Ratssplitter

Die Rathausparteien haben nicht nur Schwierigkeiten, die Wähler an die Urnen zu bringen, auch das eigene politische Personal ist kaum noch zu motivieren. Verschiedene Ortsbeiräte (darunter, oh Wunder, Gaarden) waren auf der konstituierenden Sitzung der neuen Ratsversammlung am 10. April nicht zu besetzen. Es fanden sich nicht genug Leute in den jeweiligen Stadtteilen. Offensichtlich ist es nicht jedermanns Sache, sich in einer pseudodemokratischen Stammtischrunde ohne Befugnis von der Verwaltung verhohnepiepeln zu lassen. Die CDU-Fraktion weiß sich allerdings zu helfen: Sie möchte die entsprechende Satzung ändern, damit es künftig leichter ist, Ortsfremde in die Beiräte zu setzen.

Auch der 2. Stellvertretende der Ratsversammlung konnte noch nicht gewählt werden. Das lag jedoch weniger am Mangel an Bewerbern, sondern an der Absicht der CDU, diesen Posten als Verhandlungsmasse in den Gesprächen mit den Grünen zu verwenden. Deren Kreismitgliederversammlung hat zwischenzeitlich grünes Licht für die „Vernunftehe“ gegeben.

Zum Stadtpräsidenten wurde der bisherige CDU-Fraktionsvorsitzende Arne Wulff gewählt, was in gewisser Weise schade ist. Nun wird er keine Gelegenheit mehr haben, die Sitzungen mit seinen rhetorisch geschickten populistischen Sentenzen anzureichern. Aber an Schwarz-Weiß-Malern wird auch künftig sicherlich kein Mangel herrschen, obwohl die Fronten mit der neuen Quasi-Koalition etwas unübersichtlicher werden.

Alles hätte so schön werden können, auf der ersten Sitzung der neuen Ratsversammlung. So eine schöne Kette hatte der Stadtpräsident umgelegt und so eine artige Rede gehalten. Und dann stellten diese Grünen doch tatsächlich einen Antrag zum Flughafen, der sogar noch debattiert werden musste. Wo man doch (fast) alles andere durchwinken konnte. Das fand die gewesene Stadtpräsidentin Cathy Kietzer (SPD) richtig „bedauerlich“. Noch-OB Gansel übrigens auch, der die Feierlichkeit der Stunde dadurch unterstrich, dass er persönlich wurde. Aber Argumente hatte er auch zu liefern: „Der Ausbau ist eine Schicksalsfrage für die wirtschaftliche Zukunft unserer Stadt.“ Wahrscheinlich so ähnlich wie die Umbauung der Uwe-Barschel-Gedächtniswanne, pardon, des „Germaniahafens“.
Anlass der ganzen Aufregung war ein Antrag der Grünen, die Ausschreibung für die Projektleitung des Planfeststellungsverfahrens für den Ausbau der Holtenauer Start- und Landebahn auszusetzen, bis ein Prüfbericht des Landesrechnungshofes vorliegt, der noch vor dem Sommer erwartet wird. Hintergrund sind Befürchtungen, dass die Ausbaukosten deutlich über den angenommenen liegen könnten und den städtischen Haushalt überfordern. Während die Grünen damit argumentierten, man solle sich das Geld für die Ausschreibung lieber sparen, hatte die CDU einen Alternativantrag eingebracht, mit dem der Beschluss vom letzten Jahr zur Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens bekräftigt werden sollte. Dem mochte wiederum die SPD nicht zu stimmen, weil es Blödsinn sei, alte Beschlüsse zu bekräftigen. Überhaupt schade die Diskussion und die Schlagzeilen nur der Flugfhafengesellschaft beim Anwerben neuer Fluglinien. Schließlich hat man ja schon bei der Hörnbebauung gute Erfahrung mit schnellen Entschlüssen und dem investorenfreundlichen Vermeiden öffentlicher Debatten gemacht.
Die nächste Ratssitzung fand nach Redaktionsschluss am 24. April statt.

        (wop)