Bleiberecht für die Opfer!

Nur 11 der 38 Überlebenden des Lübecker Brandanschlags vom Januar haben einen gesicherten Aufenthaltsstatus. Den anderen droht nach dem 8.11. die Abschiebung. In Kiel bereitet ein Bündnis eine Veranstaltung über die Folgen des Anschlags und die tendenziösen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft vor.

Noch immer sind die Überlebenden des Lübecker Brandanschlages vom Januar im Ungewissen über ihre Zukunft in Deutschland. Am 8. November läuft für die Mehrheit von ihnen die Duldung aus. Nun befürchten sie, nach Ablauf dieser Frist oder spätestens nach dem Prozeß gegen Safwan Eid abgeschoben zu werden. Das wurde am 22.8. auf einer Veranstaltung im Lübecker Rathaus deutlich. Der „Lübecker Runde Tisch“ - ein regelmäßiges Treffen verschiedener karitativer und politischer Gruppen und Parteien - hatte Landesinnenminister Wienholz eingeladen, um mit ihm zu beraten, was für die Flüchtlinge aus der Hafenstraße getan werden kann.

Doch was der SPD-Politiker zu bieten hatte, war mehr als enttäuschend. Immer wieder zog er sich auf das Gesetz zurück, das eingehalten, den ordentlichen Verfahrensgang, der beachtet werden müsse. Mehrmals mußte aus dem Publikum nachgefragt werden, ob er denn zumindest erklären könne, daß er alles in seiner Macht stehende unternehmen werde, ehemaligen Hafenstraßenbewohnern einen dauerhaften Aufenthalt in der Bundesrepublik zu ermöglichen. Erst als sein Parteifreund, der Lübecker Bürgermeister Michael Bouteiller, ihn sichtlich erregt erneut festzunageln versuchte, bequemte er sich zu einer Antwort. Er wolle sich dafür einsetzen, daß die Brandopfer in Sicherheit leben können. Auf das „Wo?“ verweigerte er allerdings die Antwort.

Christoph Kleine - für das Lübecker Bündnis gegen Rassismus auf dem Podium - fand das „gelinde gesagt feige.“ Wienholz solle sich darauf einstellen, daß er die Abschiebung der Brandopfer nur mit massivem Polizeieinsatz werde durchsetzen können. Die Äußerungen des SPD-Politikers hätten für ihn deutlich gemacht, daß man sich in dieser Frage nicht auf die Behörden verlassen könne. Ziviler Ungehorsam sei daher angesagt.

Der Brandanschlag, so stellte sich heraus, war in den Augen des Innenministers ein „Unfall“ gewesen. Von Flüchtlingen deswegen zur Rede gestellt, bemerkte er noch immer nicht seinen Fauxpas, sondern meinte, man könne sich ja vielleicht darauf einigen, daß es ein tragisches Ereignis war. Zwei Tage später wiederholte er seine Äußerungen gegenüber der „jungen Welt“ und begründete sie interessanterweise damit, daß er nicht vorverurteilen wolle.

Der Disput zwischen Bouteiller und Wienholz löste in den darauffolgenden Tagen einiges Rauschen im schleswig-holsteinischen Blätterwald aus. Die „Lübecker Nachrichten“ kolportierten die Aussage des Bürgermeisters, er schäme sich, in der SPD zu sein, und verschwiegen den Zusammenhang. Bouteiller hatte gesagt, wenn der Innenminister nicht bereit sei, zu versprechen, für ein Bleiberecht der Flüchtlinge alles in seiner Macht stehende zu tun, würde er sich schämen, mit ihm in einer Partei zu sein. Wienholz ließ sich dieses Versprechen allerdings nicht abringen.