Deutschland ist zum Billiglohnparadies für Ausbeuter geworden. (Ver.di-Chef Frank Bsirske)
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB Nord) und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di (ver.di Nord) fordern CDU und FDP als Koalitionspartner in Schleswig-Holstein auf, qualifizierte Frauen für das neue Kabinett zu benennen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat seinen 60. Geburtstag gefeiert. Bundespräsident Horst Köhler gratulierte dem DGB: "Sie werden gebraucht. Bleiben Sie stark, bleiben Sie streitbar und kompromissbereit und auf das Gemeinwohl bedacht!" Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer sagte, der DGB wolle mit jeder demokratisch gewählten Regierung konstruktiv zusammen arbeiten, "das heißt aber mitnichten, dass wir jede Politik mittragen". Sharan Burrow, IGB-Präsidentin, verwies auf die internationale Bedeutung der Gewerkschaften und forderte menschenwürdige Arbeit weltweit.
DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach hat die von CDU/CSU und FDP für die neue Legislatur verabredete Anhebung der Schonvermögen für ALG-II-Bezieher als unzureichend kritisiert. Der DGB fordert eine bessere Absicherung bei Arbeitslosigkeit. Gebraucht werde ein Überbrückungsgeld, damit Arbeitslose nicht direkt in das Hartz-IV-System abrutschen. Derzeit ist dies bei etwa einem Drittel der neu Erwerbslosen der Fall. Doch "die schlimmsten Auswirklungen der Krise am Arbeitsmarkt stehen uns noch bevor", betont Buntenbach.
Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock hat die aktuelle Bilanz des Ausbildungspaktes kritisiert. Die Statistik sei geschönt, die wahre Lage auf dem Ausbildungsmarkt werde "systematisch verschleiert". 1,5 Millionen Menschen im Alter von 20 bis 29 Jahren haben keine abgeschlossene Ausbildung. Das sind 15 Prozent dieser Altersgruppe. "Angesichts solcher Zahlen zu behaupten, jeder ausbildungswillige und - fähige junge Mensch bekomme einen Ausbildungsplatz, ist zynisch", sagte Sehrbrock.
Die Wirtschaftskrise hat gezeigt, dass Banken und Unternehmen
von Aufsichtsräten effektiver beaufsichtigt und kontrolliert werden
müssen. Der DGB fordert die neue Koalition auf, Aufsichtsräte
zu stärken, Mandate zu begrenzen und das Gemeinwohl im Aktienrecht
zu verankern. Insbesondere aktive Unter-
nehmensvorstände sollten nicht in mehr als zwei
Aufsichtsräten sitzen.
Abiturienten haben derzeit besonders schlechte Chancen
auf dem Arbeitsmarkt. Dies hat eine DGB-
Sonderauswertung der offiziellen Arbeitsmarktstatistik
ergeben. Demnach liegt die Zahl der Menschen mit Fach- und Hochschulreife,
die einen Job suchen, um fast ein Viertel höher als im Vorjahr. Bei
Personen mit Hauspschul-abschluss oder Mittlerer Reife fiel der Zuwachs
geringer aus (10,8 bzw. 5,4 Prozent).
Der Kündigungsschutz steht wieder in der politischen Debatte. Dabei widerlegen etliche Studien Annahmen über angeblich negative Wirkungen. Derzeit gilt der Kündigungsschutz erst in Betrieben mit mehr als 10 Beschäftigten. Stiege dieser Schwellenwert auf 20, fielen laut dem aktuellen Betriebspanel des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zusätzlich mehr als 300.000 Betriebe mit knapp vier Millionen Beschäftigten aus dem Geltungsbereich des Gesetzes heraus. Allein dadurch stünden insgesamt zehn Millionen Beschäftigte im Falle einer ungerechtfertigten Kündigung ohne Schutz nach dem Kündigungsschutzgesetz da - knapp 30 Prozent aller Beschäftigten.
DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki hat das Vorhaben der neuen Koalitionäre kritisiert, ein gesetzliches Verbot von sittenwidrigen Löhnen zu schaffen. Dies konterkariere den Zweck von Mindestlöhnen und "zementiere Hungerlöhne". Bereits heute liegen viele Löhne in strukturschwachen Regionen unter fünf Euro. Wenn zulässig sein soll, diese Löhne um bis zu einem Drittel zu unterschreiten, wäre dies Verordnung der Armut per Gesetz. Der DGB will einen wirklich effektiven Schutz und Existenz sichernde Löhne: Zwingend ist dafür die Kombination aus einem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn von zunächst 7,50 Euro pro Stunde und weiteren Branchenmindestlöhnen.
Anlässlich der Koalitionsverhandlungen über
die Gesundheitspolitik warnt der DGB vor einer Belastungs-
welle in der gesetzlichen Krankenversicherung. "Die Milliardendefizite
der Wirtschaftskrise dürfen nicht dazu führen, dass Leistungen
wie Krankengeld oder Zahnersatz gestrichen, die Beiträge der Arbeitgeber
eingefroren und Zusatzbeiträge auch noch erhöht werden", sagte
DGB-Vorstandsmitglied Annelie Bunten-
bach. Schon heute tragen die Versicherten rund 15 Milliarden
Euro an Sonderbelastungen.
20 Jahre nach dem Mauerfall liegt das ostdeutsche Lohnniveau
noch immer ein Viertel niedriger als im Westen. Geringe Bezahlung und hohe
Arbeitslosigkeit in den neuen Ländern sorgen zudem für ein deutlich
höheres Armutsrisiko, so die Ergebnisse einer aktuellen DGB-Studie.
Die wirtschaftlichen Stärken Ost-
deutschlands müssten besser gefördert werden,
so die Analyse. Leitbild müsse der sozial-ökologische Umbau der
gesamten Volkswirtschaft sein.
Im Dezember verhandeln die Vereinten Nationen (UN) in
Kopenhagen über ein Nachfolgeabkommen zum Kyoto-Protokoll. Auf einer
Konferenz des Internationalen Metallgewerkschaftsbundes (IMB) zum Klima-
wandel fordert Berthold Huber, Erster Vorsitzender der
IG Metall und Präsident des IMB, ein starkes Klimaabkommen, "das sich
für Beschäftigung, für Qualifikation und für faire
Arbeitsbedingungen einsetzt".
Im vorgelegten Herbstgutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute
wird nach dem Einbruch der Wirt-
schaftsleistung in diesem Jahr um fünf Prozent von
einem Wachstum von 1,2 Prozent in 2010 ausgegangen. „Dieser Zuwachs profitiert
wesentlich von den Konjunkturpaketen der Bundesregierung. Diese laufen
aber nach 2010 aus“, so der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske. Nach wie
vor drohe eine sich verfestigende wirtschaftliche Stagnation. Denn sowohl
die sich nur sehr langsam erholende Weltwirtschaft als auch die gleichzeitig
prognostizierte steigende Arbeitslosigkeit auf über vier Millionen
würden den privaten Konsum bremsen. Diese Gefahr würde durch
die von den Instituten angemahnten massiven staatlichen Ausgaben-
kürzungen – etwa bei arbeitsmarktpolitischen
Leistungen oder durch die Streichung der teilweisen Steuer-
befreiung für Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschläge
– noch weiter verstärkt.