Was lange währt ...

Seit nunmehr fünf Jahren bemüht sich der Verein „Haus der Initiativen“ um ein Initiativenzentrum für Kiel. In den letzten Monaten gab es Signale, die hoffen lassen, daß unsere Idee eine Chance bekommen könnte. So wurde von der Stadt Kiel ein Gutachten in Auftrag gegeben, um festzustellen, ob die „Sternschule“ zur Beherbergung eines Initiativenzentrums geeignet ist.

Geschichtliches

Durch die Abrißpolitik der Stadt Kiel wurden in den letzten Jahren besonders Initiativen und Gruppen aus ihren Räumlichkeiten vertrieben. So wurden im Zuge des Hopfenstraßenausbaus das Initiativenzentrum im Königsweg und das Merhaba zerstört. Nur wenige Gruppen konnten neue Räumlichkeiten in der Ringstraße beziehen. Aber auch schon vor dem Abriß waren viele Gruppen gezwungen, sich in Kneipen oder in Privaträumen zu treffen. Daß sich dieses nicht gerade förderlich auf die Arbeit, die ja oft davon lebt, öffentlich erlebbar und sichtbar zu sein, auswirkt, liegt auf der Hand.

Um aus dieser Misere herauszukommen, gründete sich der Verein „Haus der Initiativen“. Nachdem der Verein versucht hatte, auf dem „freien“ Markt Räume zu mieten, mußten wir schnell feststellen, daß uns kein Gebäude angeboten werden konnte, welches groß genug, zentral gelegen und bezahlbar war. Bei unserer weiteren Suche stießen wir aber schnell auf das städtische Gebäude der ehemaligen Sternschule am Wilhelmplatz. Dieses Gebäude wird seit ca. 10 Jahren als Archiv des Stadt- und Schiffahrtmuseums und des wahrscheinlich nie entstehenden Industriemusems genutzt. Bei unseren Gesprächen mit VertreterInnen von Parteien und der Stadt Kiel wurden wir immer wieder auf die Fröbelschule in Gaarden (gegenüber des Bahr-Heimwerkermarktes) hingewiesen. Wir als Haus der Initiativen haben in diesen Gesprächen immer klargemacht, daß die Fröbelschule keine Alternative sein kann. Dies liegt hauptsächlich an der Lage des Gebäudes. Hier, am Rand von Kiel, ist es nicht möglich, unser Konzept durchzuführen. Das Konzept ist gerade darauf aufgebaut, daß die Arbeit der Initiativen und Gruppen wieder für viele Menschen „erlebbar“ werden soll und das Zentrum mehr sein soll als ein Bürohaus. Aber zur Fröbelschule später mehr.

Konzept: Das Haus der Initiativen

Unsere Vorstellung: Das „Haus der Initiativen“ soll u.a. Kultur-, „Dritte Welt“-, Umwelt-, Bildungs- und Medienprojekte beherbergen. Kultur und Information werden hier räumlich verbunden und die vielfältigen ehrenamtlichen Tätigkeiten der verschiedenen Vereine unterstützt.

Das Haus soll aber nicht nur die Initiativen untereinander zum Austausch anregen, sondern wirkt auch verstärkt nach außen: Es dient für alle Kieler und Kielerinnen als Anlaufstelle, sei es, daß sie Information oder Beratung zu einem bestimmten Thema suchen, ganz einfach mal gukken wollen und neue Anregungen mit nach Hause nehmen, in der Kneipe sitzen oder eine der vielen anderen Einrichtungen nutzen.

Die BesucherInnen tragen Ideen ins Haus, das Haus bringt Anregungen nach draußen und leistet so einen Beitrag zu einer lebendigen Stadtteilkultur.

Hinter der Idee eines solchen Zentrums stehen in erster Linie zwei Absichten: Für politische und soziale Initiativen, Vereine und Projekte soll ein Raumangebot in zentraler Lage geschaffen werden. Neben den eigentlichen Büroräumen kann und soll eine gemeinsame Infrastruktur genutzt werden. So wird ein Teil der Fläche zu Gruppen- und Tagungsräumen ausgebaut, die dann allen NutzerInnen des Hauses zur Verfügung stehen. Z.Z. sind Gruppen gezwungen, Mieten (in der Pumpe ca. 200 DM) für Veranstaltungsräume zu zahlen. Bei der finanziellen Ausstattung einzelner Gruppen ist dieses sehr viel.

Außerdem soll Raum angeboten werden für selbstverwaltete, ökologische Betriebe und Projekte. In der wirtschaftlichen Förderung fallen solche Betriebe leider zu oft hinten runter. Die Zusammenfassung solcher Betriebe und Projekte an einem zentralen Ort bietet den z.T. neu entstehenden, aber auch schon existierenden Betrieben und Projekten aufgrund des Synergieeffektes und der zentralen Lage bessere wirtschaftliche Möglichkeiten. So können dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen und/oder erhalten werden.

