Jahr für Jahr nimmt die weltweite Wirtschaftsleistung zu, selbst während der Weltfinanzkrise wuchs sie weiter, aber während die Menschheit als Ganzes reicher wird, wächst zu gleich die Armut. Über eine Milliarde Menschen hungern inzwischen, mehr als je zuvor. Und es wird wahrscheinlich in den nächsten Jahren noch schlimmer werden, denn auf dem Weltmarkt streben die Preise für viele Grundnahrungsmittel schon wieder neuen Rekorden entgegen. Die Ziele, die sich die Staaten der Welt vor zehn Jahren auf dem mit großem Pomp begangenen Millenniumsgipfel zur Bekämpfung von Armut und Hunger gesetzt haben, beides bis zum Jahre 2015 zu halbieren, scheinen kaum noch erreichbar. Das wurde auf dem UN-Sondergipfel Ende September in New York klar.

Und was macht Bundeskanzlerin Angela Merkel, die wie über 100 andere Staats- und Regierungschefs angereist war? Nicht, dass sie irgendwelche Zusagen im Gepäck gehabt hätte, etwa eine Aufstockung der überaus bescheidenen deutschen Entwicklungshilfe. Oder vielleicht die Aussicht auf eine Steuer auf Finanztransaktionen, die die Kapitalmärkte etwas zügeln und zugleich Mittel für eine globale Umverteilung von Nord nach Süd mobilisieren könnte. Nichts von alle dem. Die Kanzlerin, immerhin Chefin eines der reichsten Länder des Planeten, das zudem erheblich von dem Schuldenregime der 1980er und 1990er Jahre profitiert, mit denen Hunderte von Milliarden US-Dollar aus den hoch verschuldeten Entwicklungsländern in die reichen Industriestaaten abgepumpt wurden, fühlt sich offensichtlich nicht zuständig. Der Hunger, von dem fast ein Sechstel der Menschheit akut betroffen ist und noch mehr bedroht sind, geht sie offenbar nichts an.

Statt dessen hatte sie – und dafür sind die Deutschen so beliebt in aller Welt – vor allem Belehrungen für die Regierungen der Entwicklungsländer zu bieten. Sie sollten ihre Praxis verbessern, effizienter werden, die Korruption bekämpfen. Vielleicht bietet Merkel ja demnächst ein paar Praktikumsplätze im Kölner Tiefbauamt oder im Rathaus Stuttgarts an. Oder vielleicht auch im deutschen Atomforum. Haben wir diese Regierung eigentlich wirklich verdient?