Repressionswelle gegen Kurden

Erklärung der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland e.V., YEK-KOM

Am Dienstag, 22.10.1996 wurden in einer bundesweiten Aktion über 80 kurdische Wohnungen und Geschäfte von der Polizei gestürmt und durchsucht: 31 allein in Ulm und Umgebung, 19 im Großraum Stuttgart und in Franken, sieben im Raum Göppingen und 25 in Bayern, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bremen. Es gab drei Festnahmen und unzählige Ermittlungsverfahren. In Ulm wurde 31 Mitgliedern des „MED-Kulturzentrum“ das Betreten der Vereinsräume verboten - rechtliche Grundlage dafür ist (wieder einmal!) der bei Schikanen stets hilfreiche §1 des Polizeigesetzes, die „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“. Ein nach der Rechtmäßigkeit eines solchen Vorgehens gefragter Rechtsanwalt sagte: „Ich habe so etwas noch nie erlebt, ich bin sprachlos!“

Vier Tage vorher waren in München fünf Kurden wegen nichts weiterem als der Protestbesetzung ihres eigenen, von der Polizei geschlossenen Vereins zu z.T. mehrjährigen Gefängnisstrafen (mit Abschiebungsbedrohung) verurteilt worden.

Was könnte der Grund für diese neue Welle der Schikanen, Kriminalisierung und Unterdrückung in Deutschland lebender Kurden sein? Anfang November wird der türkische Staatspräsident Süleyman Demirel zu einem Staatsbesuch in der Bundesrepublik erwartet. So absurd der Gedanke erscheinen mag, ihm solle mit dieser Aktion vorab ein Gastgeschenk bereitet werden, so wenig ist er von der Hand zu weisen. Die Kurden in Deutschland haben sich seit langer Zeit absolut ruhig verhalten und damit - genau wie der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan in seinen Erklärungen und seiner Politik - ihren Wunsch nach Beendigung des Krieges in Kurdistan und der Türkei, nach Verhandlungen für eine politische Lösung und nach einem dauerhaften, gerechten Frieden deutlich ausgedrückt. Höhere deutsche Politiker und hohe Beamte des deutschen Staatssicherheitsapparates denken laut über die auch von wichtigen Teilen der deutschen Bevölkerung geforderte Aufhebung der Betätigungsverbote von PKK und ERNK nach. Trotzdem demonstrieren die Träger der deutschen Außen- und Innenpolitik immer wieder ihre blinde menschenverachtende und nur auf wirtschaftlichen Profit und politische Machtausdehnung gerichtete Freundschaftspolitik gegenüber dem faschistischen türkischen Folterstaat. (Bochum, 23.10.96)