Gegen Hartz IV:

Proteste vor und in den Arbeitsagenturen

Im Kieler Bündnis gegen Sozialabbau und Lohnraub arbeiten Menschen mit, die an der Vorbereitung der Aktion “Agenturschluss” am 3. Januar 2005 beteiligt sind. Einige von ihnen gehören – wie überhaupt ein großer Teil der Bündnis-TeilnehmerInnen – der Gewerkschaft ver.di an. In dieser Gewerkschaft, die auch etliche der bei Arbeitsagenturen und Sozialämtern Beschäftigten zu ihren Mitgliedern zählt, gibt es auch Widerstände gegen derartige Aktionen. Die ver.di-Mitglieder im Bündnis haben sich deshalb darauf verständigt, innerhalb ihrer Organisation die Auseinandersetzung darüber offensiv anzugehen und um Verständnis für Proteste gegen Hartz IV auch vor und in den Dienststellen zu werben, möglichst sogar eine Unterstützung zu erreichen.

Das folgende Schreiben habe ich im Auftrag des Bündnisses als Vorschlag für eine gemeinsame Stellungnahme verfasst. Er wird auf dem nächsten Bündnistreffen am 15. November abschließend beraten und auch auf der Sitzung des ver.di-Bezirksvorstandes am selben Tag vorliegen. (Also nach Redaktionsschluss, aber vor Erscheinen dieser Ausgabe.)

Die von einigen FunktionärInnen gestarteten Versuche, die Beteiligung von ver.di-Mitgliedern an solchen Aktionen zu verhindern, sind bereits gescheitert. Eine Diskussion, wie sie sich zur Zeit in Kiel entwickelt, gibt es in anderen Städten schon seit Wochen, und es gibt durchaus auch positive Stellungnahmen von GewerkschafterInnen in der Arbeitsagentur. Wer sich über diese Auseinandersetzungen informieren möchte, kann das am besten bei labournet und natürlich auf der ver.di-website tun; dort ist auch der “publik”-Artikel nachzulesen, auf den ich mich in diesem Schreiben so ausführlich beziehe.

Nicht zuletzt die beeindruckende Demonstration von etwa 10.000 Menschen vor der Nürnberger Bundesagentur am 6. November hat gezeigt, wie groß die Unterstützung solcher Protestaktionen auch in Gewerkschaftskreisen und namentlich bei ver.di ist. Auf der Montagskundgebung in Kiel-Gaarden am 7.11. hat der Kollege Christian Koberg vom ver.di-Bezirksvorstand, der in Nürnberg dabei war, anschaulich darüber berichtet.

Der Widerstand gegen Hartz IV hat sich sicher nicht so breit entfaltet, wie wir es gehofft und tatkräftig angestrebt haben. Es gibt allerdings keine Alternative dazu, weiter daran zu arbeiten. Noch ist der Kampf nicht entschieden, und auch die Medien sehen sich langsam gezwungen, kritischer über Hartz IV zu berichten: “Fast jeder vierte Arbeitslose bald ohne Hilfe?” und “Bald 2,5 Millionen Kinder an der Armutsgrenze” (Artikelüberschriften in der KN vom 7.11.) – so etwas sorgt für Reaktionen, die den Regierenden nicht lieb sein können. Bleibt die Aufgabe, die Empörung in Aktionen des Protestes und des Widerstands zu bündeln. Eine Aufgabe, der sich zuallererst GewerkschafterInnen stellen müssen. Das versuchen wir zu tun, und das wird man auch vor und in den Arbeitsagenturen und Sozialämtern merken.

Dietrich Lohse