Kernspalte

Die Atomkonzerne hatten bisher eine verläßliche Lobbyistin in der EU-Kommission: Energiekommissarin Loyola de Palacio. Sie hat nun drei Ziele ihrer Atomenergiepolitik benannt: 1. EU-weite Mindeststandards für AKWs verbindlich vereinbaren - das schreckt deutsche Konzerne nicht, im Gegenteil: Wenn nationale Regelungen durch bündnisweite ersetzt werden sollten, könnte dies zu einer Absenkung der Sicherheitsstandards zumindest in Deutschland führen, die Geld spart und die Laufzeit verlängert. 2. Bis 2008 eine Endlagerstätte pro Land benennen, diese bis 2018 betriebsfertig herrichten - auch das im Sinne der Konzerne, zumal erhöhter Zeitdruck für die Genehmigung der ohnehin ins Auge gefassten Endlager Gorleben und Schacht Konrad spräche. 3. Die Rückstellungen der Konzerne für Abriss und Endlagerung, in Deutschland steuerfreie 35 Mrd. Euro, sollen aus der Verfügung der Konzerne in nationale Fonds überführt werden, um sie dem Pleiterisiko zu entziehen - das ist nun allerdings nicht nach dem Geschmack von Kuhnt (RWE) und Harig (E.ON) und ihren Nachfolgern. Sie versuchen eine Aufweichung dieser Position zu erreichen, denn mit den Rückstellungen wurde bisher - nicht immer erfolgreich - in neue Geschäftsfelder investiert und die Bilanz geschönt. Bei RWE wird, falls sich eine Verwaltung der Fonds durch atomindustrie-eigene Strukturen nicht durchsetzen lässt, schon über eine Aufspaltung des Konzerns nachgedacht, um wertvolles Anlagevermögen wie das Hochspannungsnetz in eigenen Stilllegungsgesellschaften vor den Verlusten der anderen Konzernteile zu schützen.
Russische Reaktoren sind windanfällig, amerikanische dagegen sensibel gegenüber Fischen: Weil Fische aus dem Michigansee in großer Zahl ins Kühlsystem geschwommen waren, musste ein Reaktor in Brigdman vorübergehend abgeschaltet werden. Die Fische mussten erst entfernt werden.

Wollte die Firma Optronic in Baden-Württemberg Nordkorea helfen, Urananreicherungsanlagen zu bauen? Diesen Verdacht hegt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, das einen Frachter aus Hamburg im Suez-Kanal stoppte, der 22 Tonnen Aluminiumrohre für Uranzentrifugen trotz ausdrücklichen Verbots an Bord genommen hatte. Der Geschäftsführer von optronic wurde verhaftet. Näheres über diesen antiimperialistischen Deal weiß der “Spiegel”.

Unklar blieb bisher, ob Nordkorea bereits auch ohne solche Zentrifugen mit der Wiederaufarbeitung von 8.000 abgebrannten Brennstäben im Atomkomplex Yongbyon begonnen hat oder nur damit gedroht hat, um nicht “dasselbe Schicksal wie Irak zu erleiden”. Jedenfalls boten nordkoreanische Verhandlungsführer den US-Vertretern bei den ersten direkten bilateralen Gesprächen an, gegen wirtschaftliche und politische Zusagen der USA ihr gesamtes Atomprogramm zu verschrotten. Außenminister Powell lehnte dieses Angebot ab, weil es “nicht in die richtige Richtung” gehe.

Nur gute Nachrichten für die Nuklearstromer: Das Bundesamt für Strahlenschutz hat eine Transportgenehmigung für 12 Castorbehälter aus La Hague nach Gorleben erteilt, die bis Dezember gültig ist. Der genaue Transporttermin ist dadurch jedoch nicht vorgegeben. RWE wird seine Betriebsgenehmigung für Biblis A trotz der zu kleinen Ansaugschächte behalten, weil auch der TÜV Nord und die Atomaufsicht im hessischen Umweltministerium geschlampt haben; lediglich eine Nachrüstung muss beantragt werden, sagte Umweltminister Dietzel in Wiesbaden. Und Temelin hat zum ersten und - wer weiss - vielleicht einzigen Mal mit beiden Reaktoren die maximale Kapazität von 2mal 1000 MW in der Testphase erreicht. Das könne nun bis zur kommerziellen Nutzung im nächsten Jahr so weitergehen, phantasierte Kraftwerkssprecher Nebesar. Bis dahin wird es noch die eine oder andere kernspalte geben...

(BG)