Ratssplitter

In der Ratsversammlung vom 31.10. wurde eine lange offene Rechnung beglichen. Eine große Koalition aus SPD, CDU und Bündnisgrünen beantragte, Oberbürgermeister Kelling abzuberufen. Die SUK mochte sich dem Antrag nicht vollständig anschließen, mit der üblichen Begründung, daß das „den Kieler Steuerzahler“ mit einem weiteren „gutbezahlten Spaziergänger“ belaste, so Ratsherr Kottek. Überdies bemängelte Kottek die fehlende Begründung des Antrags, in dem dazu nur stand: „aus verschiedenen Gründen“ - kein Wunder, denn die SPD mochte nicht nocheinmal ihre Beteiligung bei der Demontage Kellings aufrollen. Für den Antrag war eine Zweidrittelmehrheit (33 Stimmen) erforderlich, die mit einem Ergebnis von 39:6:1 locker erreicht wurde. Ganz weg vom Fenster ist Kelling aber noch nicht, denn laut Geschäftsordnung muß die Abberufung nach mindestens vier Wochen, also frühestens am 29.11. (die nächste Ratsversammlung findet am 21.11. statt), nochmals bestätigt werden. So bleibt Kelling noch bis zur Dezember-Ratsversammlung im Amt.

Nicht nur die „Kieler Nachrichten“, sondern auch die Sparer vom Dienst aus der SUK denken über die Notwendigkeit von Kultur in finanzarmen Zeiten nach. Diesmal auf der Abschußliste: die Stadtgalerie im Kulturviertel. Ausgaben in Höhe von 1,5 Mio. DM stünden nur geschätzten Einnahmen von ca. 400 DM gegenüber. Also: weg mit dem Kram. Nach dem Antrag soll die Kulturdezernentin ein Konzept zur „Schließung oder Verlagerung der Stadtgalerie“ bzw. zur „erheblichen Erhöhung der Einnahmen“ vorlegen. Kulturdezernentin Schuckenböhmer (SPD) hielt dagegen, daß kommunale Kulturarbeit nicht das Ziel der Kostendeckung habe. Der öffentliche kulturelle Auftrag dürfe nicht in Frage gestellt werden. Durch mangelhafte Förderung habe die Stadt schon das Völkerkundemuseum verloren, bis zum Jahre 2000 werde wahrscheinlich auch die Stiftung Pommern abwandern. Der Stadt drohe eine kulturelle Verödung. Besonders pikant ist der SUK-Antrag durch eine Schlußbemerkung: Besondere Dringlichkeit erhalte der Antrag „wegen der geplanten Expandierung des Sophienhofs“. Klar, für einen Ausbau des Konsumtempels ist Kultur im Wege, so daß - mit lobbyistischer Unterstützung durch die SUK - auch das Centermanagement des Sophienhofs vielleicht Interesse an einer Kündigung des langfristigen Mietvertrags für das Kulturviertel haben könnte. Dem zweifelhaften Vorschlag, das gesamte Kulturviertel in die Halle 400 zu verlagern, widersprach Grünen-Fraktionsvorsitzende Dickhoff mit dem Argument, ein städtisches Kulturviertel müsse innerstädtisch zentral liegen und leicht erreichbar sein. Letzteres freilich ist schon jetzt kaum gegeben, denn das Kulturviertel liegt eingezwängt zwischen attraktiveren Zugängen zu Geschäften. Der Antrag wurde an den Kulturausschuß überwiesen.

Jahrelang war der Wohnungsmarkt auch in Kiel derart angespannt, daß sich die Vermieter mit überhöhten Mieten eine goldene Nase „verdienen“ konnten. Jetzt scheint sich eine Entspannung anzudeuten. Ratsherr Petersen von der SUK nahm dies zum Anlaß zu beantragen, den Wohnungsbedarf der Stadt zu überprüfen. Ein Bericht über die rückläufige Bevölkerungsentwicklung Kiels kam der SUK bei ihrer Argumentation gelegen, die „den Steuerzahler belastende“ Förderung des sozialen Wohnungsbaus zu hinterfragen. Die SPD konterte: Beim Neubau von Wohnungen dürfe es „kein Stop & Go“ geben. Wenn öffentlicher Wohnungsbau nicht rechtzeitig geplant werde, könne aus der jetzigen Entspannung am Wohnungsmarkt schnell wieder eine verschärfte Wohnungsnot werden. (jm)