Kommentar

Der Kapitalismus muß abtreten

Entschlossen und geschlossen hat die Bonner Koalition, mit Kanzlermehrheit, die Kürzung der Lohnfortzahlung beschlossen. Damit ist eine weitere wichtige Forderung der Kapitalisten erfüllt worden. Besonders schändlich war das Abstimmungsverhalten der sogenannten Arbeitnehmervertreter in der CDU, der CDA, sowie der Frauen in der Bonner Koalition, die sogar einer Kürzung der Lohnfortzahlung für Schwangere zugestimmt haben. Die Sozialdemokratie hat aus taktischen Gründen das „Sparpaket“ abgelehnt, hat sie dem doch, außer kleineren kosmetischen Korrekturen, nichts entgegezusetzen. Außerdem darf man nicht vergessen, daß auch die Sozialdemokratie verantwortlich ist für kapitalistische Mißwirtschaft, marode Staatshaushalte und Sozialabbau.

Die Arbeitgeberverbände haben ihre Unternehmen bereits zum Rechtsbruch aufgerufen. Sie fordern ihre Unternehmer auf, im Krankheitsfall ab Oktober nur noch 80% zu zahlen, obwohl in den Manteltarifverträgen etwas anderes vereinbart wurde. Außerdem sollen die Manteltarifverträge gekündigt werden.

Für die Gewerkschaftsführung steht nicht nur ihre Glaubwürdigkeit auf dem Spiel, denn ihren flotten Sprüchen vom „heißen Herbst“ müssen jetzt Taten folgen. Sollten sich das Kapital und sein politisches Personal durchsetzen, werden sie sicherlich auch die Flächentarifverträge zerschlagen, und wir hätten schnell Verhältnisse wie in England oder Amerika.

Die Gewerkschaften müssen deshalb gemeinsam gegen die Kürzung der Lohnfortzahlung kämpfen, auch für die Kolleginnen und Kollegen, für die keine entsprechenden Tarifverträge bestehen! Streiks, auch politische, gegen das Kapital und die Regierung sind angesagt, denn die Lohnfortzahlung ist eine der wichtigsten erkämpften Errungenschaften der westdeutschen Arbeiterklasse.

Aber es geht hierbei nicht nur um den Abbau des „Sozialstaates“, sondern auch um Reste von Demokratie, die in Deutschland zum Abschuß freigegeben werden. Deshalb muß sich unser Handeln auch nur an den Interessen der abhängig Beschäftigten, der Sozialhilfeempfänger und Arbeitslosen orientieren. Auch den falschen „Ratgebern“ in den eigenen Reihen, in und außerhalb der Gewerkschaften, müssen wir eine Absage erteilen, denn auch mit geläuterten Sozialdemokraten und Bündnisgrünen, mit Veränderungen der Mehrheitsverhältnisse in den Parlamenten wird es keine wirklichen Verbesserungen für die Mehrheit der Bevölkerung geben, denn der Kapitalismus ist offensichtlich nicht mehr in der Lage, Forderungen im Kampf gegen Arbeitslosigkeit, Sozialabbau, Umweltverschmutzung etc., die für das Überleben notwendig sind, zu erfüllen. Deshalb muß er „abtreten“, mitsamt seinem politischen Personal und seinen Institutionen, und dabei sollten wir ihm behilflich sein. (hg)