Kieler Perspektiven:

Workshop ALG II/Hartz IV

Die Arbeit in diesem Workshop litt stark an der hier unangebrachten drastischen Verkürzung der Arbeits-Zeit: Statt der ursprünglich vorgesehenen vier Stunden blieben uns nur zwei. In zwei Stunden die wesentlichen Bestimmungen des neuen Sozialgesetzbuches II vorzustellen, zu diskutieren und Handlungsperspektiven für unsere Organisationen zu entwickeln, ist nicht möglich.

Wir haben uns bemüht, die Hintergründe der Hartz-Gesetzgebung (nämlich die bereits 1997 formulierten Arbeitsaufträge der Unternehmerverbände, die ihnen folgende Politik Gerhard Schröders mit gebrochenen Wahlversprechen und der Agenda 2010) sichtbar zu machen und dann die Kernpunkte der Arbeitsmarkt-"Reform" darzustellen: Die Kürzung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld (I), die Beseitigung der Arbeitslosenhilfe, die erneute Verschärfung der Zumutbarkeitsregelungen, 1-Euro-Jobs und Sanktionen, welche ausdrücklich die Jugendlichen besonders hart treffen sollen, die besondere Bedrohung für Einwanderer, die ihre Aufenthaltserlaubnis verlieren können, usw.

Über die grundsätzliche Haltung zu "Hartz IV" konnte keine Einigung erzielt werden. Allerdings hielt niemand das Gesetz für geeignet, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Niemand verteidigte die Tatsache, dass die wenigen Verbesserungen, die mit diesem Gesetz für einen Teil der bisherigen SozialhilfebezieherInnen gegeben sein könnten, durch große Opfer der AlHi- und AlG-BezieherInnen finanziert werden sollen. Ein Betriebsrat der KIBA unterstrich, dass die Annahme von Zusatzjobs freiwillig sein und dass es um tarifgebundene sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse gehen müsse.

Es gab auch die Auffassung, dass ohne Billigjobs viele wichtige Arbeiten in den Kommunen nicht erledigt werden würden. Aber ist es das, was wir wollen? - Jede Arbeit muss anständig bezahlt werden. Gesellschaftlich notwendige Arbeit gibt es genug. Das Geld dafür ist dort zu holen, wo es vorhanden ist: bei den "Reichen", in den Konzernzentralen... So lauteten andere Standpunkte. Wenn es um die Schaffung von Arbeitsplätzen und um die Frage, wie notwendige "gemeinnützige" Arbeit getan werden kann, geht, müssen Fragen wie Arbeitszeitverkürzung und Steuerpolitik mit diskutiert werden. Nicht vergessen werden sollte, dass nach dem Willen vieler Politiker und der Unternehmerverbände "Hartz IV" nur ein Bestandteil eines weitergehenden Sozialabbau-Prozesses sein soll, gegen den wir Widerstand entwickeln müssen.

"Hartz IV muss weg!" bzw. die Forderung nach Rücknahme des Gesetzes stand der Einschätzung gegenüber, man müsse das nun beschlossene Gesetz "verbessern". Als gemeinsame Position formulierte ein Kollege im Abschlussplenum immerhin die Erwartung, dass sich unsere Gewerkschaften und der DGB aktiv einer Regierungspolitik entgegenstellen, die sich immer mehr den Positionen der Unionsparteien und den Forderungen der Unternehmerverbände angenähert hat.
Die Diskussion darum und die tatsächliche Entwicklung gewerkschaftlichen Handelns in diesem Sinne muss sofort nach der Konferenz weitergehen.

(D.L.)