Irene Fröhlich fordert zweiten Staatsanwalt im Lübecker Brandprozeß

CDU und FDP wittern Skandal

Weil die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Irene Fröhlich, in einem Brief an Ministerpräsidentin Simonis die Berufung eines zweiten Staatsanwaltes für den Prozeß um den Lübecker Brandanschlag forderte, wird sie von CDU und FDP heftig attackiert.

Der persönliche, an Heide Simonis gerichtete Brief war nach Angaben der Grünen-Fraktion dem Magazin „Stern“ zugespielt worden, welches ihn am 31.10. auszugsweise abdruckte. Um Unklarheiten zu beseitigen, haben die Grünen ihn daraufhin vollständig veröffentlicht.

Der Besuch der Gerichtsverhandlung gegen Safwan Eid am 14.10., so Fröhlich in dem Schreiben, habe sie „tief bewegt und erschüttert“, und weiter: „Die erheblichen Zweifel an der Täterschaft Safwan Eids und die Umstände, die diese begründet haben, sind auch Ihnen bekannt. Angesichts dieser nach wie vor ungeklärten Tatumstände, und der Tatsache, daß hier in den Augen vieler Menschen ein aus politischer Sicht ungeheuerlicher Prozeß stattfindet, sehe ich die Betrauung nur eines Staatsanwalts mit der Untersuchung als unzureichend an. Alle an dieser Verhandlung Beteiligten stehen unter einem großen Druck der Öffentlichkeit. Wohl aus diesem Grund beschäftigten sich beispielsweise mit den Vorwürfen gegen Uwe Barschel fünf Staatsanwälte. Wenn dagegen einen derart spektakulären Prozeß ein Staatsanwalt alleine führen muß, ist zu befürchten, daß dieser damit juristisch, menschlich und politisch überfordert wird. Um die Umstände des Falls dennoch möglichst genau aufzuklären, bitte ich Sie, sich dafür einzusetzen, daß gemäß den Empfehlungen der Internationalen Unabhängigen Kommission den Tatzeugen bis zum Abschluß des Prozesses reguläre Aufenthaltsgenehmigungen erteilt werden, und dem bereits abgeschobenen Zeugen Victor Amoussou die Wiedereinreise ermöglicht wird.“

„Mangelndes rechtsstaatliches Verständnis“ beklagten sogleich die justizpolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen von CDU und FDP, Thorsten Geißler und Wolfgang Kubicki. Die FDP sprach von einer „Disqualifikation als Politikerin“, die CDU von einem „Skandal“. Allen Anschein nach werden die beiden Oppositionsparteien den Brief benutzen, die rot-grüne Koalition in Fragen zu stellen. Die mehr als fragwürdigen Ermittlungen des Lübecker Staatsanwalts Böckenhauer, aufgrund der schon längst ein Untersuchungsausschuß hätte eingerichtet werden müssen, lassen CDU und FDP hingegen kalt - oder vielleicht sind sie ihnen sogar genehm. (bam)