Kernspalte

Das Atomkraftwerk Krümmel ist derzeit immer für eine Schlagzeile gut. Nachdem im Juli in seiner Nachbarschaft ein erneuter  Leu- kämiefall aufgetreten war, erteilte am 21.8. das Bundesverwaltungsgericht der Landesregierung einen Rüffel. Sie hätte nach Ansicht der Richter ein öffentliches Genehmigungsverfahren durchführen müssen, als die Kraftwerksbetreiber die Erlaubnis für den Einsatz eines neuen Brennstäbetyps beantragten. Und das, wo man sich im Kieler Energieministerium bisher gerühmt hatte, daß Atomrecht strikt zu Ungunsten der Atomwirtschaft auszulegen. Die Grünen sehen nach dem Urteil neue Spielräume für die Aufsichts- und  Genehmigungs- behörden.

Mal sehen, ob ihr Staatssekretär Voigt sie nutzen wird. Demnächst wird er jedenfalls erst einmal das Land Schleswig-Holstein vertreten müssen, das von seinem Parteifreund Karsten Hinrichsen wegen des AKW Brokdorfs beklagt wird. Hinrichsen und Voigt hatten sich auf dem Koalitions-Parteitag im Mai wegen der Atompolitik kräftig beharkt.

Ende August wurde Krümmel vorübergehend abgeschaltet, wegen einer Routineuntersuchung, wie es hieß. Einige Tage zuvor hatte das Fernsehmagazin Monitor berichtet, daß „Fachleute“ von Siemens-KWU Teile des Druckbehälters beim Einbau mit Hydraulikpressen zurechtgebogen und unter Spannung verschweißt haben. Für einen derartigen Pfusch würde man wahrscheinlich durch jede  Gesellen- prüfung fallen. Siemens-KWU ist übrigens gerade dabei, in Osteuropa AKWs im großen Maßstab mit „unübertroffener“ deutscher Sicherheitstechnologie nachzurüsten.

Der „Koordinationskreis Siemens-Boykott“ hat daraufhin bei der Lübecker Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen die Siemens AG gestellt. Es bestehe der Verdacht des Verstoßes gegen das Atomgesetz bzw. gegen die Strahlenschutzverordnung. Der Koordinationskreis weist darauf hin, daß sämtliche noch im Betrieb befindlichen Atommeiler von der KWU gebaut wurden. (Die KWU war ursprünglich ein Gemeinschaftsunternehmen mit der AEG und wurde später in den Siemens-Konzern integriert.)

In Gorleben bereitet man sich unterdessen auf den nächsten CASTOR-Transport vor, der für den November erwartet wird. Beim letzten Mal im Mai hatten sich 10.000 Menschen in den Weg gestellt. Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg hat danach über hundert  An- zeigen wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung im Amt gegen zahlreiche Polizeibeamte gesammelt, die Anfang August abgegeben wurden. Der November-Transport soll diesmal gleich drei Behälter umfassen, einen aus dem bayerischen Gundremmingen und zwei aus dem baden-württembergischen Neckarwestheim. Am 7.9. ist im Wendland Aktionstag. Aus Kiel fährt ein Bus (Abfahrt 7 Uhr, Hansastr. 48). Am 11.9. findet in der Pumpe eine Informationsveranstaltung der Kieler Initiative gegen Atomanlagen (KIGA) statt.

(wop)