Beitrag zur zwischenmenschlichen Kommunikation?

Pünktlich zur Eröffnung des Minderheitenzentrums (EZM) in Flensburg erschien im Verlag „8. Mai“ ein Buch, das sich mit den Hintergründen des EZM beschäftigt. In „Von Krieg zu Krieg“ gibt Hans-Rüdiger Minow mit zwei Ko-Autoren einen Überblick über die Geschichte der deutschen „Volksgruppenpolitik“ und deren Organisierung in der „Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen“ (FUEV), die mit an der Wiege des EZM stand. Unter anderem werden auch der EZM-Direktor Stefan Troebst und das EZM-Vorstandsmitglied Rainer Hofmann vorgestellt. Troebst verfügt offensichtlich über gute Beziehungen zum Außenministerium und war als OECD-Beobachter in Mazedonien tätig, wo er die „Albanische Frage“ zu stellen lernte. So geschehen in einem Artikel in der Frankfurter Allgmeinen vom 31.7.96. Fast zur gleichen Zeit war übrigens Ibrahim Rugova, Vorsitzender der Demokratischen Liga Kossovos in Bonn bei Kinkel zu Besuch und nutzte die Gelegenheit, erstmals „einen neutralen und unabhängigen Staat“ für die Kossovo-Albaner zu fordern. Kinkel distanzierte sich nicht etwa von dem sprengstoffhaltigen Ansinnen seines Gastes, sondern stieß seinerseits Drohungen gegen Serbien aus.

Vom gleichen Schlag wie Troebst scheint auch Hofmann zu sein. Für die Abteilung „Vertriebene“ im Bundesinnenministerium schrieb er eine Abhandlung über „Minderheitenschutz in Europa“. Herausgeber: Die „Kulturstiftung der Deutschen Vertriebenen“. 1994 gab er mit zwei äußerst rechtslastigen Ko-Autoren einen Band über „Volksgruppen- und Minderheitenschutzrecht“ heraus. Darin bezeichnet er es als „problematisch“, daß die UN-Generalversammlung 1992 Minderheiten alle Tätigkeiten verbietet, „die sich gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen richten, wozu ausdrücklich auch die territoriale Integrität der Staaten gezählt wird“. An gleicher Stelle vertritt er die Auffassung, daß „Minderheiten, die als Volk und damit als Träger des Selbstbestimmungsrechts anzusehen sind, ein Recht auch auf Sezession zuwachsen“ kann. Und deren Zahl ist in Europa, so Troebst auf der Eröffnung in Flensburg, „unendlich!“ (Alle Zitate nach „Von Krieg zu Krieg“.)

An dem Zustandekommen des Flensburger Zentrums sind allerdings auch andere Kräfte beteiligt gewesen, nicht zu letzt Organisationen der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein, die für ihr Eintreten für Einwandererrechte bekannt sind. Auch die dänische Regierung, der kaum Sympathien für deutsche Großmachtträume unterstellt werden können, unterstützt das Projekt und trägt dessen Finanzierung zu 50%.

Anke Sporendonk, die seit dem Frühjahr für den SSW im Landtag sitzt, machte in einem Interview mit dem „Gegenwind“ deutlich, daß die dänischen Organisationen sich von dem Zentrum einen Beitrag zur friedlichen Lösungen von Konflikten zwischen Minderheiten und Mehrheitsbevölkerungen erhoffen. Sie sehe das Vorhaben in den OSZE-Prozeß eingebettet und erwarte, daß ein Beitrag zur zwischenmenschlichen Kommunikation geleistet werden könne. Auch sie steht Autonomieforderungen offensichtlich sehr skeptisch gegenüber und kritisiert insbesondere die deutsche Jugoslawien-Politik, kann aber keinen Zusammenhang mit dem EZM sehen. Die bisher vorgetragene Kritik an Troebst sei für sie nicht überzeugend, er sei Vertrauensmann der OSZE, sie wolle sich aber weiter damit beschäftigen.

Auch bei den Grünen beginnt man erst, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Die grüne Bundestagsabgeordnete Angelika Beer, die Mitglied im Beratenden Ausschuß für Fragen der dänischen Minderheit ist (Vorsitzender ist Kanther), will sich demnächst mit EZM-Direktor Troebst treffen, um der Kritik nachzugehen. In einem Interview mit der „jungen Welt“ lehnte Detlef Matthiesen, Landtagsabgeordneter der Grünen und Mitglied im Europa-Ausschuß des Landtages, jede „Grenzdiskussion strikt ab“. Die Grünen seien gegen ein „Recht auf Sezession“ oder gar „gewaltsame Bildung neuer Staaten“. Den von Marianne Tidick verwendeten Begriff „Wanderarbeiter“ halte er für diffamierend. (Siehe nebenstehender Artikel.) Matthiesen versprach, daß sich die Grünen in nächster Zeit mit dem EZM und dem Bund deutscher Nordschleswiger beschäftigen und dann das Thema auch bei der SPD ansprechen werden. (wop)