Auch die Österreichische Diakonie fordert von den
dortigen Behörden, sofort alle Abschiebungen nach Griechenland zu
stoppen. Es sei bekannt, dass das Land "derzeit weder in der Lage ist,
Asylsuchende zu versorgen, noch ein faires Asylverfahren durchzuführen."
Viele Flüchtlinge seien Obdachlos. "Im Jahr 2008 wurden allein auf
der Insel Lesbos über 13.000 Ankommende inhaftiert. Über 3.600
davon waren Jugend-
liche. Der UNHCR (UN-Hochkommissar für Flüchtlinge)
berichtet, dass in der Praxis in Griechenland keine inhaltliche Prüfung
von Asylanträgen stattfindet." Diakonie-Direktor Michael Chalupka
meint: "Es ist völlig unverantwortlich Menschen weiterhin nach Griechenland
zurückzuschieben. ... Vielmehr müssen die anderen EU-Länder
wie Österreich dringend unbegleitete Flüchtlings- kinder,
obdachlose Familien und traumatisierte Flüchtlinge aus Kriegs und
Krisengebieten wie Irak, Afghanistan und Somalia aus Griechenland freiwillig
aufnehmen."
Verschiedene Gruppen haben anlässlich der vielen
Wahlen in diesem Jahr eine Online-Unterschriften-
sammlung für Flüchtlingsschutz und Kinderrechte
gestartet. In einer Erklärung der Aktion heißt es: "Wir fordern
alle KandidatInnen dazu auf, die 'Koalitionsaussage für Flüchtlingsschutz
und Kinderrechte' zu unterschreiben und entsprechende Politik umzusetzen.
Die Unterschriftenaktion soll zeigen, dass hinter den Forderungen eine
Vielzahl von Menschen und darunter auch Wählerinnen und Wählern
steht. Das Sterben an de EU-Außengrenzen muss ein Ende haben,
Flüchtlingen muss die gefahrlose Einreise in die EU ermöglicht
werden." Lagerunterbringung, Arbeitsverbote und Residenzpflicht müssten
endlich aufgehoben und die UN-Kinderrechtskonvention für alle
in Deutschland lebenden Kinder gelten. Aufgerufen wird unter anderem vom
Aktionsbündnis Hier Geblieben!, den Jugendlichen ohne Grenzen, der
GEW, dem Flüchtlingsrat Berlin, PRO ASYL und dem Berliner GRIPS Theater.
Die Kampagne kann im Internet unter www.ipetitions.com/petion/ STIMMEN09
unterstützt werden. Weitere Infos unter www.stimmen09.de.
Die Brüsseler EU-Kommission hat den hiesigen Behörden
das Recht eingeräumt, Flüchtlinge auch weiter hemmungslos zu
diskriminieren. Im neuen Richtlinienentwurf der Kommission für die
Verbesserung der Standards bei der Aufnahme von Flüchtlingen wird
gefordert, dass deren Versorgung sich am Sozialhilfe-
niveau orientieren solle. Nach dem die "Bild" eine kleine
Hetzkampagne gegen den bereits aus dem Dezember stammenden Entwurf gestartet
hatte, beschwichtigte ein Kommissionssprecher: Der Text ziele vor allem
auf die Situation in Osteuropa ab. Hierzulande müsse nichts geändert
werden, denn: In der geplanten Richtlinie wird stehen, dass in begründeten
Ausnahmefällen auch weniger als die Sozialhilfe gezahlt werden darf.
Auch die besonders unwürdige Praxis, statt Bargeld Sachleistungen
und Gutscheine auszugeben, sei weiter rechtens. Flüchtlinge müssen
in Deutschland von 224,97 Euro monatlich leben. Immerhin sieht der Richtlinienentwurf
auch vor, dass Flüchtlinge ein halbes Jahr nach Abgabe ihres Asylantrags
eine Arbeitsgenehmigung erhalten. In Deutschland beträgt die Frist
bisher ein Jahr. Außerdem gibt es die Genehmigung nur, wenn die Arbeitsagentur
zustimmt.
