APO inside

Ach ja, die jüngeren LeserInnen ... Also: APO heißt Außerparlamentarische Opposition, findet, wie der Name schon sagt, nicht in Parlamenten statt, sondern auf der Straße und ist überhaupt viel frischer und lebendiger als die Abstimmungsmaschinen in den sog. „hohen“ Häusern, wie wir sie heute kennen.

Einer der, wenn nicht überhaupt der Wegbereiter der APO und damit des Aufflackerns eines kurzen Moments von „Demokratie wagen“ in Deutschland am Ende der 60er Jahre war Rudi Dutschke. Eine Legende bei Freund und Feind, die Gretchen Dutschke, seine Frau, in ihrer Biographie auf den Teppich der nicht minder legendären Realitäten zurückholt. In minutiösem Bericht, unterfüttert mit zahlreichen Dokumenten und Tagebüchern zeichnet sie damit nicht nur das Leben des Genossen Rudi, sondern das einer ganzen Jugendepoche nach. Und genau dies ist das Verdienst ihrer Biographie, daß sie einen Menschen als Kind und Vorantreiber seiner Zeit zugleich darstellt.

Der tiefe Blick in die APO, ihre Genese, ihre Geschichte und ihre Folgen fördert auch manchen Abgrund zutage. Eindrucksvoll schildert Gretchen Dutschke z.B. den Umgang der revolutionären Männer mit Frauen, der hinter ihrem Anspruch nach Freiheit, Gleichberechtigung und nicht zuletzt Revolutionierung der bürgerlichen Gesellschaft weit zurückblieb.

Nicht minder hart aber geht sie mit der BRD-Gesellschaft der damaligen Zeit ins Gericht, deren Springerpresse das Attentat auf Rudi Dutschke, an dessen Spätfolgen er 1979 in Dänemark starb, geradezu herbeischrieb.

Die Feststellung, daß sich die Zeiten seither nur zum Teil geändert haben, bleibt ihrem Fazit überlassen, das nach einem derart detaillierten Einblick in die Geschichte einer Fast-Revolution aber auch Hoffnung weckt, daß es demnächst neue Dutschkes geben wird, die sagen werden: „Rudi, der Kampf geht weiter!“ (jm)

Gretchen Dutschke: „Wir hatten ein barbarisches, schönes Leben - Rudi Dutschke“, Kiepenheuer & Witsch, 512 S., 44 DM.