30 Oktober in Neumünster:

Aufschrei der Frauen gegen den Sozialkahlschlag

Am 30. Oktober wurde (wie in LinX 21/04 angekündigt) auch in Neumünster gegen Sozialabbau demonstriert. Wir dokumentieren hier den Redebeitrag von Maren Nitschke für das Autonome Frauenhaus Neumünster, den sie zwar schon am diesjährigen Frauentag hielt, der aber leider nichts an Aktualität verloren hat.

Gegen Hartz - Agenda 2010 - und die Durchsetzung der neoliberalen Wirtschaftsordnung

Wir rufen dazu auf, gegen Unterdrückung, Gewalt und Ausbeutung in der Gesellschaft, in der Arbeitswelt, männliche Gewalt und gegen den beispiellosen Sozialkahlschlag zu protestieren.

Die Reformvorhaben verdienen ihren Namen nicht. Keine dieser "Reformen" verbessern die gesellschaftliche und ökonomische Situation der Frauen, vielmehr bringen sie massiven Sozialabbau und Benachteiligungen für Frauen.

Das nehmen wir nicht hin!

Den "Reformvorhaben" liegt ein Frauen- und Familienbild zugrunde, das Frauen die Rolle der Hinzuverdienerin und Männern die Rolle des Hauptverdieners zuschreibt, eine Rollenzuweisung, die mit der Realität von Frauen so gar nichts zu tun hat. Frauen werden in den rasant expandierenden Niedrig-Lohn-Sektor und in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse mit ungesicherten Arbeitsplätzen ohne nachfolgenden Leistungsanspruch und ohne ausreichende Alterssicherung gedrängt. Gleichzeitig sind sie es, die diesen Kahlschlag im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsbereich auffangen sollen, und zwar unbezahlt.
Migrantinnen befinden sich dabei am Ende der Kette. Sie werden noch weiter aus dem Arbeitsmarkt verdrängt, aus dem zweiten Arbeitsmarkt sowie aus dem Bezug des Arbeitslosengeldes II fast vollständig ausgeschlossen. So werden sie entweder den Misshandlern oder der Abschiebung preis gegeben.
Die Wiederauferstehung des „Dienstmädchens“ steht systematisch und exemplarisch für diese Entwicklung. Die Verarmung der Frauen und die Schieflage zwischen den Geschlechtern und Ethnien wird systematisch vorangetrieben.

Die Umsetzung der „Reformen“ ist ein Schlag ins Gesicht aller Frauen. Sie verschärft die (ökonomische) Abhängigkeit von Frauen, beschleunigt strukturelle und direkte Gewalt und verringert die Möglichkeit für Frauen (und ihrer Kinder), aus Gewaltbeziehungen auszubrechen.

Wir fordern: Daseinsvorsorge muss eine öffentliche und solidarische Aufgabe bleiben, die die ungleiche Ausgangssituation von Frauen und Männern abschafft.

Wir fordern den Erhalt und eine solidarisch getragene und ausreichende Finanzierung der Unterstützungsangebote von Frauen für Frauen und damit auch für misshandelte Frauen und ihre Kinder.
 

Wir fordern Reformen, die ihren Namen verdienen und nicht die Interessen der Wirtschaft und den Profit in den Mittelpunkt stellen.

Wieder einmal sind es die Frauen, die den Kahlschlag im Sozial-, Bildungs- und Gesundheitsbereich durch die Reformvorhaben auffangen sollen:
Als die Männer den 2. Weltkrieg führen mussten, waren die Frauen gut genug, in der Hemat das Überleben und die Wirtschaft zu organisieren.
Als die Männer aus der Kriegsgefangenschaft heimkamen, wurden die Frauen wieder zurück an den herd geschickt (Kinder, Küche, Kirche).
Als das Wirtschaftswunder kam, wurden die Frauen aus der Erwerbstätigkeit herausgedrängt und waren nur “Dazuverdienerinnen” für Wohnung, Auto, Reisen und Fernseher.Als Kanzler Kohl kam, wurde unter seiner 16-jährigen Regierungszeit die “neue Mütterlichkeit” propagiert, und wieder sollten die Frauen zurück ins Haus zu Herd und Kindern.