Neues Spaßbad nur für vermögende Touristen?
Mit der neuesten Pressemitteilung, die Herr Stadelmann
als Kommentar zur Veröffentlichung der Studie zum touristischen Kiel
verfasst hat, wird deutlich worum es bei der Entscheidung den Kieler Politikerinnen
wirklich ging, bei der Genehmigung für den Bau eines 17-Millionen
Spaßbads: Es ging nicht so sehr um die Kielerinnen und Kieler, sondern
um Touristen. Zitat: „Für Familien mit kleinen Kindern, die in Kiel
Urlaub machen, ist es besonders wichtig, auch einmal etwas bei (in Kiel
auch im Sommer nicht selten vorkommendem) Regenwetter unternehmen zu können.
Auch zu diesem Zweck werden wir an der Hörn ein neues, großes
Hallenbad mit attraktivem Außenbadebereich, Spiellandschaft und Rutschen
bauen und im Gegenzug die alten Kieler Schwimm-
hallen am Schrevenpark und in Gaarden schließen.“
Nicht nur, dass das Spaßbad vom Eintritt her viel teurer wird für Familien, sondern es werden auch fußnahe Bademöglichkeiten entfernt. Vor Jahren noch argumentierte die SPD damit, dass so etwas unverzichtbar wäre und ihr am Herzen liegen würde. Nun liegen ihr Touristen mehr am Herzen als Kieler Familien. Für Touristen sind solche Kosten vertretbar – denn im Urlaub gibt man gerne mehr aus – denn man will etwas erleben und sehen. Aber viele Familien in Gaarden z.B. können sich seit Jahren gar keinen Familienurlaub leisten. Für sie ist eher die Frage wo sie ohne viel Zeitaufwand und große Kosten für ein paar Stunden mit ihrer Familie Erholung finden können. Für diese Familien wird das Spaßbad unbezahlbar sein und man wird nur aus zweiter Hand von den reicheren Verwandten und Bekannten davon hören, wie es dort ist.
Hoteliers subventionieren? Für das seltsam klingende
Projekt „Cruise Kiel - Touristisches Destinationsmanagement Schleswig-
Holstein“ sollen insgesamt 610.000 Euro ausgegeben werden,
um „die durch den Fähr- und Kreuzfahrttourismus erzeugten Umsätze
zu verdoppeln“. Damit zu den 6,6 Millionen (laut Stadelmann) noch weitere
Millionen in deren Töpfe wandern. Hinzu muss man ja rechnen, was die
Hoteliers durch die FDP-Steuersenkung schon sparen. Währenddessen
müssen ärmere Familien in Kiel immer noch auf eine Lösung
für die Finanzierung von KITA-Plätzen warten. Hier spielt die
Stadt auf Zeit. Jeden Monat in dem man sich einer Lösung verweigert,
wird fürs Stadtsäckel gespart. Und man spart dafür, dass
man wie jetzt geplant den Hoteliers auf salopp gesagt ihre Werbung finanziert.
Kiels Vorteil soll dabei sein, dass man hofft, dass die Touristen etwas
mehr Geld dalassen. Und von dem Gewinn, den die Hoteliers dann machen zahlen
sie dann ganze 7% Umsatzsteuer und etwas Gewerbesteuer.
Dies ist die klassische Verteilung von Unten nach Oben. Denn die zusätzlichen Steuereinnahmen werden eben nicht auf die Gesamtbevölkerung Kiels verteilt, sondern nach der inhärenten Logik des Stadtmarketings bevorzugt in eine weitere Verbesserung der Konkurrenzsituation der Städte nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten investiert. So werden Städte in einen ruinösen Standortwettbewerb getrieben. Das bedeutet, das überall in Konkurrenz ähnliche Investitionen getätigt werden um einen ähnlichen Effekt zu erreichen. Wie z. B. die Attraktivitätssteigerung. Man kann da die Jahrzehnte zurückgehen in Kiel und findet es überall. z.B. Science Center. Kiel hat bereits Millionen zum Bau investiert, war aber zu spät. Andere „Destinationen“ waren früher und erfolgreicher (nach der neuen Kalkulation).
Die heutigen Politiker glauben sie wären besonders schlau, weil sie meinen gelernt zu haben, dass man eine Stadt wie ein ganz normales Unternehmen betreiben muss. Man stellt die Haushalte auf ein neues System um, wie es in Unternehmen Anwendung findet, man investiert bewusst in Projekte die gewinnbringend erscheinen, man outsourcet so viele Aufgaben wie möglich, damit man bei Bedarf jederzeit Kosten sparen kann und statt eigenem Personal die Konkurrenz der Dienstleister hat und frei wählen kann. Man gliedert Aufgaben in städtische GmbHs aus, bietet diese zum Teil Investoren an um Kasse zu machen - oder sieht ÖPP (Gemeinsame Projekte der Öffentlichen Hand und der Privatwirtschaft) immer noch als Wundermittel an.
Was wir beobachten ist eine konsequente Ausweitung der
Prinzipien des Kapitalismus auf alle Lebensbereiche: Was keinen Gewinn
bringt, ist auch nichts wert. Es gibt also Bereiche, an denen liegt Kiel
etwas. Das ist z.B. die Bildung, der Tourismus, die Wissen-
schaft, das Segeln, Großveranstaltungen,... ...
Das ist IHRE Logik. Das Problem dabei ist, dass diese Politik Folgen hat.
Ich wiederhole mich, aber diese Politik hat dazu geführt, dass man
über Jahrzehnte in viele Bereichen, wie z. B. der Bäderlandschaft
den Geldhahn zugedreht hatte. Als Folge davon verrotteten die Bäder.
Während dieser Zeit klopfte man sich stolz auf die Schultern ob der
erfolgreichen Sparpolitik. Letztlich musste die Lessinghalle als erste
DESWEGEN geschlossen werden. Und nun muss man betonen: Nicht unabsichtlich,
sondern absehbar und planvoll. Jedes Objekt erfordert Investitionen. Man
kann eine Weile sparen ohne das man etwas merkt, aber irgendwann sieht
man es und es wird gefährlich. ... Bei offenen Augen betrachtet sieht
die angeblich so rigide Sparpolitik also so aus, dass man überall
Geld hinauswirft. Auf dem Papier sieht es gut aus – denn die Bilanz verbucht
ja ein Plus durch die Subventionen. Geld, dass die Stadt Kiel sich sozusagen
durch eine Förderung sparen kann.
Doch wenn man sich die martialisch anmutenden Einsparankündigungen
seitens OB Albig anschaut, ahnt man schon jetzt: Gekürzt werden soll
überall dort, wo die Substanz eh gering und man am Anschlag ist. Dort
werden die Kosten künstlich groß gerechnet und die möglichen
Einsparungen durch Investitionen klein gerechnet. Das wird dann vor allem
der Sozialbereich sein. Wobei dort bereits viele Ausgaben staatlich festgelegt
sind. Man wird sehen, wo konkret der Rotstift angesetzt wird. Leider ist
der Widerstand gegen diese unsinnige Politik in Kiel noch sehr gering.
Der Unmut und das Wissen wächst, hat aber noch nicht eine kritische
Masse erreicht.