Einzelhandel Schleswig-Holstein:

Tarifabschluß mit Müh und Not geschafft

Mit Müh und Not ist der Tarifvertrag im schleswig-holsteinischen Einzelhandel unter Dach und Fach gebracht. Aber zu Ende sind die Verhandlungen deshalb noch nicht. Erstens ging es ja um den Lohn-/Gehaltstarif, der am 1. Mai abgelaufen war. Da beträgt der Abschluß 1,85%, wie in den anderen Bundesländern. Die Bemühungen der letzten Jahre, die Schere zwischen unteren und oberen Tarifgruppen zu verkleinern, wurden nicht fortgesetzt. Der Streit hatte sich zum Schluß auf das Problem neue Arbeitszeiten konzentriert.

Dennoch galt die erste Frage der meisten Kollegen den Finanzen und wann die Erhöhung ausgezahlt wird (wobei in manchen Konzernen schon länger das Einkommen entsprechend erhöht worden war). Anzumerken ist, daß wenigstens kein „Nullmonat“ vereinbart wurde.

So bedeuten diese 1,85% jeweils in den Jahresendstaffeln der Gruppe A (ungelernt) plus 38 DM, B1 (VerkäuferInnen) plus 59 DM, B2 (KassiererInnen/Erste VerkäuferInnen) plus 64 DM, AbteilungsleiterIn bis vier Unterstellte plus 74 DM, mehr als acht Unterstellte plus 104 DM. Bei den Lohngruppen steigen die Stundenlöhne beginnend mit L1 (leichte Lagerarbeiten) um 26 Pfennig auf 14,43 DM bis 41 Pfennig auf 22,47 DM (L4g, HandwerkerInnen). Das Auszubildendengehalt wurde nur für das zweite und dritte Lehrjahr erhöht, und zwar um 15 DM.

Für die unsozialen Arbeitszeiten nach 18.30 Uhr und samstags ab 14 Uhr wurde ein Zuschlag von 20% vereinbart, der vorrangig in Freizeit abzugelten ist. (Bisher war die Arbeit am langen Donnerstag nach 18.30 Uhr noch 50% Zuschlag wert.) Allerdings gilt das in Schleswig-Holstein nun doch nicht für alle. Am letzten Verhandlungstag billigte die Tarifkommission den Einzelhändlern zu, daß die Geschäfte, die nach der „Bäderregelung“ (in der Feriensaison) öffnen von dieser Regelung ausgenommen sind. Es bleibt zu beobachten, wohin das führt - z.B. eine Verkäuferin bei Kloppenburg in Kiel bekommt 20% Zuschlag, in Laboe nicht? Oder: welche Betriebe fallen in Zukunft unter die Bäderregelung? Unklar ist noch die Handhabung in den Bereichen, die auch bisher schon bundesweit unter Ausnahmeregelungen fielen, wie Bahnhöfe, Flughäfen usw.

Der 1. November und damit das Inkrafttreten des neuen Ladenschlußgesetzes rückte immer näher und erzeugte für beide Seiten einen gewissen Druck. Es gab zwar noch nicht viele öffentliche Bekundungen, länger öffnen zu wollen, aber im Hintergrund wird eifrig hin und her telefoniert und gefragt. Wahrscheinlich wäre es auch für die Gewerkschaften nicht einfacher geworden, weiterzuverhandeln, denn es hätten sich wahrscheinlich ungeregelt in manchen Betrieben die neuen Öffnungszeiten durchgesetzt. Einige Belegschaften wären vielleicht standhaft geblieben, das wäre auf einen Versuch angekommen. Den aber wollte wohl keine der beiden Seiten wagen.

So wird im Gegensatz zu manchen anderen Bundesländern in Schleswig-Holstein die Arbeit samstags nach 14 Uhr zuschlagpflichtig sein. Ausnahmen von der Spätarbeit sind aus dringenden persönlichen Gründen möglich: z.B. mit Kindern bis zum 12. Lebensjahr, wenn deren Betreuung nicht sichergestellt ist; mit pflegebedürftigen Angehörigen; wenn Heimfahrten sich unzumutbar verlängern; an Berufschultagen. Ein Samstag im Monat ist auf jeden Fall frei. Werden keine „attraktiven“ Freizeitsysteme vereinbart, braucht nur dreimal die Woche nach 18.30 Uhr gearbeitet werden.

Es kommt jetzt darauf an, was die Betriebsräte daraus machen. Die Verhandlungen um den gesamten Manteltarifvertrag werden weitergehen. Der ist zwar gekündigt, besteht jedoch in allen anderen Punkten weiter wie bisher - auch mit einer Lohnfortzahlung im Krankheitsfall von 6 Wochen sowie einem Zuschlag von 50% für Nachtarbeit zwischen 20 und 6 Uhr. (brg)