke. Unter der jahrzehntelangen Herrschaft des sowjetischen Diktators Josef Stalin starben mehrere Millionen Menschen bei Hinrichtungen, Hungersnöten und in Straf-
lagern. Zwischen Heilmann und Lüttke schwelt seit Längerem ein Streit um Lüttkes angeblich autoritären Führungsstil. Heilmann war deshalb vom Kreisverband Lübeck zum Kreisverband Neumünster gewechselt.

Lüttke: Persönliche Erklärung

In seiner persönlichen Erklärung schreibt Ragnar Lüttke u. a.: „… Stalin war ein Jahrhundertverbrecher, der Millionen Kommunisten umgebracht hat. Ich hege keinerlei Sympathie oder Anerkennung für die ehemalige Sowjetunion. Die Sowjetunion war zutiefst  undemo- kratisch. Menschen, die ihre eigene Regierung kritisierten oder sich satirisch über sie lustig machten, wurden verfolgt. So ein System lehne ich zutiefst ab. Gleichheit und Freiheit gehören zusammen. … Die Veröffentlichung eines vier Jahre alten missver-
ständlichen Fotos, das in privatem Rahmen auf einer satirischen Veranstaltung vor vier Jahren entstanden ist, eine Veranstaltung auf der das sowjetische System lächerlich gemacht wurde, steht meines Erachtens im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Landesparteitag der LINKEN Schleswig-Holstein von vor einer Woche. Hier haben die parteiinternen Gegner des Lübecker Kurses der LINKEN eine Niederlage erlitten. Erstaunlicher Weise warfen mir die gleichen Leute, die jetzt das Foto kritisieren auf dem Landesparteitag Sozialdemokratismus und mangelnden gesellschaftlichen Umgestaltungswillen vor, die LINKE Lübeck sei zu SPD-freundlich, hieß es. …“

Inhalte oder Personen?

Die Form, die die Auseinandersetzung in der schleswig-holsteinischen LINKEN angenommen hat, erinnert fatal an das Hauen und Stechen, das regelmäßig in bürgerlichen Parteien stattfindet, wenn Posten zu besetzen oder Kandidaten aufzustellen sind. Für  Außen- stehende ist nicht zu erschließen, um welche inhaltlichen Differenzen es geht, ja ob sich überhaupt unüberbrückbare Inhalte hinter dem Streit verbergen. Man bekommt den Eindruck, es ginge tatsächlich um Posten und Personen. Wenn dem so ist, muss die LINKE – im Interesse der Inhalte – schnell entscheiden, ob die beteiligten Protagonisten, unabhängig von einem ‚Verschulden’, noch geeignet sind, die Partei in vorderster Reihe zu repräsentieren. Wer sein Ego vor die Sache stellt, darf in einer auf Glaubwürdigkeit angewiesenen Politik keine Rolle spielen.

(csk)
Ergänzung

Vorausgegangen war der jüngsten Eskalation ein Streit um die Gültigkeit des letzten Landesparteitags, der am 27. und 28. September in Neumünster stattfand. Die Kreisverbände Kiel und Lübeck hatten kurz vorher neue Delegierte gewählt. Nach Ansicht einer in Neumünster schließlich knapp unterlegenen Minderheit sind diese nocht nicht stimmberechtigt gewesen, da die Landessatzung vorsehe, dass die Delegierten mindestens vier Wochen vor dem Landesparteitag gewählt werden müssen. Wörtlich heißt es in der Satzung in Paragraph 10(2): "Die Delegierten werden auf die Dauer von zwei Kalenderjahren gewählt. Die Wahl findet frühestens am 01. Oktober des Vorjahres und spätestens vier Wochen vor dem Landesparteitag statt."

(wop)