Ein besonderes Kennzeichen des Gesamtkonzeptes ist eine gewollte gegenseitige Ergänzung der einzelnen Bereiche. Das Vorhandensein politischer und kultureller Projekte nützt den angesiedelten Betrieben und Projekten. Auf der anderen Seite nützt die angebotene Infrastruktur den sozialen, politischen und kulturellen Initiativen, weil sie ihnen optimale Arbeitsbedingungen bieten kann. Zudem sind die Übergänge von politischer, kultureller oder sozialer Arbeit zur Erwerbsarbeit nach dem gemeinsamen Verständnis fließend. Als gemeinsamer Nenner gilt der Begriff der sinnstiftenden Arbeit, unabhängig von der sonstigen Definition und Funktion dieser Arbeit für die Arbeitenden.

Die Vernetzung von hauptamtlicher, ehrenamtlicher und selbständiger Tätigkeit in den unterschiedlichen Bereichen ist also gewünscht und gewollt. Unterschiedliche Ansätze politischer, kultureller, gewerblicher und sozialer Arbeit stehen hier nicht gegeneinander.

Aktueller Stand

Zur Zeit sind im Verein 32 Gruppen organisiert. Zu ihnen gehören u.a. Gruppen wie ZBBS, TIO, Avanti, Computer Club S.-H., Toppoint Mailbox, DFG-VK und der Infoladen „Beau Rivage“. Aber auch einige Betriebe haben Interesse bekundet, die Sternschule zu nutzen, z.B. der Velocity-Kurier, eine Kneipengruppe und eine Foodcoop.

Durch das Gutachten, das die Stadt Kiel in Auftrag gegeben hat, sollen folgende Punkte festgestellt werden:

a) ist die Sternschule als Initiativenzentrum geeignet?

b) eine bauliche Bestandsaufnahme

c) Erstellung eines Vorentwurfskonzeptes

Am 16.9. gab es eine gemeinsame Begehung der Sternschule. Bei dieser Begehung wollte sich der Gutachter Jens Imorde zusammen mit einem Architekten einen Überblick über den Bauzustand der Sternschule verschaffen. Als kurzes Ergebnis stellten sie fest, daß die Sternschule in einen sehr guten Zustand ist. Als Problem können der Keller (feucht), der Dachboden (hohe Kosten bei einem Ausbau) und der Denkmalschutz angesehen werden. Ansonsten sei festzuhalten, daß sich die Sternschule sehr gut für ein Initativenzentrum eignet. Diese Einschätzung wiederholte Herr Imorde auch noch einmal am Abend, an dem es ein gemeinsames Treffen mit dem Verein gab. An diesen Treffen nahmen über 20 VertreterInnen von Gruppen teil und diskutierten die Chancen, die ein Initiativenzentrum bietet. Klar wurde, daß wir eine Nutzung des Gebäudes nicht zum Nulltarif bekommen. Selbst wenn alles so läuft, wie wir uns das wünschen, kommen Kosten von ca. 5 bis 6 DM/m2 auf die Gruppen zu. Wenn das Gutachten für uns gut ausfällt, und alles deutet darauf hin, so sind wir zwar nicht am Ziel, aber schon ein ganzes Stück weiter. Wir müssen dann diesen Rückenwind ausnutzen und uns an die Arbeit machen, damit Kiel endlich das erhält, was in fast jeder Kleinstadt bereits existiert, ein gemeinsames Haus der Initiativen.

Am Ende noch eine Anmerkung zur Fröbelschule. Der Stand dort ist, daß anscheinend ca. 20 Gruppen eine Zusage haben, in die Fröbelschule gehen zu können. Dieses sind andere Gruppen als die, die sich um die Sternschule bemühen. Alle Gruppen sollen anscheinend Einzelmietverträge bekommen. Die meisten Gruppen wissen z.Z. noch nicht einmal, mit wem sie sich das Gebäude teilen werden. Gruppen wie Musiko erhalten nur 4 Räume, obwohl sie einen Bedarf von über 20 hätten. Die Schwäche der interessierten Gruppen, nicht gemeinsam aufzutreten, scheint die Verwaltung auszunutzen, um die einzelnen Gruppen gegeneinander auszuspielen. Außerdem gibt es Bestrebungen, das Sternschulenprojekt gegen die Fröbelschulenleute auszuspielen. Wir als Verein „Haus der Initiativen“ werden dies nicht zulassen. Beide Projekte haben ihre Berechtigung und machen Sinn. Jahrelang hat die Stadt Kiel ehrenamtliche Arbeit in Initiativen nicht gefördert, sondern eher behindert. Dieses Jahr hat sie die Chance, dieses endlich zu verändern. (Verein „Haus der Initiativen“)