Kommentar:

Novembergedanken

Da stehen wir mitten im Abwehrkampf gegen aktuelle Unternehmerangriffe. Aber die Gedanken gehen zurück zu einem November, in dem ein Leben ganz ohne Kapitalisten möglich schien: 1918.

Am 7.  November verkündete der Arbeiter- und Soldatenrat Kiels: „Die politische Macht ist in unserer Hand.“
Am 9. November wurde in Berlin die Abdankung des Kaisers bekanntgegeben. Friedrich Ebert (SPD-Chef) wurde Reichskanzler. („Ich sagte mir: Die Revolution ist im Begriff, siegreich zu sein; wir können sie nicht niederschlagen, vielleicht aber ersticken.“)
Am 10. November verabredete Ebert mit General Groener den gemeinsamen „Kampf gegen den Bolschewismus“ und damit den Bürgerkrieg gegen den revolutionär gesinnten Teil der ArbeiterInnenklasse. - Der Kaiser ging, die Generäle blieben, die Kapitalisten festigten ihre Herrschaft ...

Die Macht in Kiel hatten die Matrosen bereits am 4. November. Dirk Dähnhardt, Autor des Standardwerks „Revolution in Kiel“, beschreibt die Situation so: „Vor allem ... wußten die Matrosen mit der plötzlich gewonnenen Macht offensichtlich nichts anzufangen. Ihnen fehlte ein klares Programm, das ihnen ... klare Vorstellungen, wie sie hätten weiter vorgehen können, vermittelt hätte.“ - So bekamen sie, als sie Rat suchten, Gustav Noske von der SPD. Der half, die Rätebewegung abzuwürgen. Später leistete er Hilfestellung zum Mord an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, um der Revolution auf Dauer die Köpfe zu nehmen.

„Das größte Unglück und die größte Gefahr für Europa“, so hatte Lenin mit Blick auf Deutschland etwas früher geschrieben, „besteht darin, daß es dort keine revolutionäre Partei gibt.“ Die Ende 1918 gegründete KPD war den Aufgaben nicht gewachsen.

Ich habe die Darstellung extra auf diesen heute so unpopulären Punkt zugespitzt. Ich frage: Hat uns die Novemberrevolution aktuell etwas zu lehren? In einer Zeit, in der die Masse der Ausgebeuteten vor allem Angst zu haben scheint, es möchte sie vielleicht niemand mehr ausbeuten?

Darüber würde ich gern diskutieren. Auch am 8.11.96 im „Cafe im Hof“, nach dem Film über die Novemberrevolution, den die Gaardener Antifa-Initiative dort zeigt. Um Geschichte wirklich lebendig zu machen. (DL)