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Weiterer Erfolg für den Anti-Kohleprotest:

Schweizer steigen in Brunsbüttel aus

Gute Nachrichten aus der Schweiz: das Schweizer Unternehmen „Elektra Birseck Münchenstein“ (EBM) aus dem Kanton Baselland ist aus dem  Steinkohlekraftwerksprojekt in Brunsbüttel von SüdWestStrom ausgestiegen! Das Unternehmen will statt Kohle nun vermehrt in Erneuerbare investieren. Im Baselland brodelte es schon eine Weile und die Bürgerinitiative an der Unterelbe. Im Oktober entsandte die Bürgerinitiative einen Vertreter zu einer Protestreise und Podiumsdiskussion nach Binningen bei Basel im Kanton Baselland. Die dort ansässige Elektra Bierseck Münchenstein (EBM) will sich mit 30 MW, entsprechend 95 Millionen Franken (62,5 Millionen Euro), am SWS-Kohlekraftwerk an der Nordseeküste beteiligen. Auf einer Podiumsdiskussion wurde das Anliegen der Einwohner der Region vortragen und den Kanton Baselland und dessen Bevölkerung eindringlich gebeten, die Entscheidung über eine weitere Beteiligung der EBM an sich zu ziehen und den Ausstieg aus der geplanten Kraftwerksbeteiligung zu fordern. Das Schweizer Unternehmen hatte immerhin einen Anteil von 30 MW am Projekt. Die meisten der beteiligten über 90 Stadtwerke sind nur mit Anteilen von deutlich unter 10 MW dabei. Die Schweizer Beteiligung von insgesamt jetzt noch 5 Stromfirmen ist strategisch am bedeutendsten für das Projekt, da die Schweizer die Hauptfinanzgeber sind.

Konkret planen alleine am 1.800 MW-Kohlekraftwerk der SWS in Brunsbüttel folgende Schweizer Energieunternehmen eine Beteiligung: Rätia Energie (Graubünden) (918 MW), Groupe E (Freiburg) (50 MW), Romande Energie (Waadt) (50 MW), EBM (Baselland) (30 MW), SN Energie (Glarus) (20 MW). „Ohne Schweizer  Beteiligung könnte dieses Klimakiller-Kraftwerk nicht gebaut werden.“ sagte der Sprecher der BI Unterelbe Arne Firjahn. „Es ist ein unglaublicher Betrug am Endkunden. Verkaufen doch fast alle dieser Energieunternehmen gleichzeitig ihren mit Schweizer Wasserkraft produzierten Strom als „grünen“ Ökostrom für viel Geld nach Deutschland.“ Dies geschieht entweder in Kooperation mit deutschen Stromanbietern oder unter eigenem Namen. Beispiele sind „Pure Power“ der Rätia Energie oder „Volt und Wald“ der Flensburger Stadtwerke mit 100% Strom aus dem Wasserkraftwerk L’Hongrin; dieses ist zu über 50% im Besitz der Romande Energie und Groupe E. „Würden diese Ökostrom-Kunden wissen, dass sie unwillentlich neue Kohlekraftwerke finanzieren,“ so Firjahn weiter, „wäre der Protest gross und die meisten würden sofort wechseln. Auch ist kaum zu kontrollieren, ob in Zeiten des Stromüberangebotes zukünftig mit „schwarzem“ Kohlestrom  Pumpspeicherkraftwerke gefüllt werden und deren Strom wieder „grün“ verkauft wird.“

Interessant ist, dass der Rückzug von EBM vor allem mit einer „kontroversen Berichterstattung“ und dem medial „enorm aufgebauschten“ Thema begründet wurde, aus dem dann „Verunsicherung“ entstanden sei. Die Kampagnen- und Medienarbeit lohnt sich also. Also ein weiterer schöner Erfolg für den Anti-Kohleprotest, an den wir anknüpfen können! Erfreulich ist zudem, dass die Erörterungstermine (wasserrechtlich und immissionsschutzrechtlich) für das geplante Steinkohlekraftwerk erhebliche Schwachpunkte offenbart haben, die eine Genehmigung nicht so bald wahrscheinlich machen. Statt Strom aus Kohle setzt die EBM nun verstärkt auf Wind-,  Solarstrom- und Wasserprojekte. Den Rückzug des Ende 2008 gefällten Entscheids erklärte EBM-Geschäftsführer Büttiker mit einer derzeit am Elektrizitätsmarkt zu  beobachtenden Entspannung: "Als wir den Entscheid für Brunsbüttel getroffen hatten, gab es praktisch keine Alternative zu dieser Strombeschaffung. Das hat sich in der letzten Zeit geändert. Im Moment gibt es genügend Möglichkeiten für Investitionen in umweltfreundlichere Elektrizitätserzeugung."

Für die Münchensteiner Energieverteiler war der Einstieg in das hierzulande umstrittene Kohlekraftwerk im norddeutschen Brunsbüttel vorab ein Schritt zur  Absicherung der Versorgungssicherheit, auch wenn er ökologisch "natürlich bedenklich" war, wie Hans Büttiker erklärte. Schon damals sei im Verwaltungsrat der Entscheid zugunsten des Kohleprojekts im Wissen um die "alles andere als CO2-freie Stromproduktion" erfolgt: "Wenn wir ruhigen Gewissens die Region mit Strom versorgen wollen, blieb uns zum damaligen Zeitpunkt nichts anderes übrig als das Investment in Brunsbüttel einzugehen." ... "Es gibt heute genügend Angebot für neue Kraftwerksanteile vor allem in Wind- und Solarstromprojekte. Wir treiben derzeit für rund 100 Millionen Franken Projekte voran, die wir nun zuerst realisieren wollen."

Ob der EBM aus dem Kraftwerks-Rückzieher ein allfälliger Schaden erwächst, ist unklar. Sicher ist, dass zum aktuellen Zeitpunkt der Brunsbüttel-Anteil mit Verlust veräussert werden müsste. Grund: In Deutschland besteht ein Überangebot an Kraftwerksprojekten, bedingt durch die Absicht der deutschen Regierung, die  bestehenden Atomkraftwerke länger am Netz zu behalten als es ursprünglich mit dem Atomausstieg vorgesehen worden war. Büttiker: "Im schlimmsten Fall müssen wir uns an den Aufräumkosten für Brunsbüttel beteiligen."
 

(uws - Quellen: Bürgerinitiative für Gesundheit und Klimaschutz Unterelbe, www.onlinereports.ch)