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Gewerkschaftsticker

Die deutschen Arbeitnehmer zählen zu den bescheideneren der Welt. Nirgendwo im Westen werden weniger Streiktage gezählt, kaum ein Land reagierte auf sich verschlechternde Gewinnzahlen mit vergleichbar großer Lohnzurückhaltung. (Handelsblatt)

„Kaum ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin schafft die Rente mit 65, von der 67 gar nicht zu reden. Es ist somit ein großer sozialpolitischer Fehler, wenn die Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen an der Rente mit 67 festhält. Ohne ernsthaft die Fakten zu überprüfen und sich mit der Lebenswirklichkeit der Menschen z.B. auf den Baustellen, in den Krankenhäusern und Kindergärten, am Hochofen oder auf den Werften auseinander zu setzen, schickt sie ältere Beschäftigte in die Altersarmut oder in die Langzeitarbeitslosigkeit. Denn die Erwerbschancen Älterer sind nach wie vor schlecht – da helfen alle Vergleiche nicht, dass es vor wenigen Jahren noch katastrophaler war.

Fast ein Drittel aller Arbeitslosen, nämlich 900.000, sind älter als 50 Jahre, und über 300.000 sind länger als zwei Jahre arbeitslos. Bei der Arbeitslosigkeit unter den Älteren hat es keinerlei Verbesserung gegeben. Dies gilt vor allem für die Gruppe der über 60-Jährigen, deren Arbeitslosigkeit ist in den letzten zwölf Monaten um 50% angestiegen. Und nur jeder vierte ältere Arbeitslose über 55 Jahren findet überhaupt noch einmal Zugang zum Arbeitsmarkt. Deshalb sind am Ende noch nicht einmal 10% der 64-Jährigen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Heute muss die Hälfte der Altersrentner vor 65 mit Abschlägen in Rente gehen und verliert dabei im Durchschnitt 110 Euro Monatsrente. Und diejenigen, die aus gesundheitlichen Gründen vorher ausscheiden, werden mit Erwerbsminderungsrenten von ca. 640 Euro pro Monat abgespeist. Rente mit 67, das wissen die Menschen, bedeutet für sie Rentenkürzung. Lebensstandardsicherung ist damit für die meisten nur noch eine Illusion, Altersarmut für viele eine reale Gefahr.

Die Bundesregierung hat bei der Verabschiedung der Rente mit 67 eine Bestandsprüfungsklausel eingeführt. Dieser Klausel zufolge muss sie alle vier Jahre eine  Einschätzung darüber abgeben, ob die Rente mit 67 bestehen bleiben kann. Dabei müssen Arbeits-
marktlage und wirtschaftliche und soziale Situation älterer Arbeitnehmer berücksichtigt werden. Detlef Wetzel, Zweiter Vorsitzender der IG Metall, sieht vor diesem Hintergrund keine Zukunft für die Rente mit 67.

Die Vereinte  Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) zieht zwölf Tage nach Inkrafttreten des Pflegemindestlohns für die rund 750.000 Pflegebeschäftigten eine kritische Bilanz. In den vergangenen Tagen hatte ver.di eine Hotline zum Thema Pflegemindestlohn geschaltet, die sehr gut in Anspruch genommen wurde. „Eine erste Auswertung der Anrufe hat ergeben, dass Arbeitgeber nichts unversucht lassen, um den Pflegemindestlohn zu umgehen“, kritisierte ver.di-Bundesvorstandsmitglied Ellen Paschke. Obwohl dies nach dem Mindestlohngesetz nicht erlaubt ist, würden beispielsweise Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Schichtzulagen oder Leistungsprämien auf den Stundenlohn umgelegt und dieser so von 7,48 Euro auf die in der entsprechenden Rechtsverordnung vorgeschriebenen 8,50 Euro erhöht. Auch die sogenannten Fahrgelder, Zuschüsse für private Fahrzeuge, die dienstlich genutzt werden, würden plötzlich auf den Stundenlohn angerechnet. Außerdem würden Fahrzeiten zwischen den Patienten nicht mehr als Arbeitszeit anerkannt, sondern nur noch die beim Patienten verbrachte Zeit. „Wir hatten schon damit gerechnet, dass Arbeitgeber alle erdenklichen Tricks nutzen werden, um den Pflegemindestlohn faktisch zu drücken. Die Schilderungen der Kolleginnen und Kollegen bestätigen unsere Befürchtungen. Natürlich werden wir das nicht dulden und nun für unsere Mitglieder tätig“, kündigte Paschke an.

Weltweit sind 81 Millionen junge Menschen ohne Arbeit. So viele wie nie zuvor und die Zahlen steigen wegen der Krise weiter, so ein Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation. Auch in Deutschland müssen Jugendliche oft viel zu lange nach einem Ausbildungsplatz suchen – der DGB fordert Beschäftigungsbrücken.

Seit dem Start von Hartz IV arbeiten immer mehr Menschen zu so geringen Löhnen, dass sie auf Zuschüsse aus Hartz IV angewiesen sind. Bislang hat der Staat dafür über 50 Milliarden Euro ausgegeben, indirekt subventioniert er damit die Arbeitgeber. Schwarz-Gelb muss endlich flächendeckende Mindestlöhne einführen, fordert DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.

Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter besser stellen. "Diese Angestellten müssen wie richtige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer behandelt werden", sagte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Margret Mönig-Raane am 9. August im Deutschlandfunk. Sie forderte, die Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter besserzustellen. "In Frankreich bekommen sie sogar einen Zuschlag bezahlt". Und: "Die Leiharbeit ist ein Instrument für Personalengpässe. In Deutschland wird sie jedoch genutzt, um die Löhne zu drücken. Ich erwarte, dass die Politik dem Lohndumping einen Riegel vorschiebt", so Mönig-Raane.

Kostenlose Schulspeisung für Alle und mehr Geld für die Bildungsinfrastruktur, das ist für DGB-Vorstand Annelie Buntenbach die bessere Alternative zu Chipkarten für Kinder, deren Eltern Hartz-IV beziehen.

Der DGB ruft die Vertreter der ArbeitnehmerInnen in den Aufsichtsräten auf, gegen überhöhte Vorstandsgehälter vorzugehen. Möglich macht dies das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütungen, sagt DGB-Vorstand Dietmar Hexel. Einkommen wie die von Deutsche Bank-Chef Ackermann seien "gesellschaftlich nicht akzeptabel", so Hexel.

Die deutsche Wirtschaft ist wieder auf Wachstumskurs, angetrieben von einer steigenden Nachfrage des Auslands. Doch der private Konsum bleibt weiterhin schwach. DGB-Vorstand Claus Matecki fordert jetzt eine neue Wachstumsstrategie für einen starken Binnenmarkt.

Die Milliardenspenden von Superreichen in den USA haben in Deutschland eine Debatte darüber entfacht, ob dies auch hierzulande vorbildlich sein könne. Dass Vermögende stärker finanziell in die Pflicht gehören, darin besteht Einigkeit. Die Politik solle aber eher Äußerungen von reichen Bundesbürgern beachten, „die sich bereiterklärt haben, mit höheren Steuern ihren Anteil an den dringend zu lösenden Aufgaben des Gemeinwesens zu erfüllen“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki. Der DGB fordert höhere Abgaben für große Vermögen durch eine Erbschafts- und Vermögenssteuer.
 

(hg)