KERNspalte

Von alters her, genauer: seit Franz-Josefs Zeiten, wird in Bayern gern an Atombomben gebastelt. Von dieser Tradition mag man auch heute, da der Ex-Atomminister längst von den Würmern aufgefressen, nicht lassen: Am 1. August wurde in Garching bei München mit dem Bau des (Atom-) Forschungsreaktors FRM II begonnen. 720 Mio. DM soll das neue Atom-Ei in Zeiten knapper Kassen kosten, doch „die bisherige Kostenentwicklung läßt vermuten, daß es bis zur Fertigstellung weit über das Doppelte kosten wird“, schreiben AKW-Gegner in einem Flugblatt.

Am 24.11. will ein Bündnis zumeist linker Gruppen in Garching gegen den Bau demonstrieren. In ihren Aufruf nehmen sie u.a. auch den militärischen Aspekt aufs Korn: „Die Verfügung über Atomwaffen ist das letzte Machtinstrument, das Deutschland nach der  Wiederbe- waffnung und der Zulassung von Kampfeinsätzen im Ausland fehlt, um auch militärisch wieder Weltmacht zu sein. Die CSU-Regierung war deshalb schon immer einer der härtesten Gegner des Atomwaffensperrvertrags. Der FRM II soll mit  bombentauglichem,  hochan- gereichertem Uran arbeiten. (...) Die jährlich anfallende Menge würde für mehrere Atombomben ausreichen. Nach dem Scheitern der WAA Wackersdorf und des ’Schnellen Brüters‘ Kalkar wäre der FRM II die erste Atomanlage in Deutschland, die mit ausreichenden Mengen an Spaltmaterial für Kernwaffen arbeitet.“

Die Strahlenbelastung in der Umgebung von Castor-Behältern scheint deutlich höher zu sein, als bisher angenommen. Eine von Greenpeace in Auftrag gegebene Studie ergab, daß während des Transports im April 1995 ins Gorlebener Atommüllager die Polizisten einer Dosis von mindestens 1,9 Millisievert ausgesetzt waren. Das niedersächsische Innenministerium hatte die Belastung mit 0,086 Millisievert angegeben. Schon diese reichte für eine Anweisung, Beamte im zeugungs- bzw. gebärfähigen Alter nicht auf längere Zeit in der Nähe der Behälter einzusetzen. Die Einheit Sievert ist ein Maß für die biologische Wirkung einer bestimmten Strahlungsmenge. Laut Greenpeace war in dem niedersächsischen Wert die Schädlichkeit der besonders gefährlichen Neutronenstrahlung unterschätzt worden.

Atomstrom ist billig, behaupten hiesige Apologeten der Nukleartechnologie stets. Die USA können sie nicht meinen. Dort sind in den Neuengland-Staaten, die ihre elektrische Energie zum überwiegenden Teil aus AKWs beziehen, die Strompreise ein rundes Drittel höher als im Rest des Landes. Bisher ging das gut, da es ähnlich wie in Deutschland Gebietsmonopole gab. Doch nun wollen diese Bundesstaaten den Strommarkt liberalisieren, und die teuren AKWs müssen mit Anbietern konkurrieren, die z.T. nur die Hälfte verlangen. Als Folge des Konkurrenzdrucks wird Personal entlassen und bei der Sicherheit gespart. Die Beinahe-Unfälle beginnen sich entsprechend zu häufen. Passend dazu wurde seit 1993 der Etat der nationalen Atomaufsicht NRC um 11% gekürzt.

(wop)