Kapitalisten fordern Kürzung beim ALG II
 

Rogowski:Hartz IV reicht nicht aus

Die SPD-geführte Regierung erhält nach wie vor große Unterstützung für ihre Politik des Sozialkahlschlags – aus dem Unternehmerlager: “Der Regierung gebührt Lob für den eingeleiteten Reformprozess”, erklärte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Rogowski, am 6. Oktober in der Zeitung “Die Welt”. Rogowski – das ist der, der Mitte September gefordert hat, dass die abhängig Beschäftigten die soziale Sicherung und das Gesundheitssystem in Zukunft alleine finanzieren sollen. Das ist der, der nach den Wahlen in Sachsen und Brandenburg erklärte, Faschisten im Parlament seien gewiss kein Investitionshindernis.

Wer solche Freunde hat, braucht auf Erwerbslose und Noch-Beschäftigte keine Rücksicht zu nehmen, denkt sich wohl Gerhard Schröder. Er beschimpft die EmpfängerInnen von Sozialleistungen als Abzocker (Stichwort “Mitnahmementalität”) und will den mit der Agenda 2010 und dem Hartz-IV-Gesetz eingeleiteten Sozialkahlschlag ohne weitere Abstriche durchsetzen. Ab Januar 2005 soll die Arbeitslosenhilfe beseitigt und sollen weitere Hunderttausende Menschen in die Armut gestoßen werden. Gleichzeitig wird für Rogowski und seinesgleichen die Vermögenssteuer weiter gesenkt.

Der Protest gegen diese Politik geht weiter, und das ist auch dringend notwendig. Denn was uns blüht, wenn wir Hartz IV hinnehmen, beschreibt Rogowski so: “Hartz IV ist ein richtiger Schritt, doch er reicht nicht aus. Uns fehlt immer noch ein wirksamer Niedriglohnsektor. Wenn wir einen Niedriglohnsektor wollen, reicht die Neuregelung des Arbeitslosengeldes II noch nicht aus. Viele werden auch in Zukunft lieber die staatliche Unterstützung kassieren, als einen niedrig bezahlten Job auf dem Arbeitsmarkt zu suchen. ... Solange die Tariflöhne für einfache Tätigkeiten so hoch sind, werden ... Jobs nicht angeboten oder in die Schwarzarbeit verdrängt. Arbeit ist keine feste Größe, sondern eine Frage von Angebot und Nachfrage – und damit eine Frage des Preises. Deshalb brauchen wir auf keinen Fall Mindestlöhne. Im Gegenteil, wir müssen die tariflichen Untergrenzen durchbrechen. (...) Niedrige Löhne könnten durch Zuschüsse des Staates aufgestockt werden... (Es ist) doch besser, ich zahle zu einem niedrigbezahlten Job, der für den Lebensunterhalt nicht ausreicht, als Staat etwas hinzu, als dass ich 100 Prozent Arbeitslosigkeit finanziere.”

Also ALG II als Zuschuss zum Billiglohn. Aber auch 345 Euro im Monat halten die Unternehmer für zuviel! Wie weit man diesen Betrag noch senken kann, das möchte Rogowski “austesten”: “Es gibt Professoren, die empfehlen eine Senkung um 20 bis 25 Prozent.”

Die SPD-Grünen-Regierung wird das so nicht übernehmen. Noch nicht. Schließlich beginnt schon der Bundestagswahlkampf, und es ist schwer genug, eisern an Hartz IV festzuhalten. Die Regierung mag nun versprechen, uns keine weiteren Härten zuzumuten, und darauf hoffen, dass das zur Wiederwahl reicht. (Rogowski dürfte es ziemlich egal sein, welche Regierung seine Pläne umsetzt.) Wer ihren Wahlversprechen heute noch glaubt, wird es wohl nie mehr lernen ... Aber wir können uns solch wahrhaft blindes Vertrauen nicht erlauben. Wir müssen selbst den Widerstand gegen die Regierungspolitik, gegen die Politik der Unionsparteien und die Pläne der Unternehmer organisieren, wenn wir verhindern wollen, dass uns das Fell über die Ohren gezogen wird.

Dieser Widerstand muss auch aus den Betrieben kommen. Denn heute schon wird uns in jeder Tarifrunde mit Hartz IV gedroht. Auch die Kolleginnen und Kollegen auf HDW mussten das dieser Tage erleben – wenn sie im Kampf für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze auch im Überwasserschiffbau zu hohe Forderungen stellten, so wurde ihnen vom Thyssen-Krupp-Konzern beschieden, könnten sie sich schon mal auf ein Leben mit ALG II einstellen... Und etwa 500 von ihnen wird dieses Schicksal wohl trotz aller neuen Zugeständnisse treffen.

Nicht anders geht es im Öffentlichen Dienst zu. Hier wie in der Privatindustrie fordern die “Arbeitgeber” den Verzicht auf bestimmte tarifliche Leistungen und die Verlängerung der Arbeitszeit auf bis zu 42 Wochenstunden. Hier wie dort wird und würde so für ein weiteres Ansteigen der Erwerblosigkeit und die Vernichtung von Kaufkraft gesorgt. Ebenso wie die KollegInnen auf der Werft brauchen die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes unsere Solidarität, so bei den Streikaktionen am 20. Oktober, zu denen die Gewerkschaft ver.di aufgerufen hat. Weitere Aktionen sind für den 17. November geplant.

Beschäftigte und Erwerbslose:

Gemeinsam gegen Hartz IV und Agenda 2010!

Stoppen wir den Amoklauf der Unternehmer!

Für drastische Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich!

Für einen gesetzlichen Mindestlohn, der Armutslöhne verhindert!

Für eine exstenzsichernde Grundversorgung für alle!

Für die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von oben nach unten!

Dafür werden wir auch in Kiel weiter eintreten, unter anderem jeden Montag um 17 Uhr auf dem Asmus-Bremer-Platz.

Dietrich Lohse