„Im eigentlichen Sinne eine Standortfrage“?

Grüne holten sich Abfuhr von den Studis

Am Montag vor der großen Demo gegen die geplanten Kürzungen der Landesregierung im Haushalt der Uni Kiel stellten sich Irene Fröhlich, Fraktionsvorsitzende und hochschulpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, ihre Referentin Annette Wiese-Krukowska und Martin Hentschel (MdL, B 90/Grüne) in der Alten Mensa den Fragen von Studis, VertreterInnen des AStA, des Mittelbaus und der ProfessorInnen. Als Mitunterzeichner des Koalitionsvertrags, in dem die Kürzungen als Erhöhung des sog. „Innovationspools“ auf 2% angedacht worden waren, werden auch die Grünen für den Kahlschlag der Landesregierung mit verantwortlich gemacht.

Daß die Grünen in Sachen Uni-Kürzungen zwischen Klientelpolitik für die Studis, unter denen sich ein erklecklicher Teil ihres WählerInnenpotentials findet, und Koalitionstreue zur SPD schwanken, machte bereits Irene Fröhlich in ihrem Eingangsstatement deutlich: Einerseits bemängelte sie, daß die SparerInnen vom Dienst „nur noch in Kosten, nicht mehr in Investitionen“ denken. Die BRD stehe im Vergleich der OECD-Länder auf Rang 14, nur 8,5% des Staatshaushalts würden für Bildung ausgegeben. Dabei sei doch die Bildung „eine Standortfrage im eigentlichen Sinne“. Wenn mit solchen Statements nicht in der Sparlogik, so doch in der des „Standorts“ befangen, mußte sich Fröhlich erst aus dem Publikum das Stichwort geben lassen, daß „Bildung auch ein Menschenrecht“ sei.

Gegen den Sparwahn haben die Grünen offenbar keine Konzepte. Der von Irene Fröhlich angemahnten Notwendigkeit einer grundsätzlichen Reform der Hochschulen („Demokratisierung, Öffnung hin zur Gesellschaft, Leistungsorientierung in der Personalpolitik“) hielt der AStA-Vorsitzende Oliver Niederhoff entgegen, daß man nicht Reformen fordern könne, wenn das, was reformiert werden soll, gegenwärtig einfach kaputtgespart werde. Frau Fröhlich fiel dazu nicht mehr ein, als auf Gemeinplätze wie „ideologischer Paradigmenwechsel“ hinzuweisen und vor der „einfachen Kampfgenossenschaft“ zwischen Studierenden, Lehrenden und Rektorat im Kampf gegen den Sparhammer zu warnen. Bei den „Sparzwängen“ seien „schmerzhafte Einschnitte“ unumgänglich, und dabei säßen Studis und Profs nicht in einem Boot.

Die Solidarität untereinander ließen sich die DiskutantInnen im Publikum dennoch nicht nehmen. Reimer Hansen von der GEW rechnete vor, daß das Loch im Personalbedarf infolge normaler tariflicher Gehaltserhöhungen weit größer ist als geplant, nämlich 15-20 Mio. statt der im Sparplan anvisierten 9 Mio. DM. Schon die 9 Mio. seien selbst durch eine totale Wiederbesetzungssperre von Stellen kaum zu erbringen. Besonders betroffen sei der wissenschaftliche Nachwuchs, der auch nicht unerheblich an der Aufrechterhaltung der Lehre beteiligt sei. Dessen Abwanderung werde sich in wenigen Jahren als fatal für die Uni erweisen.

Ob der für die Grünen offenbar neuen Rechenexempel gab Martin Hentschel klein bei: „Wir waren uns nicht darüber im Klaren, was die geplanten Einsparungen bedeuten.“ Irene Fröhlich, gegen Ende der Veranstaltung sichtlich genervt, suchte vergeblich eine Koalition mit den anwesenden AStA-VertreterInnen, was mit Sätzen wie „Ich sehe aber, daß am Sparen wirklich kein Weg vorbeiführt“ auch in Zukunft kaum gelingen dürfte. (jm)