Kommentar

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Mehr als viereinhalb Millionen Menschen sind offiziell als erwerbslos registriert, und nur rund 400.000 Stellen sind bei den Arbeitsämtern als offen gemeldet. Und es kommt noch dicker: Vieles deutet daraufhin, dass wir am Beginn einer schweren, weltweiten Rezession stehen. In den USA, die in den 90ern den Motor der Weltwirtschaft gewesen war, ist ein ungewöhnlich langer, auf privater wie öffentlicher Verschuldung basierender Boom zu Ende gegangen, und die exportabhängige deutsche Wirtschaft beginnt in die Röhre zu gucken. Noch läuft das Geschäft mit Ostasien, aber auch dort ist man hochgradig vom US-Markt abhängig, wird also demnächst anfangen, den Gürtel enger zu schnallen, das heißt weniger Maschinen, Anlagen und Autos made in Germany bestellen.

Das Ganze ist nicht unbedingt neu. Der Kreislauf aus Aufschwung, Investitionen in der Hoffnung auf einen florierenden Absatz und Überproduktion, wenn sich die Hoffnungen als überzogen erweisen, gehört zum Alltag der Marktwirtschaft. Entsprechend verläuft ihre Entwicklung in Konjunkturzyklen, und wenn sich die Zyklen verschiedener Branchen synchronisieren, kommt es zu Krisen. Andere Faktoren wie zum Beispiel die Verfügbarkeit von Rohstoffen und technologische Innovation haben ebenfalls ihren Anteil am Geschehen. Und richtig heftig kracht es, wenn sich die Zyklen der ökonomisch wichtigsten Staaten und Regionen einander annähern. Dann verstärken sich die bremsenden Kräfte gegenseitig. Derzeit sieht es ganz danach aus, als ob wir am Ende einer der so genannten langen Wellen der Weltwirtschaft stehen, die der sowjetische Ökonom N.D. Kondratieff bereits vor ca. 75 Jahren beschrieb.

Sollte dem tatsächlich so sein, dann stünden wir vor einer Weltwirtschaftskrise wie zuletzt Ende der 1920er. So oder so wird der Markt es nicht merh richten. Für die Lohnabhängigen sieht es düster aus, und dagegen können wir nur etwas unternehmen, wenn wir uns einen größeren Anteil an dem von uns geschaffenen gesellschaftlichen Reichtum holen. Deshalb geht die Forderung des DGB nach stärkerer Besteuerung der Reichen in die richtige Richtung. Eine andere wichtige Forderung wäre radikale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich. Weil die Arbeitslosen einen Erwerb brauchen, und weil das Leben aus mehr als Arbeit bestehen muss.

          (wop)