Vom 13.-15. März 2009 reisten acht AktivistInnen
der sizilianischen und deutschen Vereine nach Lampedusa, um sich ein Bild
von der Lage auf der Insel zu machen. Im Februar war nach einer monate-
langen Überfüllung des Lagers bei einer Revolte
ein Gebäude in Flammen aufgegangen. Das Lager, bisher Erstaufnahme
und Verteilungszentrum, war kurzerhand in ein Identifikations- und
Abschiebungshaft-
zentrum verwandelt worden. Was macht das mit den Flüchtlingen,
was aber auch mit den BewohnerInnen der Insel? Der Bericht und ein Video
(vorerst nur italienisch, Übersetzung folgt) auf www.borderline-europe.de
Der Interkulturelle Rat, PRO ASYL und der Bereich Migrations-
und Antirassismuspolitik beim DGB-
Bundesvorstand erteilen Konzepten, die auf Abschottung
und Ausgrenzung setzen, eine klare Absage. Die anstehenden ökonomischen,
ökologischen und sozialen Herausforderungen können nur in einer
offenen und vielfältigen Gesellschaft erfolgreich bewältigt werden.
"Wenn Deutschland und die Europäische Union zukunftsfähig sein
wollen, muss Einwanderung gestaltet, Integration gefördert, Partizipation
ausgeweitet und der Flüchtlingsschutz verbessert werden. Rassismus
und Diskriminierung müssen bekämpft werden. Die Politik hat die
entsprechenden Rahmenbedingungen hierfür zu schaffen", betonen die
drei Organisationen in ihrem gemeinsamen Positionspapier "Prioritäten
für die deutsche und europäische Migrations- und Flüchtlingspolitik".
Eigentlich war es etwas Selbstverständliches: Vor knapp fünf Jahren nahm die in Lübeck gemeldete "Cap Anamur" im Mittelmeer, unweit italienischer Gewässer 37 Schiffsbrüchige auf. Derlei gebietet die Menschlichkeit und zum Glück auch das internationale Seerecht. Das Schiff ist eigentlich auf dem Weg in den Irak, geladen sind Hilfsgüter für die dortige Bevölkerung. Kapitän Stefan Schmidt will den nächsten Hafen anlaufen, um die Menschen abzusetzen, auch das ist gängige Praxis.
Doch der Hafen gehört zu Italien, liegt auf dem kleinen Eiland Lampedusa. Die italienieschen Behörden verweigern die Hafeneinfahrt. Wochenlang. Schließlich droht der Kapitäne, daraus einen internationalen Notfall zu machen und darf schließlich einlaufen. An Land wird er jedoch zusammen mit seinem Ersten Offizier und dem Chef der Hilfsorganisation "Cap Anamur" Andreas Bierdel festgenommen. Man wirft ihnen "Schlepperei" vor. Die Schiffbrüchigen, zumeist Afrikaner, die von dem Frachter vor dem sicheren Tod gerettet wurden, werden in Abschiebehaft genommen.
Schmidt und seine Kollegen kommen schließlich gegen
die Zahlung von zwei Millionen Euro frei. Aufge-
bracht wird die Summe von der Hilfsorganisation, von
der Bundesregierung (seinerzeit noch SPD und Grüne) gibt es keinerlei
Unterstützung. Im Gegenteil. Innenminister Schily unterstützt
die italienische Position.
Für Schmidt und seine beiden Kollegen ist die Sache
noch immer nicht ausgestanden. Seit zwei Jahren läuft auf Sizilien
ein Prozess gegen sie. Ihnen drohen bis zu 12 Jahren Haft. Am 22. April
ist der nächste Ver-
handlungstag, auf dem Programm stehen die Plädoyers.
Im Mai wird nach bisheriger Planung das Urteil verkündet.