Proteste gehen weiter

Während erste Berichte über zivile Opfer hier und da die Bilderflut der Frontberichterstattung der globalen Medieneinfalt durchbrechen, gingen die Antikriegsproteste in aller Welt auch am Wochenende nach Kriegsbeginn weiter. In Tokyo und Seoul, wo man gleichzeitig auch eine Eskalation des Konflikts zwischen den USA und Nordkorea fürchtet, gingen am 22. März erneut Tausende auf die Straße. In der südkoreanischen Hauptstadt waren unter den mehr als 4000 auch prominente Filmschauspieler und der spirituelle Führer der vietnamesichen Buddhisten, Thich Nhat Hanh, der sich gerade zu einem Besuch in der ostasiatischen Metropole aufhielt. Auch in Peking, wo die Behörden seit Wochen alle Proteste gegen die USA verboten haben, gab es erste öffentliche Proteste. Am 20 und 21. März hatten chinesische Akademiker in der chinesischen Hauptstadt eine Friedenskonferenz abgehalten.

Berichte über Proteste gibt es auch aus Vietnam, Malaysia, Hongkong, Taiwan und Indonesien. In Sydney, Australiens größter Stadt, gingen am 22. 50.000 und am 23. 20.000 auf die Straße, darunter die Spitzen der australischen Gewerkschaftsbewegung und der linken Parteien. Hauptforderung war das sofortige Ende der australischen Beteiligung am Krieg. Die stand auch im benachbarten Neuseeland im Mittelpunkt der Kritik.

In Südasien gingen die Menschen vor allem in Pakistan - in Lahore waren es zum Beispiel mehrere Zehntausend - und Bangladesh auf die Straße, aber auch in Indiens Hauptstadt Neu Delhi und in Afghanistan gab es Demonstrationen. Ein ähnliches Bild auch im südlichen Afrika. Besonders aus Südafrika berichtet das dortige unabhängige Medienzentrum über größere und kleinere Aktionen in zahlreichen Städten. In Simbabwe hatten Gewerkschaften zu einem Proteststreik aufgerufen, über den bei Redaktionsschluss keine Informationen vorlagen.

In der arabischen Welt kam es bisher vor allem in Kairo, Sanaa und Amman zu Protesten, wobei hier Wut und Verbitterung der Menschen erwartungsgemäß am größten ist. Besonders in Kairo und Sanaa kam es zu Auseinandersetzungen. In der jemenitischen Hauptstadt starben drei Menschen, als die Polizei das Feuer auf Demonstranten eröffnete.

Unterdessen gingen in vielen europäischen Hauptstädten zumeist jeweils mehrere Zehntausend Menschen auf die Straße. In Kopenhagen waren es z.B. 7000 bis 10.000, in Helsinki, Oslo, Stockholm und Amsterdam jeweils 20.000. In London sprachen die Veranstalter von 400.000. Auch in Griechenland gingen mehrere Hunderttausend auf die Straße. Die größten europäischen Demonstrationen gab es wiederum in Spanien, wo die konservative Regierung wegen ihrer Unterstützung des Krieges zunehmend unter Druck gerät. In Madrid ging die Polizei mit Gummigeschossen gegen Demonstranten vor.

Zum Teil brutales Vorgehen der Polizei wird auch aus einigen US-Städten berichtet. Insgesamt sind in den USA seit dem Ausbruch des Krieges bereits mehrere Tausend Kriegsgegner bei Protesten festgenommen worden. Die größte US-Demo gab es mit mehreren 100.000 Teilnehmern in New York, Proteste fanden allerdings auch in Dutzenden weiteren Städten statt.

Auch in Deutschland haben die Proteste gegen den Krieg angehalten. In allen größeren Städten und zahlreichen kleineren im ganzen Land kam es zu Demonstrationen oder anderen Aktionen. Eine unvollständige Liste der Friedenskoordination, auf der zum Beispiel aus Schleswig-Holstein nur die Lübecker Aktionen verzeichnet sind, zählt 42 Städte auf. Die größte deutsche Demonstration mit mindestens 40 000 fand in Berlin statt. Vor allem von dort und aus Hamburg gibt es Berichte von zum teil sehr aggressiven Auftreten der Polizei gegenüber Teilen der Demonstration. In der Hansestadt sollen Polizisten in Zivil sich unter die Demonstranten gemischt, dort provoziert und einzelne dem Anschein nach wahllos herausgegriffen haben. Abziehende Demonstranten sollen nach dem Ende der Demonstration verfolgt worden sein, wurde auf indymedia berichtet.

Die Angaben über die Größe der einzelnen Proteste variieren zum Teil erheblich zwischen verschiedenen Quellen und Agenturen. Zudem liegen aus vielen Ländern keine oder kaum Korrespondentenberichte der Agenturen vor.

(wop)