Rachejustiz ohne Ende

Am 5.11. wurde Birgit Hogefeld als ehem. Mitglied der RAF und bei der Todes-Polizei-Aktion in Bad Kleinen Festgenommene zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Vage Indizien dienten dem „runden Urteil“, in dem mit Hilfe einer vorverlagernden Strafbarkeitstheorie (wegen des Vereinigungsunrechts der RAF, das fast alles andere impliziere) abgeurteilt wird.

Vor einigen Jahren hatte der Bundesgerichtshof geurteilt, daß eine Haftentlassung nach 15 Jahren (die die Regel für zu Lebenslänglich Verurteilte bei entsprechender Sozialprognose ist) an die tatrichterliche Feststellung von der Schwere der Schuld im Einzelfall geknüpft werden müsse. Diese wurde hier nun als „besonders schwer“ ins Urteil geschrieben - ohne einen vom parlamentarischen Gesetzgeber dafür gegebenen Straftatbestand. Hier begibt sich die Rechtsprechung auf wohl außerhalb der Verfassung liegendes Gebiet von Sühnejustiz. Denn in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Vereinbarkeit der lebenslangen Freiheitsstrafe mit dem Menschenwürde-Artikel 1 GG (BVerfGE 45, 187) hatte dieses festgestellt, daß eine Strafe unzulässig sein müsse, die dem Bestraften jede Aussicht auf ein Leben in Freiheit von vornherein nehme. Genau dies ist jedoch die geplante Folge der Rechtsprechung zur „besonderen Schwere der Schuld“.

In Kiel und anderswo hatte es schon öfter Überlegungen gegeben, in Kooperation etwa mit fortschrittlichen Juristen Schritte gegen die lebenslängliche Freiheitsstrafe zu entwickeln. Es ist auch nicht etwa so, daß in den interessierten Kreisen kein Gehör dafür zu finden wäre. Jedoch bedarf es sicher einer Avisierung des Themas aus allgemeinerer Perspektive, um zu einer entwicklungsfähigen Initiative zu kommen. Vielleicht sprechen Interessierte ja nochmal drüber. (uga)