Kommentar:

Salamitaktik

Da sage einer, Rühe und sein Boß hätten kein Konzept. Es fing an mit BGS-Beamten in Namibia und Kambodscha, dann übten Bundeswehrsoldaten im Rahmen eines humanitären Einsatzes in Somalia ein wenig Foltern. Es folgten Marineeinsätze zur Embargoüberwachung in der Adria, AWACS-Flüge über Bosnien und - wie harmlos - ein Feldlazarett in Kroatien. Nun ist die Bundesregierung mit dieser Salamitaktik fast am Ziel. Am 13.12. beschloß der Bundestag mit großer Mehrheit die Stationierung von rund 3.000 Soldaten in Bosnien. Inzwischen scheinen „friedenserhaltende Missionen“ der deutschen Öffentlichkeit zumutbar. Wer hofft, damit sei das Ende der Fahnenstange erreicht, wird sich bald schon getäuscht sehen. Der nächste Schritt heißt „friedenschaffende Missionen“.

Eine Opposition, die der Regierung die „humanitären“ Absichten abnimmt, wird dem kaum etwas entgegenzusetzen haben. Bisher wurde noch jeder Krieg humanitär gerechtfertigt. Auch die Kolonisierung Afrikas und der deutsche Völkermord in Namibia dienten nur der Bekämpfung der Sklaverei.

Dabei braucht man sich doch nur anzusehen, wie hierzulande mit den jugoslawischen Flüchtlingen umgegangen wird. Durch Kriegsereignisse traumatisierten Menschen wird jede psychologische Versorgung vorenthalten. Statt dessen pfercht man sie auf engem Raum zusammen und läßt für viele Monate das Damoklesschwert baldiger Abschiebung über ihnen baumeln. Damit nicht genug, wird allen Warnungen internationaler Organisationen zum Trotz mit den ersten Abschiebungen begonnen. Um ein Exempel zu statuieren, wie die beteiligten christlichen Landesregierungen unverblümt verlauten lassen.

Die Grünen und die Friedensbewegung haben es sich in den 80ern in einem bewußten Kraftakt abgewöhnt, die Frage nach den Motiven deutscher Außenpolitik zu stellen. Dabei ist es auch hier nicht allzu schwer, auf den Grund der Sache zu sehen:

Wirtschaftsminister Rexrodt reiste vergangenes Wochenende nach Singapur, um sich auf der Welthandelskonferenz für eine weitere Liberalisierung der Märkte einzusetzen. „Freihandel“ steht auf seinem Banner, und das nicht erst seit gestern. Wer sich aber so vehement für die Öffnung aller Grenzen für deutsche Exporte einsetzt, nimmt nicht nur das Elend in Kauf, das aus der Ruinierung unterentwickelter Industrien entsteht. Er wird in letzter Konsequenz alles dran setzen, die Grenzen offen zu halten. Fast alle Kriege, die Europa und Amerika in den vergangenen 200 Jahren gegen die Länder des Südens geführt haben (oder führen ließen), gingen um eben diese Frage.

(wop)